Don Quijote von der Mancha (Paul & Gaetan Brizzi, Miguel de Cervantes)

Don Quijote

Verlag: Splitter; (Juni 2024)
Gebundene Ausgabe: Seiten; 45 €
ISBN-13: 978-3-98721-381-6

Genre: Literaturadaption/ Ritterroman


Klappentext

Nun, sein Fehler war,
dass er die Bücher zu sehr liebte …


Rezension

„Ihr seid wahrlich ignorant, schönes Kind! Ein fahrender Ritter ist ein Kerl in Rüstung, der auf Ärger aus ist, na ja, ohne es wirklich zu wollen, und am Ende fängt er sich immer Prügel ein, versteht ihr?“

Auf einem kleinen Friedhof, hinter einer kleinen Kirche, in der Nähe eines kleinen Dorfes entdeckt ein Ehepaar das Grab von Don Alonso Quijano, besser bekannt unter dem Namen Don Quijote. Als sie sich über den Ritter von der traurigen Gestalt lustig machen, taucht der Pfarrer auf und liest ihnen die Leviten, bevor er ihnen die Geschichte Don Quijotes erzählt. Die beginnt damit, dass der alte Mann viel zu viele Ritterromane las und schließlich loszog, selbst als fahrender Ritter Ruhm, Ehre und Unsterblichkeit zu erlangen und das Herz seiner Geliebten Dulcinea del Toboso zu erobern. An seiner Seite war dabei immer der etwas einfältige Bauer Sancho Panza und ihre Abenteuer sind wirklich erinnerungswürdig. Wer hat sonst gegen Riesen, die in Windmühlen verwandelt wurden, gekämpft oder mit einem Löwen gerungen?

1605 und 1615 erschien Miguel de Cervantes berühmtes Werk über den unglücklich agierenden Don Quijote in zwei Teilen und ist bis heute wohl das bekannteste literarische Werk aus seiner Heimat Spanien. Geschrieben hat Cervantes Don Quijote, der heute als erster moderner Roman gilt, als Antwort auf die damalige Beliebtheit von Ritterromanen. In diesen waren wohl immer absurdere Abenteuer zu finden, die immer phantastischer wurden und nach Ansicht von damaligen Intellektuellen den Menschen den Verstand vernebelten.
Und dies ist es dann auch, was Don Alonso Quijano im Roman passiert und ihn zu Don Quijote werden lässt. Weswegen er in die Welt hinauszieht, um ein fahrender Ritter zu werden, Gutes zu tun und zu einer Legende zu werden.
Zumindest der letzte Aspekt gelingt ihm schließlich auch, wenngleich anders als eigentlich gewollt. Don Quijote muss im Roman viel erleiden und bezieht ständig Prügel und scheitert bei seinem Vorhaben das Leben anderer zu verbessern fast immer auf spektakuläre Art und Weise.
Dabei ist es recht einfach, diesen Mann als Spinner und Verrückten abzutun. Schließlich kämpft er gegen Windmühlen, die er für Riesen hält. Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht, denn Don Quijote besitzt hehre Ideale und er tritt der Welt auch mit einer gewissen Naivität gegenüber. Dabei lebt er dann seinen Traum und verwirklicht sich auf eine seltsame Art und Weise. Sicher ist er anfangs in seiner überheblichen Art und Weise nicht jemand, den man gerne um sich hat, aber je länger seine Abenteuer dauern, umso sympathischer wird er. Es wird immer klarer, wer er ist und wieso er das Leben eines fahrenden Ritters anstrebt.
Miguel Cervantes hat das mit viel Humor aufs Papier gebracht und er schont seinen Helden nicht. Paul und Gaetan Brizzi haben sich nach Balzacs Tolldreiste Geschichten und Dantes Inferno Don Quijote nun als nächstes Werk für eine Comicumsetzung ausgesucht. Die beiden Brüder, die viel Erfahrung im Bereich des Zeichentrickfilm besitzen und dort auch für Disney arbeiteten und sowohl für die Maus bei einigen Sequenzen von Klassikern, als auch bei Asterix – Sieg über Cäsar Regie führten, haben mit ihren vorherigen Werken bewiesen, dass sie Romanadaptionen beherrschen.
Und Don Quijote ist da keine Ausnahme. Ihr Don Quijote fängt Miguel de Cervantes Absicht mit dem Roman ein und betont bestimmte Aspekte seiner Figuren. Don Quijote ist bei ihnen ein tragischer Held und Idealist, dessen Geschichte sie ganz der Vorlage entsprechend mit viel Humor erzählen.
Da sie dafür aber deutlich weniger Seiten zur Verfügung haben, als in einem Roman mit vielen hundert Seiten, waren Kürzungen und Zusammenfassung unumgänglich. Diese sind ihnen gut gelungen und sie stützen sich hauptsächlich auf den zweiten Teil des Romanes von Cervantes, der Don Quijote in einem besseren Licht dastehen lässt, da sein Charakter zugänglicher wird und er mehr und mehr zu einer tragischen Figur wird, die dennoch Aspekte besitzt, die positiv besetzt sind. Inhaltlich ist den Brüdern Brizzi diese Adaption gelungen.

