Die Prinzessinnen - Helden und andere Dämonen (Christian Endres)

Cross Cult (November 2023)
Paperback, 580 Seiten, 18,00 EUR
ISBN: 978-3-98666-422-0

Genre: High Fantasy / Grimdark


Klappentext

Aus der Schlacht … in die Legenden

Narvila, Aiby, Decanra, Cinn und Mef wurden als Königstöchter geboren – heute sind sie eine Truppe knallharter Söldnerinnen. Mit Schwertlanze und Streitaxt stellen sie sich allen Bestien und Bastarden, wobei sie besonders oft Maiden in Nöten retten. Doch nun erhalten die Prinzessinnen den Auftrag, Prytos zu beschützen, den großen Helden des Götterkrieges, dessen Unsterblichkeit allerdings so gut wie aufgebraucht ist. Als Leibwächterinnen der ungebrochen selbstherrlichen und draufgängerischen Legende müssen es Narvila und die anderen mit Dämonen, Zauberern, Drachen, Seeungeheuern und Untoten aufnehmen. Und natürlich mit Prytos selbst …


Rezension

"Ihr habt richtig gehört ... Der legendäre Prytos, ruhmreicher Held der Götterkriege, Bezwinger von Dämonen und vielen anderen Bestien, steht leibhaftig und in all seiner Pracht vor Euch!" (Seite 14)

Narvila ist längst eine echte Prinzessin, eine knallharte Söldnerin, die sich mit ihrer Schwertlanze durch Monsterhorden metzelt und andere Prinzessinnen vor Ungeheuern aller Art rettet. Die anderen vier Prinzessinnen sind nun ihre Familie, mit der sie kämpft, lacht, leidet und badet. Als die fünf eine edle Dame eskortieren und aus dem Hinterhalt attackiert werden, machen sie kurzen Prozess mit den Angreifern - und dann passiert ihnen das Schlimmste, was sie sich vorstellen können: Ein Held greift ein und tötet den letzten Oger mit seinem Speer. Es ist auch noch ausgerechnet Prytos, der Held der Götterkriege, der seinen eigenen Chronisten mitbringt. Dieser lobt den Helden in den höchsten Tönen und aus dem getöteten Oger wird gleich der König der Oger, den der Held äußerst heldenhaft bezwungen hat. Den Prinzessinnen wird schon vom Zuhören schlecht, doch Prytos zeigt sich in all seiner selbstverliebten, belehrenden Pracht und schleimt sich bei der edlen Dame ein, die nun auf seine Begleitung besteht. Zähneknirschend bringen die Prinzessinnen den Auftrag hinter sich und sind erleichtert, den Helden los zu sein. Da müssen sie ihn auch schon aus einer Kneipenschlägerei retten. Sein Herold, Kaer, bittet die Prinzessinnen, als Leibwächterinnen für Prytos zu arbeiten und ihn sicher in seine Heimatstadt zu geleiten, wo er sich endlich zur Ruhe setzen soll. Leider ist dieser Auftrag so gut bezahlt, dass die Söldnerinnen nicht ablehnen können. Also begleiten sie den Helden und werden in einen Kampf gegen Dämonen verwickelt ...

"Die Prinzessinnen - Helden und andere Dämonen" macht da weiter, wo der erste Band aufgehört hat: Narvila, Aiby, Mef, Cinn und Decanra schwingen ihre todbringenden Waffen und richten bereits auf den ersten Seiten ein Blutbad an. Hilfe brauchen sie dabei ganz sicher nicht und doch bekommen sie sie von Prytos, der Fantasyversion des "alten weißen Mannes", der noch dazu in einer Art Midlifecrisis steckt und nicht einsehen will, dass er seine von einer Göttin verliehene Unsterblichkeit allmählich aufgebraucht hat. Prytos schlachtet und vögelt sich durch die Welt, ist immer auf der Suche nach der nächsten Heldentat, doch die großen liegen inzwischen Jahre zurück. Dennoch ist sein gigantisches Ego kein bisschen kleiner geworden, im Gegenteil, er hält sich für ein Geschenk an die Frauenwelt und für den größten Helden, den die Welt je gesehen hat. Entsprechend kann er nicht verstehen, dass die Prinzessinnen ihm nicht zujubeln und sich ihm zu Füßen werfen. Nein, sie machen auch noch keinen Hehl aus ihrer Geringschätzung. Dabei wissen die Prinzessinnen durchaus, dass Prytos ein richtiger Held mit vielen Talenten ist, jedoch verachten sie seine Arroganz und sein respektloses Verhalten ihnen gegenüber. Da sich die Prinzessinnen nichts bieten lassen und kein bisschen auf den Mund gefallen sind, kommt die Leserschaft in den Genuss herrlich hitziger Wortgefechte. Vor allem in der ersten Romanhälfte gibt es viel zu lachen und der Humor ist schön derb und etwas schräg. Insbesondere Mef macht Prytos das Leben schwer, wenn sie die Damen, für die sich der Held interessiert, in ihr Bett lockt. 

