Verlag: Dantes; (Juni 2024)
Softcover: 170 Seiten; 20 €
ISBN-13: 978-3-68902-006-4
Genre: Drama
Klappentext
Willkommen Fremder; willkommen, Fremde.
An einen wie großen Teil unseres Heimatlandes kannst du dich erinnern? Unsere Vergangenheit ist neu geschrieben, neu vorgestellt und vergessen worden … von Invasoren, Kolonisatoren und auch von unseren hier geborenen Landsleuten. Wie viel von unserer Vergangenheit hältst Du für gesichert und wahr? Niemand weiß es. Ist das nicht eigenartig?
Unsere Vergangenheit ist für immer verloren, während wir uns freudig einer globalisierten Zukunft zuwenden. Das macht uns zu Fremden in unserem Heimatland … zu Fremden wie Grasya, einer vergesslichen alten Dame mit ihren vergessenen Erinnerungen.
Paolo Herras
Rezension
Nach vielen Jahren kehrt Grasya in das leerstehende Haus ihrer Familie zurück. Wie ein Geist geht sie durch die Räume und wie Geister folgen ihr die Erinnerungen, die mit diesem Ort verbunden sind. An ihre Großeltern, Eltern, ihre Tante, die die letzte Priesterin der alten Götter war und auch an ihren Sohn. Sie alle sind schon lange tot und doch bestimmen sie weiterhin ihr Handeln.
Eine melancholische, poetische Geschichte, die wie aus einer anderen Welt wirkt und doch in der unsrigen spielt, hat Paolo Herras geschrieben und mit Hilfe des großartigen Jerico Marte umgesetzt. Er hat Paolo Herras´ tiefsinnige Geschichte genommen und in Bilder verpackt und es sind einfach wunderbare, wunderschöne Zeichnungen, die hier zum Betrachten einladen. Und dieses Betrachten ist genau so gemeint, denn diesen Comic liest man nicht, man sieht ihn sich an, betrachtet ihn und nimmt die Bilder in sich auf. Jerico Marte setzt das Thema Erinnerungen in Bildern um, die dafür nicht besser sein könnten. Grasya und alle anderen Protagonisten wirken wie flüchtige Erinnerungen, die man heimlich betrachten darf.
Jerico Martes Zeichnungen besitzen eine ungeheure Kraft, ziehen einen hinein und lassen nicht los und das ist gerade in den traurigen Momenten unglaublich gut gemacht.
Nun ist es so, dass es grob gesagt zwei Möglichkeiten gibt, sich einem Roman oder einem Comic zu nähern. Einerseits gelingt die Annäherung an ein solches Werk wie Strange Natives, indem es seziert, auseinandergenommen und analysiert wird, um zu seinem Kern vorzustoßen. Und das ist sicherlich auch bei Strange Natives möglich. Andererseits gibt es noch eine weitere Möglichkeit, nämlich auf der emotionalen Ebene und die ermöglicht Strange Natives mühelos.
Es ist sehr einfach sich in die Geschichte fallen, Bilder und Worte auf sich wirken zu lassen und damit sich dem Ganzen zu öffnen. Und es sollte auch die bevorzugte Variante sein, Paolo Herras und Jerico Martes Werk zu erleben, denn dann wird tief in einem eine Saite angeschlagen, mit der man vielleicht nicht gerechnet hat.
Da Strange Natives von Emotionen und Stimmungen auf seinen Seiten als auch beim Leser lebt, ist er auch ein Comic, der vielleicht nicht immer passt. Idealerweise sollte er vermutlich eher im Frühling, wenn das Leben wieder erwacht oder im Herbst, im Goldenen Oktober, wenn die ersten Blätter fallen, gelesen werden. Dann passt die Stimmung draußen am Besten zur Stimmung im Buch. Und wer sich dann noch an seinen Wohlfühlplatz mit Lieblingsgetränk, etwas zu essen und ruhiger Musik im Hintergrund zurückzieht, dürfte die ideale Lektüre gefunden haben.
Die Anmerkungen fallen bei Strange Natives längst nicht so umfangreich aus, wie bei anderen Titeln von Dantes, sind aber nicht weniger interessant. Zudem gibt es noch ein paar Skizzen zu betrachten.
Fazit
Paolo Herras erzählt in Strange Natives eine melancholische Geschichte, die ihre traurigen Momente hat, am Ende jedoch auf ihre Art hoffnungsvoll endet. Jerico Martes Zeichnungen sind schlicht und einfach überragend und einfach schön.
Pro & Contra
+ herausragend schöne Zeichnungen
+ spricht einen auf mehreren Ebenen an
+ Schmetterlinge
+ außergewöhnlich
Bewertung: 
Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5