Wolverine – Mutant mit Klauen: Die Wolverine-Anthologie (Chris Claremont u.a.)

wolverine anthologie

Verlag: Panini; (Juli 2024)
Gebundene Ausgabe: 344 Seiten; 35 €
ISBN-13: 9783741636806

Genre: Superhelden


Klappentext

Im Zeichen der Krallen

Vor 50 Jahren debütierte ein heißblütiger Mutant mit furchterregenden Klauen. Im Kreis der X-Men und auf eigene Faust eroberte der Beste seines Fachs die Herzen der Fans in Comic und Film. Doch was er am besten kann, ist nicht schön. Geht dem Mythos Wolverine auf den Grund und taucht ein in die Psyche der faszinierenden Killermaschine.

Bei packenden Kämpfen gegen den Hulk, den Punisher, Lady Deathstrike oder Sabretooth und sogar gegen mörderische Ninjas geleiten euch Comic-Legenden wie Chris Claremont, Mark Millar, Bill Sienkiewicz oder Barry Windsor-Smith durch die prägendsten Momente eines rastlosen Helden.


Rezension

Wolverine ist mal wieder in aller Munde und stärker im Bewusstsein der Öffentlichkeit vertreten. Ein guter Zeitpunkt um dem beliebtesten X-Man eine Anthologie zu widmen.
Diese beginnt selbstverständlich mit seinem ersten Auftritt und geht dann durch die Jahre bis in die Gegenwart. Normalerweise haben solche Anthologien meist das Problem, dass sie nur einzelne Teile von Geschichten präsentieren, wodurch meist die Bedeutung der Geschichte nicht ganz erfasst werden kann oder man das Ende vorenthalten bekommt. Bei dieser Anthologie ist dies nicht so der Fall. Dafür zeigt sich ein anderes Problem. Dadurch, dass in diesem Band hauptsächlich abgeschlossene Geschichten enthalten sind, bleibt Wolverine meist etwas blasser, da die Action häufig genug im Vordergrund steht. Das ist zwar unterhaltsam, aber gibt eben keinen richtigen Einblick in den Charakter. Glücklicherweise gibt es aber auch Ausnahmen und für die lohnt sich der Band.

Und der Wind heult … Wendigo!/ Jetzt kommt … Wolverine!

Der Hulk wird von Marie Cartier nach Kanada gelockt. Dort will sie ihren Bruder mit einem uralten Ritual vom Fluch des Wendigos befreien und ihn auf den Hulk übertragen. Da der Hulk ihr Land betritt, schicken die Kanadier jedoch ihre neueste Waffe los. Einen Mann namens Wolverine. Und damit treffen drei Naturgewalten aufeinander.
Viel gibt es eigentlich zu dieser naiven jedoch unterhaltsamen Geschichte nicht zu sagen, außer, dass hier der erste Auftritt Wolverines erfolgt. Deswegen gehört sie natürlich in diese Anthologie. Auch wenn es mit Sicherheit bessere Geschichten mit ihm gibt.

Der verwundete Wolf

Lady Deathstrike hat sich in eine Art Cyborg verwandeln lassen, um Wolverine endlich zu töten und ihren Vater zu rächen. Der Kampf zwischen ihr, ihrem Team und Wolverine findet mitten in einem Schneesturm in der Stadt statt und dabei wird auch die kleine Katie vom Power Pack in den Kampf hineingezogen.
Lady Deathstrike, eine der größten Gegnerinnen von Wolverine, die in X-Men 2 einen Filmauftritt bekam, wird in dieser Geschichte von Chris Claremont näher charakterisiert. Die Handlung ist simpel, aber effektiv geschrieben und geizt auch nicht mit blutiger Action.

Schau ihm bloss nicht in die Augen

Bei einem Einsatz für Central gerät Wolverine in eine Explosion, da die Zündschnüre zu kurz waren. Fortan zieht er halb nackt durch die Wildnis und den Schnee. Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt ist ein Jäger in dem Gebiet unterwegs, der Wolverine für ein übergroßes Tier hält.
Wenn man die Prämisse schluckt, dass der Jäger wirklich so dumm ist, dass er Wolverine für ein Tier auf zwei Beinen hält, bekommt man eine Geschichte, die eigentlich recht gut geschrieben ist und sehr gut den Unterschied zeigt, zwischen jemanden der aus Spaß tötet und Wolverine, der es nur aus Notwendigkeit tut.