Doch "Helden und andere Dämonen" hat auch viele ruhige Momente, insbesondere solche, in denen man die tiefe Freundschaft der Prinzessinnen spürt. Die Söldnerinnen haben alle ihre physischen und psychischen Narben, sind im Umgang teils sehr grob miteinander, aber können sich immer aufeinander verlassen. Sie akzeptieren die Eigenheiten der anderen, achten ihre individuellen Grenzen, ärgern sich gegenseitig und sind füreinander da, wenn schreckliche Fehler an der Seele nagen. Und Fehler machen sie alle mal, manche davon sind tödlich und schwer zu ertragen, doch sie können auf das Verständnis ihrer Mitstreiterinnen zählen. Prytos hingegen ist eine "One-Man-Show" mit Kaer als seinem einzigen Freund. Der ist bereits in dritter Generation der Chronist des Helden und bemüht sich stets, die aufpeitschenden Wogen zwischen den Prinzessinnen und Prytos zu glätten. Kaer hält sich meist im Hintergrund, doch ohne ihn würde die Gemeinschaft aus den Prinzessinnen und Prytos nicht funktionieren. Selbst mit ihm sieht es oft so aus, als würden die Söldnerinnen den Helden eigenhändig erschlagen. Verdient hätte Prytos es oft. Doch er zeigt hin und wieder auch überraschend positive Seiten - und im nächsten Moment ist er wieder ganz der eklige, toxische Kerl. 

 "Denn wenn die Menschen, auf die es ankommt, im falschen Moment zaudern und sich von ihrer Angst oder ihrem Hass anleiten lassen, dann ist der Kampf gegen die Dunkelheit und alle Arten von Dämonen bereits verloren." (Seite 298)

Neben allem Geplänkel und blutigen, spektakulären Schlachten beschäftigt sich der zweite Band der "Prinzessinnen" intensiv mit der Frage, was Heldentum auszeichnet. Dabei werden alle möglichen Klischees aufgetischt, vereint in Prytos, der an Herkules erinnert. Auch wenn er tatsächlich ein sehr starker Kämpfer mit göttlichen Selbstheilungskräften ist, so überhöht er seine eigene Taten oft und gibt die Taten anderer als seine eigenen aus. Auch blendet er lange Zeit die Fähigkeiten der Prinzessinnen aus, redet ihre Taten klein und bringt die Gruppe regelmäßig in Schwierigkeiten, zum Beispiel indem er Greifeneier stiehlt und den Zorn der Greifenmutter auf sich zieht. Trotz dass Prytos stets bemüht ist, so viel Raum wie möglich einzunehmen, sind die Prinzessinnen die Protagonistinnen. Wieder gibt es einige Rückblenden, in denen man dieses Mal vor allem mehr über Decanra und Cinn erfährt und weitere toxische, arrogante Männer kennenlernt, die Frauen geringschätzen und ausnutzen. Die Söldnerinnen sind schon so einigen "Fickern" begegnet, den meisten davon haben sie sprichwörtlich den Arsch aufgerissen. Für manch vermeintlichen Helden haben sie auch schon ein magisches Schwert besorgt. Wahres Heldentum dagegen zeigt sich eher in Opferbereitschaft, im Zusammenhalt und auch im Rückzug, wenn man erkennt, dass der Auftraggeber gelogen hat. Den Prinzessinnen fällt das Töten leicht, doch sie schlachten nicht sinnlos und auch nicht für Geld Unschuldige ab. Sie sind jedoch bereit, ihre eigenen moralischen Grenzen zu überschreiten, wenn es um das Leben einer Freundin geht. Während Prytos sich als perfekter Held inszeniert, beschäftigen sich die Prinzessinnen mit ihren Schwächen und sind sich bewusst, welch hohen Preis ihr Leben oftmals fordert. Doch sie sind letztlich genau da, wo sie sein wollen - und vor allem frei. 

