Maschinenmacht 2 - Aarin Cirrus (E. V. Ring)

Selfpublishing (2024)
Paperback, 388 Seiten, 16,00 EUR
ISBN: 978-3-384-05618-4

Genre: Science Fiction / Science Fantasy / Survival


Klappentext

Du bist endlich am Ort deiner Bestimmung.
Du wirst jetzt beweisen, dass du ihm würdig bist.

Cornwall, 1968. Der junge Aarin sehnt sich nach den Sternen. Er trainiert eisern, um irgendwann ins All fliegen zu können, doch sein Wunsch scheint unerfüllbar. Als die Maschinen ihn zu sich holen, kommt er seinem Ziel so nahe wie noch nie. Aarin schwört, seiner neuen Aufgabe gerecht zu werden, koste es, was es wolle – und besiegelt damit sein Schicksal.

Der zweite Teil der Maschinenmacht-Reihe erzählt die Geschichte von Aarin Cirrus und knüpft im Anschluss nahtlos an Band eins an. Im Kern der Maschine kommt es zum Wiedersehen mit alten Bekannten und schließlich zu einem lange erwarteten Showdown."


Rezension

Der zweite Band der „Maschinenmacht“-Tetralogie beginnt mit einer Vorgeschichte und zwar der Villain-Origin-Story des fiesen Antagonisten Aarin Cirrus, der sich von einem Jungen voller Träume zu einem eiskalten Mann entwickelt, der fatale Entscheidungen trifft und schließlich schreckliche Taten begeht. Vorweg sei gesagt, dass sich die Geschichte von Aarin Cirrus ohne Vorkenntnisse lesen lässt, allerdings schließt das letzte Drittel dieses Romans an die Ereignisse aus dem ersten Band an und Vorkenntnisse sind ab hier zwingend nötig (wer den ersten Band nicht kennt, wird in der Vorgeschichte und entsprechend auch in dieser Rezension gespoilert).

Aarin wächst in Cornwall bei einer liebevollen Ziehmutter und einem sehr strengen, gewalttägigen Ziehvater auf, der ihn in eine Medizinerkarriere zwingen will. Aarin interessiert sich jedoch mehr für die Sterne und den Weltraum und träumt davon, eines Tages zum Mond oder gar zu einem anderen Planeten zu fliegen. Und er träumt davon, eine Maschine zu sein. Aarin ahnt, dass diese Träume auf realen Ereignissen aus seiner frühesten Kindheit basieren, doch er ist sich nicht sicher, bis er als 15-Jähriger zurückgeholt wird: in eine Maschinenwelt, in der er unterschiedlichsten klimatischen Bedingungen ausgesetzt wird. Aarin versteht schnell, dass er „nach Hause“ geholt wurde und dass er Tests durchläuft, die er unbedingt bestehen will. Doch Aarin besteht nicht, sein Körper ist den extremen Bedingungen nicht gewachsen und er wird in einer Steinwüste ausgesetzt, wo er auf den jungen Enver trifft.

Enver kennen Leser*innen ebenfalls aus dem ersten Band, wo niv Protagonist Zane unterstützt. Enver ist als junger Mensch das Ebenbild niver Schwester Nivia, die Aarin kurz bevor er aussortiert wurde, kennen und lieben gelernt hat. Nach dem ersten Schock über die Ähnlichkeit lehnt Aarin Enver zunächst ab, da er niv als Konkurrenten sieht. Beide sind sehr intelligent, beide haben ihre Talente und sind sich sehr ähnlich, doch ebenso sind sie in anderen Bereichen völlig gegensätzlich. Während Aarin alles als Wettkampf betrachtet und unbedingt der Beste sein will, will Enver nive Talente einsetzen, um anderen zu helfen. Aarin will vor allem für sich selbst und die wenigen Menschen, die ihm nahestehen, etwas erreichen, während Enver die Situation für alle Menschen, die als „Aussortierte“ in der Maschinenwelt leben, verbessern will. Die beiden werden dennoch Freunde und mehr, umso schmerzlicher ist es, als sich ihre Wege trennen.

Aus dem ersten Band weiß man bereits einiges über Aarin und Enver, doch die Details sind überraschend und es ist ungemein spannend zu lesen, wie Aarin Cirrus zu so einem brutalen Mann geworden ist. Gemeinsam mit Enver entdeckt Aarin, dass er mit der Künstlichen Intelligenz, die die Maschinenwelt überwacht und die die Tests leitet, kommunizieren kann. Aarin nennt sie MaMa (MaschinenMacht) und tut lange alles dafür, um von ihr anerkannt zu werden. Er findet heraus, für welche Mission MaMa die Tests durchführt und ist Feuer und Flamme dafür. Doch als er begreift, dass MaMas Anweisungen veraltet und fehlerhaft sind, wendet er sich gegen sie. Aarin trifft fatale Entscheidungen, teils aus Selbstüberschätzung, teils aufgrund seiner Überforderung, die er sich nicht eingestehen will. Enver ist die einzige Person, die Aarin mäßigen kann und ohne niv überschreitet er Grenzen, die ihn in eine Abwärtsspirale führen. Aus Verzweiflung und Hass wird er schließlich zum Mörder und zum Gegenspieler seines eigenen Enkels.

