Batman – Stumme Schreie (Scott Hampton, Archie Goodwin)

batman stumme schreie

Verlag: Panini; (September 2024)
Gebundene Ausgabe: 96 Seiten; 22 €
ISBN-13: 9783741640186

Genre: Drama


Klappentext

Tränen in der Nacht

Eine grausame Mordserie erschüttert Gotham. Ganze Familien werden bestialisch ermordet. Die Ermittlung in diesen Fällen wirft für Batman und Gothams neuen Polizeichef Commissioner James Gordon jede Menge Fragen auf, denn während vieles auf einen Drogenkrieg hindeutet, scheint auch ein erschütternder Kindesmissbrauch eine zentrale Rolle zu spielen. Ein schwer traumatisiertes Mädchen könnte Batman womöglich helfen, den Fall zu lösen, doch dazu müsste es ihm gelingen, das Kind aus seinem Schockzustand zu befreien.

Die von Archie Goodwin sensibel geschriebene und von Scott Hampton in eindringlichen Bildern umgesetzte Story rund um das schwierige Thema Kindesmissbrauch bringt Bruce Wayne und Jim Gordon mehrfach bis an die Grenzen des Erträglichen.


Rezension

In Gotham werden Familien umgebracht und dies auf bestialische Art und Weise. Batmans erste Vermutung ist ein Drogenkrieg. Aber je mehr er nachforscht, desto weniger findet er Hinweise hierfür. Also gehen die Ermittlung von Batman und James Gordon in eine andere Richtung und diese führen sie zu einem Mädchen, das seit einem Jahr nicht mehr gesprochen hat und vor Batman Angst zu haben scheint. Aber nicht nur das Mädchen ist traumatisiert. Der Fall bringt bei allen Beteiligten alte Erinnerungen an die Oberfläche und sie werden mit ihren eigenen Dämonen konfrontiert.

Wer Zerstreuung und vielleicht Ablenkung vom Alltag sucht, sollte um Stumme Schreie von Archie Goodwin und Scott Hampton einen Bogen machen, dies wird er hier nicht finden. Ebenso sollten Menschen, die empfindlich auf bestimmte Themen reagieren, Stumme Schreie nicht lesen. Denn Stumme Schreie fasst ein Thema an, welches mitnehmender nicht sein könnte. Für diesen außergewöhnlichen Fall Batmans widmet sich Archie Goodwin dem leider existierenden Thema des Kindesmissbrauchs und Kindheitstraumata. Ein von Natur aus schweres und deprimierendes Thema, welches höchst sensibel umgesetzt werden sollte. Und genau dies tut Archie Goodwin. Er nähert sich trotz des Serienkillers dem Thema sehr behutsam und rücksichtsvoll an. Dafür steht ihm mit Batman wohl auch der geeigneste Superheld zur Verfügung. Nicht nur weil dieser selbst ein schweres Trauma mit sich trägt, sondern auch weil seine Welt von Gotham City ein Ort ist, in dem solche Themen aufgrund der düsteren Atmosphäre angemessen und seriös zur Sprache kommen können. Bei kaum einem anderen Superhelden wäre dies in einem solchen Maße vorstellbar.
Denn Archie Goodwin lässt Batman hier nicht als Rächer der Kinder auftreten, nicht als Racheengel oder einfach als Detektiv. Batman ist hier viel mehr. Er verköpert eine Form der Opfer, von traumatisierten Kindern, so wie es James Gordon tut und eben die Opfer der Morde. Selbst der Serienkiller wird nicht dämonisiert. Archie Goodwin geht mit Dialogen und Geschichte dem Leser unter die Haut und reißt ihn aus seiner heilen Welt, um ihm zu zeigen, welches Leid tagtäglich Kinder erdulden müssen. Das ist viel zu verdauen, häufiger muss man schlucken und dennoch liest man Stumme Schreie an einem Stück. Man will das es vorbei ist, aber mit jeder Seite wächst das Grauen, bis am Ende ein Schluss steht, der kein wirklicher Abschluss ist. Ein befriedigendes Ende sieht anders aus, aber es ist das richtige Ende.

Archie Goodwin hat diese Geschichte über Kindesmissbrauch hervorragend und einfühlsam geschrieben und doch liegt die Hauptlast des Erzählens auf den Schultern von Scott Hampton. Mit den falschen Zeichnungen hätte sie nur eine weitere Superheldengeschichte sein können, die zwar ein sensibles Thema gekonnt erzählt, aber kaum wirkliche Wirkung beim Leser hat.
Scott Hamptons Bilder sorgen jedoch für den emotionalen Schlag in die Magengrube, so dass man noch einige Zeit nach dem Lesen von Stumme Schreie einfach dasitzt und das Schlussbild betrachtet, in dem der ganze Schmerz Batmans und damit gleichzeitig der der nicht gehörten Missbrauchsopfer gebündelt wird. Wer da keinen Kloß im Hals hat, ist wohl nicht wirklich menschlich.
Bereits mit der ersten Seite, die eine Ansicht Gothams darstellt, macht Scott Hampton klar, dass dies keine normale Superheldengeschichte sein wird, sondern Stumme Schreie einen in die tiefsten Abgründe der Seele führen wird. An einen Ort des Schmerzes, der Hoffnungslosigkeit und der Trauer. Solch eine Bildgewalt ist selten und es kommt einem sofort The Crow in den Sinn, in dessen Bildern ebenso Trauer, Wut und Schmerz zu finden sind. Scott Hampton erweist sich als Meister im Darstellen der Gefühle und der zurückhaltenden Inszenierung, die die Wirkung von Stumme Schreie nur verstärken. Normalerweise würde man vielleicht bei seinen Bildern von einer wahren Augenweide sprechen, aber dies verbietet sich hier durch das Thema und irgendwie wäre das auch untertrieben.


Fazit

Scott Hampton und Archie Goodwin haben mit Stumme Schreie eine wirklich einzigartige Batmangeschichte geschaffen und es ist kaum verständlich, warum Stumme Schreie nicht mehr im Bewusstsein der Öffentlichkeit steht, wenn es um herausragende Batmancomics geht. Schließlich ist das Thema des Kindesmissbrauchs leider eins, welches wohl für immer bestehen bleibt und bei dem die Opfer oft genug allein gelassen werden.


Pro & Contra

+ sensibles Thema einfühlsam umgesetzt
+ eindringliche Bilder
+ lässt so schnell nicht mehr los

Bewertung: sterne5

Charaktere: 5/5
Handlung: 5/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5


Literatopia-Links zu weiteren Titeln, die wichtige Themen ansprechen oder ansonsten außergewöhnlich sind:

Rezension zu The Crow
Rezension zu Die entsetzliche Angst der Epiphanie Schreck
Rezension zu Batman – Stumme Schreie