Und das gelingt ihnen vor allem auch deshalb, weil die zeichnerische Umsetzung mindestens ebenso gut ist. Ihre Bleistiftzeichnungen fangen den Charakter der Parodie und Karikatur des Romans perfekt ein. Keine der Figuren ist wirklich realistisch gezeichnet, sondern sie besitzen alle irgendwo Merkmale der Übertreibung. Und dennoch besitzen alle eine gewisse Würde. Gerade für Don Quijote ist dies wichtig, trägt er doch die Handlung. Es wäre leicht gewesen, ihn der Lächerlichkeit preiszugeben, aber damit wären die Brizzis am Ziel vorbeigeschossen. Don Quijote benötigt eine gewisse Integrität, damit die Handlung und der Humor funktionieren können und genau diese besitzt er, trotz aller karikaturhaften Züge auf jeden Fall. Die Zeichnungen sind von der richtigen Leichtigkeit und besitzen den nötigen Humor.
Was nicht heißen soll, dass Paul und Gaetan Brizzi nicht beeindruckende Bilder gelingen. Der Kampf mit den Windmühlen ist ein wahres Meisterstück der Inszenierung und von einer tollen Dynamik und auch das letzte große Abenteuer des Don Quijote ist einfach traumhaft gestaltet.
Die Bleistiftzeichnungen helfen ihnen dabei, das Beste aus den Bildern herauszuholen. Sie geben ihnen Möglichkeiten durch Schraffierungen und weitere Techniken Akzente zu setzen und so den Blick des Lesers zu lenken. Zudem erzeugen sie so, die erwähnte Leichtigkeit. Ein weiterer Aspekt, der die Wahl zum Bleistift zu greifen, mehr als rechtfertigt, ist der dadurch mögliche Kontrast zwischen dem, was in Don Quijotes Welt passiert und was er selbst sieht, wenn er z.B. gegen Windmühlen kämpft oder durch den Weltraum zur Rettung seiner Dulcinea fliegt. Die Bilder seiner Vorstellungskraft sind die einzigen, die in leuchtenden Farben getaucht sind und bilden so einen Kontrapunkt zu seinem Alltag, dem er zu entfliehen versucht.


Fazit

Paul und Gaetan Brizzi haben Miguel de Cervantes Don Quijote in einen wunderbaren Comic adaptiert, der von einem idealistischen und auch etwas naiven Mann erzählt. Dies tun sie in wunderschönen Bleistiftzeichnungen, die eine Augenweide sind.


Pro & Contra

+ behält den Kern der Erzählung
+ wunderschöne Zeichnungen
+ sehr gut in Szene gesetzt
+ Humor

Bewertung: sterne5

Handlung: 5/5
Charaktere: 5/5
Humor: 4/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5


Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Paul und Gaetan Brizzi:

Rezension zu Tolldreiste Geschichten nach Honoré der Balzac