Im letzten Romandrittel geht es schließlich mit der Handlung aus dem ersten Band weiter: Zane ist ein gebrochener Mensch, der zusammen mit seinen Kindern knapp der Maschinenwelt entkommen ist. Er sitzt im Rollstuhl und ist noch dabei, sich zu sammeln und die Ereignisse einzuordnen, als der erwachsene Aarin bei ihm auftaucht und ihn angreift. Für Zane ist klar: er wird sich immer vor seinem Peiniger fürchten müssen, wenn er sich ihm nicht stellt. Dabei weiß er nicht, dass ausgerechnet Aarin dafür gesorgt hat, dass MaMa seine Kinder nicht finden kann. Es kommt zum Showdown, der zugleich Ende und Anfang ist. Vor allem geht alles sehr schnell. Es liest sich, als handele es sich um Kapitel, die am Ende des ersten Bandes fehlten. Wer diesen nicht kennt, wird im letzten Drittel von „Aarin Cirrus“ verloren sein, da viele Figuren aus „Cyan Zane Veil“ auftauchen und es nahtlos weitergeht. Die Lage eskaliert viel zu schnell, eine dramatische Szene reiht sich an die nächste und das Ende eröffnet einen völlig neuen Weg.

Der Aufbau der geplanten Tetralogie ist bis hierhin ungewöhnlich. Bereits im ersten Band gab es verschiedene Zeitebenen und alles wirkte sehr mysteriös. Zane geriet zufällig in die Maschinenwelt, als er seiner Freundin Jenesis folgen wollte, und war doch schon mehr mit ihr verwoben, als ihm bewusst war. Während Zane sich mühsam ein Bild von den Ausmaßen der Maschinenwelt und den Aktivitäten MaMas machen musste, sieht sich Aarin schnell als Teil von ihr und fiebert neuen Erkenntnissen geradezu entgegen. Seine Geschichte ist geradliniger, E. V. Ring umreißt grob wichtige Ereignisse in Aarins Kindheit, ehe es sehr schnell in die Maschinenwelt geht, wo Aarin seinen Lebenssinn darin sieht, von der KI anerkannt zu werden. Zane war zu Beginn der Handlung traumatisiert, Aarin hingegen fühlt sich positiv herausgefordert und sieht bereits die Erfüllung seiner Träume. Doch auch er wird traumatisiert und anders als Zane hat Aarin wenig Mitgefühl mit anderen und geht für seine Ziele über Leichen. Er glaubt, es stehe ihm zu, für andere Entscheidungen zu treffen, auch die, ob sie leben oder sterben. Letztlich ist Aarins negative Entwicklung auf diverse tragische Ereignisse, aber vor allem auf Charaktereigenschaften von ihm zurückzuführen.

Durch Aarins Geschichte erfährt man mehr über die Maschinenwelt und die Hintergründe der Tests, die MaMa durchführt. Gerne hätte man auch mehr über die Menschen, die in den sogenannten Außenzonen leben, erfahren, doch da Aarin sich für sie wenig interessiert, bleiben diese Menschen Statisten. Während man in „Cyan Zane Veil“ die Puzzleteile Stück für Stück zusammenfügen musste, entsteht hier nach und nach ein nahezu vollständiges Bild. Vor allem werden auch die verwandtschaftlichen Beziehungen unter den zentralen Figuren klarer. Besonders spannend ist die Figur Jenesis, die im ersten Band vor allem in Zanes Erinnerungen eine Rolle spielte, und über deren Herkunft und Verbleib man nun mehr erfährt. Der dritte Band wird ihr gewidmet sein und nach der Lektüre von „Aarin Cirrus“ wird man diesen kaum erwarten können.


Fazit

„Aarin Cirrus“ ist ein ungewöhnlicher zweiter Band, der zunächst die Vorgeschichte des Antagonisten aus dem ersten Band erzählt und erst dann die Handlung weiterführt. Diese Struktur ist originell und spannend, erfordert für das Verständnis aber auch einen guten Überblick über die bisherigen Ereignisse. Gemeinsam mit Aarin erlebt man die Maschinenwelt aus einem neuen, erwartungsvollen Blickwinkel, ehe fatale Entscheidungen zu einer blutigen Eskalation führen. Der SF-Anteil ist hier etwas höher, vor allem aber wird deutlich, wo die Reise hingeht – wobei E. V. Ring sicher auch im dritten Band die eine oder andere Überraschung parat haben wird.


Pro und Contra

+ faszinierender Mix aus Science Fiction und Survival, der sich teilweise wie Fantasy liest
+ neue Einblicke in die Maschinenwelt aus Perspektive des jungen Aarin
+ die von Rivalität geprägte Freundschaft zwischen Aarin und Enver
+ obwohl man die Maschinenwelt bereits kennt, fühlt sich vieles neu an
+ Hintergründe der Maschinenwelt werden klarer
+ originelle Erzählstruktur der Tetralogie
+ Diversity und casual queerness

- zu schnelle Eskalation im letzten Drittel
- auch Aarins Vorgeschichte hätten etwas mehr Seiten gut getan

Wertungsterne4

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5


Rezension zu "Maschinenmacht 1 - Cyan Zane Veil"

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Tags: Künstliche Intelligenz, Science Fantasy, queere Figuren, progressive Phantastik, Survival