24 Stunden

Wolverine ist in Madripoor als Patch unterwegs. An diesem Tag treibt er sich in den dunkelsten Ecken der Stadt herum, da er befürchtet auf Sabretooth zu treffen. Dieser hat die seltsame Angewohnheit, ihn an seinem Geburtstag leiden zu lassen.
24 Stunden zeigt Wolverines Geburtstag und seine damit einhergehende schlechte Laune in der Gegenwart und seine und Sabretooths ersten Kampf. Die Rückblicke sind gut mit der Haupthandlung verknüpft und die Geschichte macht richtig Spaß.

Blut und Krallen 1-3

Lady Deathstrike will erneut Wolverine ans Leder. Dabei werden sie, Wolverine, und Puck durch die Zeit ins Jahr 1937 nach Guernica versetzt. Dort geraten sie mitten in den Angriff der Legion Condor.
Kommen wir erst zum Positiven. Blut und Krallen hat einen direkten Bezug zu Der verwundete Wolf. Nun zum Negativen: Der ganze Rest. Warum? Nun, es ist nicht verkehrt historische Bezüge in einen Comic einzubauen und auch bekannte, historische Persönlichkeiten dürfen gerne auftauchen. Aber so wie hier damit umgegangen wird, ist es das absolute Negativbeispiel. Guernica war eins der größten Kriegsverbrechen der Deutschen noch vor dem Zweiten Weltkrieg. Es war eine große menschliche Tragödie. Dieses nun zu nehmen und nichts weiter damit anzufangen, als eine Aneinanderreihung von Actionszenen zu präsentieren, die äußerst dünn zusammengehalten werden, dass ist der schlechstmögliche Umgang damit. Es wird nicht im geringsten auf die Tragödie eingegangen. Und dazu wird der Angriff wohl noch falsch dargestellt. Dies ist einfach respektlos. Statt Blut und Krallen erneut abzudrucken, wäre es besser gewesen die Geschichte im Giftschrank verschwinden zu lassen.

Die Ritter von Madripoor

1941 kämpfen Wolverine und Captain America zum ersten Mal Seite an Seite und retten dabei die zukünftige Black Widow, die zu diesem Zeitpunkt noch ein Kind ist. In der Gegenwart des Jahres 1990 befinden sich die alten Freunde mit der nun erwachsenen Black Widow, Jubilee und anderen Verbündeten auf der Suche nach den Struckers.
Die Ritter von Madripoor ist in erster Linie ziemlich unterhaltsam, fügt jedoch gleichzeitig den Beziehungen von Wolverine zu Captain America und Black Widow interessante Aspekte hinzu.

Manhattan bei Nacht

In Manhattan kämpft Wolverine gegen einen alten Feind, beobachtet von Vindicator und Guardian. Diese beiden alten Freunde befürchten, dass Wolverines wilde Seite sich durchsetzen könnte und zwingen ihn zu einem Gespräch. Aber wie sich herausstellt, ist es vielleicht gar nicht so schlecht, wenn Wolverine etwas wilder ist, denn ein neues Monster hat die Straßen von Manhattan betreten.
Manhattan bei Nacht ist einerseits ziemlich charakterorientiert, andererseits gibt es reichlich Action und einen gewissen Anteil Horror. Andy Kuberts Zeichnungen und seine freie Seitenaufteilung erinnern etwas an Spawn aus der Zeit. Und das ist mit Sicherheit kein Zufall, schließlich war Todd MacFarlanes Schöpfung zu diesem Zeitpunkt auf der absoluten Erfolgsspur und Wolverines Gegner hätte auch aus dessen Serie stammen können. Insgesamt ist Manhattan bei Nacht eine kurze, knackige Geschichte. Leider gibt es keine richtige Auflösung.