Das coole Cover deutet es bereits an, "Die Prinzessinnen" ist wie die Fantasyversion eines Tarantino-Films und entsprechend spritzen hier Blut und Gedärme. Die Söldnerinnen hacken, stechen und schneiden sich durch phantastische Kreaturen, egal ob Drachen, Schattenkatzen oder Dämonen. In "Helden und andere Dämonen" treffen sie unter anderem auf eine Walfischgöttin, die von Dämonenfäule befallen ist, auf ein Dämoneneinhorn, auf einen frisch erwachten, noch steinernen Troll und ein groteskes, dämonisches Metallwesen. Fantasy und Horror verschmelzen zu einem blutigen Abenteuer und der Wechsel von actiongeladenen Kampfszenen, amüsanten und tiergreifenden Dialogen und Ausruhphasen ist gelungen. Dieser zweite Band bleibt durchweg spannend, hält so manch böse Überraschung parat und geht zwischendrin richtig ans Herz. Einzig eine Prophezeiung gegen Ende trübt den Lesespaß ein wenig, denn sie könnte sich als ungebetener Spoiler erweisen, vor allem da der erste Teil zuzutreffen scheint. Es wird hoffentlich weitere "Prinzessinnen"-Bände geben, die zeigen, was an dieser Prophezeiung dran ist oder ob sie so wertlos ist, wie die Söldnerinnen denken. 

Den ersten Band muss man übrigens nicht zwingend gelesen haben, doch man wird ihn nach der Lektüre dieser Heldengeschichte lesen wollen und wird dann natürlich gespoilert. 

"Die Leute erinnern sich immer nur an die großen Taten. Nicht an das Davor, das Dahin oder das Dazwischen. Und natürlich an den letzten großen Kampf, den ruhmreichen Heldentod. Hauptsache, heldenhaft gestorben." (Seite 407)


Fazit

"Die Prinzessinnen - Helden und andere Dämonen" ist nochmals unterhaltsamer als der grandiose erste Band. Mit Prytos bekommen es die Prinzessinnen mit einem ihrer größten Alpträume zu tun: einem über alle Maße arroganten Helden, der Ausgeburt toxischer Männlichkeit. Zu allem Übel müssen sie auch noch gegen Dämonen kämpfen und sich einmal mehr durch ganze Horden von Monstern schlachten. "Die Prinzessinnen" bleibt humorvolle Grimdark-Fantasy, die der Leserschaft oft ein lautes Lachen entlockt, aber auch hin und wieder zu Tränen rührt. 


Pro & Contra

+ humurvolle Grimdark-Fantasy mit fünf starken Protagonistinnen
+ man erfährt endlich mehr über Decanra und Cinn
+ die fünf Prinzessinnen sind eine innig verbundene Found Family
+ Prytos als überzeichneter Held, der jede Menge verbale Seitenhiebe einsteckt
+ widmet sich der Frage nach echtem Heldentum und Heldenklischees
+ spektakuläre, blutige Kampfszenen
+ von Märchen inspirierte, spannende Fantasywelt 
+ hitzige Wortgefechte / viel Humor
+ die leisen, berührenden und traurigen Momente
+ cooles, perfekt passendes Cover

- evtl. spoilernde Prophezeiung am Ende

Wertungsterne4.5

Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
PReis/Leistung: 4/5


Rezension zu "Die Prinzessinnen - Fünf gegen die Finsternis"

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Tags: Dämonen, Märchen, Grimdark, queere Figuren, High Fantasy, Found Family