Trese Bd.1 – Mord am Balete Drive (Budjette Tan, KaJo Baldisimo)

trese 1

Verlag: Dantes; (Juni 2024)
Softcover: 144 Seiten; 18 €
ISBN-13: 978-3-68902-000-2

Genre: Horror/ Grusel/ Fantasy


Klappentext

Trese – Hüterin der Stadt

Wenn in Manila die Sonne untergeht, solltest du möglich nicht falsch abbiegen. Sonst landest du womöglich in jener schlecht beleuchteten Gegend der Metropole, in der blutgierige Aswang ein Menschenraubkartell betreiben, riesige Kapre als Könige des Verbrechens regieren und magische Engkantos durch die Ritzen schlüpfen, um deinen wertvollsten Besitz zu stehlen.

Wenn bei der Aufklärung eines Verbrechens eine Spur ins Unerklärliche führt, wendet sich die Polizei an Alexandra Trese.


Rezension

In einem Manila, in dessen dunkle und düstere Schatten sich so manches verbirgt, ermittelt Alexandra Trese. Wann immer die Polizei auf einen Fall stößt, der sich nicht mit einfachen Mitteln aufklären lässt und der eindeutig in Richtung des Übernatürlichen weist, wird sie gerufen. Denn sie weiß, was in den Schatten lauert, hat doch bereits ihr Vater übernatürliche Wesen gejagt oder mit ihnen Verträge ausgehandelt.

Trese, geschrieben von Budjette Tan und gezeichnet von KaJo Baldisimo musste bis zur Veröffentlichung einen weiten Weg zurücklegen. Die ersten Ideen stammen wohl bereits aus den 1990ern. Damals war noch ein männlicher Protagonist angedacht. Als dann aber KaJo Baldisimo den Stein ins Rollen brachte und er sich mit Budjette Tan entschloss einen monatlichen Comic selbst herauszugeben, war den beiden Künstler schnell klar, dass sie eine weibliche, knallharte Ermittlerin in den Mittelpunkt stellen. Thema sollten die Mythen und die Legenden der Philippinen, also ganz allgemein das Übernatürliche sein. Und damit natürlich die Wesen, die an jeder Ecke darauf lauern, neue Opfer zu finden.
Manila könnte für solcher Art Geschichten nicht besser geeignet sein, denn laut Budjette Tan, ist die Stadt geprägt vom Mystischen. Amulette gibt es überall zu kaufen und Zeitungen berichten von übernatürlichen Wesen. Und auch er selbst hatte laut seiner Mutter bereits im Kindesalter Kontakt mit einem Geist. Ein guter Nährboden also für Trese.
Nun hat der Comic also auch endlich seinen Weg nach Deutschland gefunden und es muss wirklich endlich gesagt werden, denn Trese erfindet zwar das Rad nicht neu, fühlt sich aber unheimlich frisch an, da hier eine neue mythologische Welt vorgestellt wird, die fremd und doch immer mal wieder vertraut ist. Es wird vor allem aus einem anderen Blickwinkel auf ein paar bekannte Wesen geschaut. Da wären die Aswang, die an Vampire erinnern, jedoch nicht ganz dem gängigen Bild entsprechen, oder die Nuno Sa Punso, die glatt mit den isländischen Feenwesen verwandt sein könnten und ebenso respektvoll behandelt werden. Budjett Tan greift auf einen reichhaltigen Schatz des Übernatürlichen seiner Heimat zurück und präsentiert ihn nicht nur einfach, sondern modernisiert alles behutsam, so dass es für jeden Leser mit einer gewissen Affinität zu Mythen und Legenden und Horror interessant wird.
Dabei macht Trese vor allem eines richtig. Budjette Tan und KaJo Baldisimo kommen unglaublich schnell auf den Punkt. Hier gibt es keine endlosen Mono- oder Dialoge, die sich ewig im Kreis drehen. Nein, Autor und Zeichner konzentrieren sich auf das Wesentliche, geben die Informationen, die genau in dem Augenblick gebraucht werden und erzeugen so eine dichte Atmosphäre, in der der Horror für sich sprechen kann. Dabei hat man nie das Gefühl, dass irgendetwas fehlen würde. Sie zeigen, dass es immer noch möglich ist, eine Geschichte zu erzählen, ohne alles auszuwalzen oder bis ins letzte Detail zu erklären. Nur benötigt es dafür einen guten Autoren und Budjette Tan ist so einer. Er schreibt durchdacht und scheut sich nicht davor, die Bilder von KaJo Baldisimo für sich sprechen zu lassen, die die Figuren unterstützend charakterisieren. So bauen sie gemeinsam eine Welt, die unglaublich dicht ist, eine herrlich morbide Atmosphäre besitzt und eine Heldin präsentiert, die an eine vom Leben hart gewordene Buffy erinnert, wie sie z.B. im Kampf mit einem Turok-Han in der letzten Staffel zu sehen war. Mehr Charakterisierung gibt es für Alexandra Trese nicht, nur hin und wieder gibt es kurze Einblicke in ihre Vergangenheit, wenn sie sich mal wieder mit Captain Guerrero unterhält und er an ihren Großvater erinnert. Dies schadet dem Comic nicht im Mindesten. Denn so können sich Autor und Zeichner zunächst darauf konzentrieren ihr Manila vorzustellen, vor dessen Hintergrund Alexandra Trese ermittelt. Spätere Abenteuer werden mit Sicherheit ihren Hintergrund weiter ausbauen. Aber bis hierher wird alles, das nötig ist, über sie gesagt. Und wem die Erklärungen der Wesen zu kurz kommen, für den gibt es am Ende jeder Kurzgeschichte, einen kurzen Eintrag aus Professor Alexander Treses Tagebuch, in dem die Autoren Informationen über die Aswang und all die anderen Wesen unterhaltsam darbieten.

