Scurry Bd.1 – Die todgeweihte Kolonie (Mac Smith)

scurry1

Verlag: Cross Cult; (Juni 2023)
Gebundene Ausgabe: 96 Seiten; 22 €
ISBN-113: 978-3-98666-118-2

Genre: Fantasy/ Dystopie/ Grusel


Klappentext

Eine Mäusekolonie kämpft in einem verlassenen Haus verzweifelt darum, einen harschen Winter zu überleben. Alle Menschen scheinen verschwunden zu sein, und auch die Sonne macht dieser Welt nur noch selten ihre Aufwartung. Doch dann wird die Nahrung immer knapper, und viele Mäuse werden krank: Die kleinen Plünderer sind dazu gezwungen, sich immer weiter von ihrem Zuhause zu entfernen, um das kleinste bisschen Futter zu finden. Während die junge Pict und ihr Vater Orim versuchen, die Kolonie vor dem Chaos zu bewahren, begeben sich der kleine Wix und sein Rattenfreund Umf auf eine weitere Plündertour, um Nahrung zu suchen. Dass sie von wilden Katzen und Raubvögeln gejagt werden, gehört für die Mäuse zum Leben – aber hinter den Zäunen lauert noch etwas viel furchterregenderes …

Dies ist der erste Band von Mac Smiths Comic-Saga, der die ersten drei Episoden der epischen Geschichte aus dem erfolgreichen Webcomic enthält.


Rezension

Die Menschen sind verschwunden und eine Mäusekolonie kämpft in einem leerstehenden Haus ums Überleben. Die Nahrungsversorgung wird jedoch immer schwieriger, wie Wix und sein Rattenfreund Umf auf einer Suchexpedition feststellen müssen.
Und auch in der Kolonie braut sich Ärger zusammen. Pict und ihrem Vater fällt es immer schwerer, die Kolonie zusammenzuhalten. Vor allem da Resher fordert, in die Stadt zu ziehen und bereits Anhänger um sich geschart hat. Und wäre das alles nicht schon schlimm genug, sind da noch die Katzen, die um das Haus herumschleichen und noch etwas viel schlimmeres lauert draußen im Wald.

Mouse Guard von David Petersen lässt leider und verständlicherweise auf sich warten. Wer aber die Abenteuer der Wache mochte und Mäuse gerne in einer heldenhaften Rolle sieht, hat allerdings jetzt Glück. Den Mac Smith springt mit Scurry in die Bresche. Auch die Helden in seinem Comic sind Mäuse. Jedoch sind sie bei weitem nicht so hochentwickelt, wie die von Mouse Guard und auch die Zeit in der die Abenteuer von Wix und Pict spielen, ist nicht das Mittelalter, sondern eine postapokalyptische Zukunft, in der die Menschen verschwunden sind und die Welt wieder den Tieren gehört.
Ansonsten gibt es aber ein ebenso großes Abenteuer zu bestehen, mit vielen Gefahren und Rätseln. Und der Beginn des Comics wirft einen direkt in die Handlung. Wix und Umf sind auf der Suche nach Futter für die Kolonie und müssen nicht nur feststellen, dass es kaum noch etwas essbares in den verlassenen Häusern der Menschen gibt, sondern müssen sich sogar gegen mehrere Katzen zur Wehr setzen, unter denen sich Wix´ „Erzfeind“ Titan befindet. Wix ist dem Kater bereits einmal entkommen und seitdem ist der Haß des Katers auf den Mäuserich umso mehr gestiegen. Mac Smith setzt mit dieser ersten Szene den Ton für den Comic und führt gleichzeitig einen der Hauptantagonisten für das erste Buch von Scurry ein. Und das hat es gleich in sich. Denn Mac Smith begnügt sich nicht damit, die Gefahr von außen kommen zu lassen. Nein, die Kolonie ist zerstritten und ein Teil unter der Führung von Resher will das Haus in Richtung Stadt verlassen. Und Resher ist nicht gerade zimperlich. Mac Smith inszeniert ihn als jemanden der an Macht interessiert ist und dabei sogar über Leichen geht. Was ihm nutzt, ist ihm wichtig, die anderen Mäuse fast schon egal. Als Gegenspieler ist er zwar sofort zu erkennen, aber trotzdem ist er eine interessante Figur, die ganz im Gegensatz zu Wix und Pict steht.
Die Helden Pict und Wix, und Wix treuer Gefährte Umf, sind da etwas blasser, da sie eher dem Klischee eines Helden entsprechen. Dies ist bei Scurry aber nicht negativ, denn es sind die Gefahren, Feinde und Verbündeten die Scurry ausmachen und dafür sorgen, dass die Geschichte von der ersten Seite an spannend ist. Mac Smith baut von Beginn an eine unheimliche, fast trostlose Stimmung auf und präsentiert eine komplexe Welt, in der die Katzen nicht das einzige Problem für die Mäuse sind und vor allem auch nicht das Gefährlichste.
Ganz besonders erwähnt werden müssen die drei Füchsinnen, die glatt den Seiten von Shakespeares Macbeth entsprungen sein könnten. Sie tauchen bisher nur kurz auf, aber sie sind genauso rätselhaft und äußern sich genauso kryptisch, wie die drei Hexen im schottischen Stück.