Bis demnächst, Frankie

Frank Castle hat Wolverine gedemütigt und dieser sinnt auf Revanche. So prügeln sich die Beiden durch ein Einkaufszentrum.
Garth Ennis hatte Wolverine von Frank Castle wortwörtlich plattwalzen lassen. Frank Tieris Antwort darauf war dann diese Geschichte, die auch nur mit diesem Hintergrundwissen einigermaßen funktioniert, ansonsten wäre sie nur eine sinnlose Prügelei mit einem unnötigen Ende. Durch den Zusammenhang wird dieses dann aber doch ein Schmunzeln im Gesicht des Lesers hervorrufen.

Träume

Wolverine träumt und begegnet in seinen Träumen, den Frauen seines Lebens.
Träume ist wie fast jede Geschichte, die von Träumen handelt, eher verwirrend und nicht gerade logisch, selbst für die Traumwelt nicht. Es scheint, als würden Autoren nichts anderes mit Träumen anfangen können, als möglichst kryptisch sein zu wollen, was aber meist in Langeweile ausartet, wie auch hier.

Gefangener Nummer Null

Ein Konzentrationslager in Polen, Sobibor , bekommt einen jungen Offizier als neuen Lagerkommandanten. Sein Vorgänger hat Selbstmord begangen, doch das kümmert den Neuankömmling nicht. Er ist von sich selbst absolut überzeugt. Bis er auf einen Gefangenen trifft, der einfach nicht sterben will.
Blut und Krallen war ein Tiefpunkt und ein Musterbeispiel dafür, wie man nicht mit historischen Ereignissen umgehen sollte. Gefangener Nummer Null ist in allem das Gegenteil!
Mark Millar geht auf seine Weise äußerst respektvoll mit diesem schwierigen Thema um. Wolverine sagt nichts, kämpft nicht und doch ist es sein stärkster Auftritt in dem gesamten Band. Unweigerlich ertappt man sich als Leser, wie man immer wieder schlucken muss und einem ein Schauer über den Rücken läuft. Gefangener Nummer Null ist in jeder Beziehung einfach gut. Kaare Andrews erschafft eine intensive Atmosphäre mit seinen Zeichnungen, die das Grauen eines Konzentrationslagers einfängt.

In seiner Haut stecken

Wolverine ist überall. Jedes Team unterstützt er. Wo immer er gebraucht wird, da ist er. Das ist kraftraubend und so sucht Spider-Man ihn auf und versucht mit ihm zu reden.
Wolverine war zur Zeit der Entstehung dermaßen populär, dass es fast absurde Züge annahm, in welchen Reihen er alles auftauchte. Jason Aaron macht sich hier etwas über diese Tatsache lustig, allerdings nicht ohne dabei einen näheren Blick auf Wolverines Charakter zu werfen.

Der alte Mutant und das Meer

Krakoa ist ein Paradies für Mutanten. Allerdings kein ungetrübtes. Immer wieder werden Leichen an den Strand angespült. Etwas ist also in den Gewässern vor Krakoa. Wolverine bricht mit einem Boot auf, um alleine auf das Biest Jagd zu machen.
Die Inspirationsquellen von Benjamin Percy für diese Geschichte sind mehr als offensichtlich und er nutzt sie, um eine ganz eigene Geschichte über Wolverine zu erzählen. Sie ist vergleichsweise ruhig, hat aber eine gewisse poetische Kraft in sich. Nicht die beste Geschichte in diesem Band, aber gewiss eine seiner Höhepunkte.

Zusätzlich gibt es wie immer bei solchen Anthologien eine Reihe von informativen Artikeln über Wolverine, seine Feinde und Freunde und über seine Schöpfer. Das ist alles gut aufbereitet und ist eigentlich immer gut platziert, so dass die einzelnen Geschichten besser eingeordnet werden können.


Fazit

Die Wolverine-Anthologie präsentiert Wolverine meist als Actionnheld. Wenn aus diesem Schema ausgebrochen wird, wird es jedoch richtig gut. Vor allem Gefangener Nummer Null ist hervorzuheben, welche den Band insgesamt lesenswert macht.


Pro & Contra

+ Gefangener Nummer Null ist grandios
+ guter Überblick über Wolverines Geschichte
+ interessante Hintergrundartikel

- Blut und Krallen ist ein Totalausfall und respektlos
- zu wenig Geschichten, die wirklich auf Wolverines Charakter eingehen

Bewertung: sterne3.5

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Zeichnungen: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5


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