Vier Kurzgeschichten bilden nun den ersten Band und alle vier sind kurz, knapp und faszinierend. Eine Geschichte muss jedoch besonders hervorgehoben werden, denn sie bezieht sich nicht auf einen althergebrachten Mythos, sondern auf einen Superheldencomic, der 1950 seinen Einstand gab. Diese Episode könnte sich als Fremdkörper anfühlen, fügt sich aber richtig gut in das Gesamtkonzept ein, da auch die Superheldin Darna ihre Kräfte auf einen mystischen Weg erhält.

KaJo Baldisimo ist ein unglaublich guter Zeichner und damit steht er in der Tradition vieler philippinischer Künstler, die häufig in den USA bei Verlagen arbeiten. In seinen Bildern konzentriert er sich zwar auf das Wesentliche, bei dem was er zeigt, tut dies jedoch mit einem unheimlich hohen Detailgrad, den er den Erfordernissen der entsprechenden Szene anpasst. Dabei nutzt er alle Möglichkeiten der Gestaltung beim Seitenaufbau. Es gibt ganz klare Bilder, aber auch einige mit Schraffuren und er weiß genau, wann er was zeigen muss. Nicht jeder Horror braucht explizite Szenen, manchmal muss er in den Schatten gelassen werden und dies versteht KaJo Baldisimo. Atmosphärisch ist das hier einfach große Klasse.

Wie immer beim Dantes Verlag gibt es auch bei Trese ein umfangreiches Glossar, welches wieder sehr hilfreich ist. So werden Zusammenhänge noch klarer und gerade bei der Episode, die eine Hommage an Darna ist, würde einem sonst viel entgehen.


Fazit

Trese feiert mit Mord am Balete Drive einen äußerst gelungenen Einstand und nimmt einen mit auf eine Reise zur dunklen Seite Manilas, wo Albträume Wirklichkeit werden. Das sieht nicht nur herausragend gut aus, sondern ist auch unheimlich gut und fesselnd geschrieben.


Pro & Contra

+ neue, unbekannte übernatürliche Welt für den westlichen Leser
+ Manila wird lebendig
+ interessante Charaktere
+ auf den Punkt gebracht

Bewertung: sterne4.5

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Zeichnungen: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5

Tags: Horror, Grusel, Krimi