Mac Smiths Zeichnungen sind eine kleine Augenweide, auch wenn die Kolorierung manchmal etwas zu offensichtlich am Computer entstand und dadurch alles etwas zu künstlich wirkt. Stören tut dies spätestens nach den ersten zweiten Seiten jedoch nicht mehr. Dafür ist Mac Smith ein zu guter visueller Erzähler. Er wählt die richtigen Perspektiven und Bildausschnitte, um Spannung zu steigern, das Tempo zu erhöhen oder zu bremsen, wenn er es braucht, und die nötige Atmosphäre zu erzeugen. Seine Panelaufteilung richtet er am Inhalt aus und verleiht so seinen Szenen den erforderlichen Rhythmus, den sie benötigen. Denn nicht jede actionhaltige Szene braucht den gleichen und das ist Mac Smith bewusst. Wenn nötig nimmt er das Tempo komplett heraus und verstärkt die düstere Atmosphäre. Mac Smiths scheint genau zu wissen, was er tut. Das ist umso bemerkenswerter, weil Scurry anscheinend sein Comicdebüt ist.

Erwähnt werden muss noch, dass die Buchausgabe von Scurry zunächst ein Kickstarterprojekt war, nachdem Scurry zuvor ein Webcomic war. Mac Smith hat also den Comic zunächst im Eigenverlag herausgebracht und erst später wurden Verlage darauf aufmerksam. Zum Glück muss wohl gesagt werden, ansonsten wären die Abenteuer von Wix und Co. wohl für viele in den Weiten des Internets untergegangen, was einfach schade wäre. Leider hat sich Cross Cult dazu entschieden, nicht das Format der Kickstarteredition zu übernehmen, das etwas größer ist. Aber auch so kommen die Bilder gut zur Geltung. Als Bonusmaterial ist übrigens eine kleine Galerie enthalten.


Fazit

Scurry ist der Beginn eines großen Abenteuers in einer feindlichen Welt. Wix und Pict schließt der Leser sofort ins Herz, aber ihre Gegner und die Welt machen Scurry noch vielmehr aus. Wer Mouse Guard mag, sollte auf jeden Fall hineinschauen. Ebenso jeder der gerne Tierfantasy mag.


Pro & Contra

+ die drei Füchsinnen
+ die Gegner sind individuell gestaltet und strahlen Charisma aus
+ apokalyptischer Hintergrund

- hoher Preis

Bewertung: sterne4

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Zeichnungen: 4,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5


Literatopia-Links zu Mouse Guard:

Rezension zu Mouse Guard – Herbst 1152
Rezension zu Mouse Guard – Winter 1152
Rezension zu Mouse Guard – Die schwarze Axt
Rezension zu Mouse Guard – Legenden der Wächter Bd.1
Rezension zu Mouse Guard – Legenden der Wächter Bd.2
Rezension zu Mouse Guard – Legenden der Wächter Bd.3