Matthes & Seitz (2023)
Originaltitel: Arsène Lupin contre Herlock Sholmès
übersetzt von Erika Gebühr
Gebundene Ausgabe, 253 Seiten, 20,00 EUR
ISBN: 978-3751800983
Genre: Krimi
Klappentext
Arsène Lupin gegen Herlock Sholmes enthält zwei ungewöhnlich heitere Geschichten über den trickreichen Meisterdieb und seinen scharfsinnigen englischen Gegenspieler. Maurice Leblanc festigte mit den beiden erstmals 1906/07 erschienenen Fortsetzungsromanen seinen Ruhm als französischer Conan Doyle. Schon fünf Jahre später wurden sie in Deutschland als Stummfilmserie in fünf Teilen verfilmt. In der ersten Geschichte stiehlt Lupin einen antiken Schreibtisch, in dem sich, wie sich später herausstellt, das Gewinnerlos einer Lotterie befand. Den Gewinn teilt sich der Meisterdieb mit dem alten Besitzer, denn das Los war nicht der Gegenstand, hinter dem er her war. Als eine geheimnisvolle blonde Dame ins Spiel kommt, und ein weiteres Verbrechen begangen wird, geraten die Dinge außer Kontrolle. Sholmes, dem die Enthüllung der Identität der Dame und Lupins Beteiligung an den Verbrechen gelingt, wird schließlich in eine Falle gelockt. In der zweiten Geschichte wendet sich Baron d’Imblevalle, dem wertvoller Schmuck gestohlen wurde, hilfesuchend an Herlock Sholmes. Dieser reist trotz Lupins Warnungen mit seinem Assistenten nach Paris und findet schließlich sogar das Diebesgut, um dann jedoch feststellen zu müssen, dass seine Ermittlungen das Gegenteil von dem bewirkt haben, was er sich erhofft hatte, und er besser auf Lupins Warnungen gehört hätte.
Rezension
Als Arséne Lupin einen antiken Schreibtisch stiehlt, ahnt er noch nicht, dass sich darin das Gewinnerlos einer Lotterie befindet. Der Meisterdetektiv teilt sich den Gewinn mit dem alten Besitzer – er war schließlich nicht hinter dem Los her. Als eine geheimnisvolle blonde Dame ins Spiel kommt und ein weiteres Verbrechen begangen wird, geraten die Dinge außer Kontrolle. Sholmes gelingt die Enthüllung der Identität der Dame sowie Lupins Beteiligung – doch dann wird der englische Meisterdetektiv gleichfalls in die Falle gelockt. So berichtet es die Inhaltsangabe auf dem hinteren, überwiegend schwarzen Buchdeckel.
Genau genommen ist das Buch eine Anthologie. Es enthält nicht nur den Haupttext „Die blonde Dame“; die Geschichte „Der jüdische Leuchter“ kommt hinzu. Das französischsprachige Original erschien erstmals im Jahre 1908. Leblanc dürfte heute so ziemlich unbekannt, weil vergessen sein. Daher seien an dieser Stelle ein paar Worte über ihn verloren:
Maurice Marie Émile Leblanc (* 11. Dezember 1864 in Rouen; † 6. November 1941 in Perpignan) war der Sohn eines Reeders. Seine Mutter starb 1885. Gegen den Wunsch seines Vaters entschloss er sich, nach Paris zu gehen, um zu schreiben. Anfangs war er als Journalist tätig, dann auch als Romancier. Er schrieb Kriminal- und Abenteuerromane, Theaterstücke und Kurzgeschichten. Seine bekannteste Kunstfigur ist der Meisterdieb Arséne Lupin. Inspirieren ließ sich Leblanc hier womöglich von dem Anarchisten Marius Javob, der mehr als 150 Einbrüche verübte und dafür zu 23 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Diese Darstellung bestritt Maurice Leblanc allerdings stets, obwohl er als Berichterstatter für Gil Blas beim Prozess gegen Jacob zugegen war und sich so jedes Detail für sein künftiges literarisches Schaffen merken konnte.
1905 erschien die erste Geschichte mit Arsène Lupin als Fortsetzugsroman. Der Erfolg war so groß, dass Leblanc den weiteren Verlauf seiner Karriere fast völlig dem Meisterdieb widmete. Zwischen 1907 und 1935 erschienen 20 Romane, zwei Theaterstücke und etliche Kurzgeschichten rund um Arsène Lupin.
Arséne Lupin hat einen eigenen Wikipedia-Eintrag, der den französischen Meisterdieb aös einen der ersten Gentlemendiebe vorstellt.
Nun zu dem vorliegenden, hier besprochenen Werk. Es ist ganz offensichtlich ein Pastiche, also ein Nachahmerwerk, das sich in die lange Liste von Sherlock-Holmes-Pastiches einreiht. Interessant ist nicht nur der Perspektivwechsel, weg vom Detektiv, hin zum Meisterdieb. Die Handlung spielt in Frankreich. Sholmes arbeitet alleine, ohne seinen Assistenten Wilson. Es gibt den klassischen Kampf Gut gegen Böse, England gegen Frankreich. Sholmes ist so ganz anders als Holmes: emotional, aufbrausend, gedankenlos und anti-rational. Die Geschichten bieten edgar-wallace-mäßige Taschenspielertricks: Falltüren, Geheimgänge, Schallrohre und verstreckte Treppen seien hier als Beispiele genannt.
Die Geschichten sind im lockeren, humorvollen Plauderton geschrieben. Wer den damaligen Zeitgeschmack kennt, kann sich leicht vorstellen, wer Sieger im Duell Lupin vs Sholmes ist.
Von den Lupin-Romanen, die Leblanc ab 1928 geschrieben hat, ist fast gar nichts ins Deutsche übersetzt. Was sagt uns das über seine kriminalliterarische Bedeutung bei uns in Deutschland?
Dies ist eine Gastrezension von Andreas Rüdig, herzlichen Dank!
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