Josefina (Russell L. Molina, Ace C. Enriquez)

josefina

Verlag: Dantes; (Februar 2025)
Softcover: 124 Seiten; 17 €
ISBN-13: 978-3-68902-014-9

Genre: Drama/ Horror


Klappentext

In einer Zeit,
in der Menschen
zu Monstern
geworden sind,
zeigt ein Monstern
seine Menschlichkeit.


Rezension

Der Zweite Weltkrieg. Japan ist auf den Philippinen eingefallen und begeht Gräueltaten. Ein Dorf und die Familie eines Babys getötet. Der Junge wird von den japanischen Soldaten zum Sterben zurückgelassen. Allerdings hat er Glück. Josefina, eine Manananggal, findet das Baby und nimmt es in ihre Obhut. Für ein Wesen wie sie ist das mehr als ungewöhnlich, denn Manananggals sind die weibliche Entsprechung von Aswangs, und die sind normalerweise alles andere als mitfühlend. Aber Josefina schafft es ihr Verlangen zu unterdrücken und das Baby zu schützen, wobei ihr gefiederte Gefährte ihr hilft. Sie unterstützt fortan den Widerstand und macht Jagd auf die japanischen Aggressoren.

Wer Josefina aufschlägt, trifft mit der ersten Seite beginnend auf ausdrucksstarke Bilder, die auf den ersten zwanzig Seiten praktisch gänzlich ohne Worte auskommen und doch sofort die Schrecken des Krieges transportieren und für einen Kloß im Hals sorgen. Denn Russel L. Molina und Ace C. Enriquez haben nicht vor den Leser zu schonen und ihn vor Grausamkeiten jeglicher Art zu bewahren. Im Zusammenhang mit der Geschichte ist dies auch nicht Selbstzweck, sondern essentiell. Denn nur so kann der Kontrast zwischen Mensch und Monster, Grausamkeit und Mitgefühl sich wirklich entfalten, der durch Josefina perfekt verkörpert wird. Auf der einen Seite ist sie eben ein Monster, das kein Gewissen oder Herz haben dürfte oder haben sollte, damit es als Schrecken in der Nacht fungieren kann, auf der anderen Seite ist sie jedoch auch ein Mensch und diese Seite von ihr ist vielleicht sogar stärker ausgeprägt, als bei allen anderen Protagonisten dieses Comics.
Jetzt könnte argumentiert werden, dass es dennoch nicht notwendig gewesen wäre, Josefina zu einem übernatürlichen Monster zu machen, aber da muss klar widersprochen werden. Erst durch ihr Dasein als Manananggal wird der Unterschied zwischen Mensch und Monster wirklich klar und wie leicht es ist, im Krieg seine Menschlichkeit zu verlieren. Was Menschen anderen Menschen antun ist immer noch das Schlimmste und dies arbeitet Josefina sehr gut heraus. Deswegen ist auch die Schlussszene so extrem wichtig, die die ganze Thematik absolut auf den Punkt bringt. Russell L. Molina liefert hier eine gut durchdachte Handlung, bei der er sich größtenteils auf seinen Zeichner Ace C. Enriquez verlässt. Text gibt es kaum und so muss dieser die Last schultern, Emotionen und Absichten der Geschichte durch seine Bilder zu transportieren. Diese Entscheidung ist für Josefina definitiv die richtige gewesen. Denn Josefina braucht Bilder, die einen durchaus auch auf ihre Art schocken können.

Deswegen ist Ace C. Enriquez der ideale Zeichner für diese Geschichte. Die Bilder sollen nicht besonders schön sein oder mit unglaublicher Fertigkeit und Finesse glänzen. Nicht das Ace C. Enriquez kein guter Zeichner wäre, aber er versteht es Josefina dreckig und düster erscheinen zu lassen. Krieg ist grausam, egal von welcher Seite, und genau dies zeigt er mit wenigen Ausnahmen in seinen Zeichnungen. Diese Ausnahmen sind es dann auch, die einen starken Kontrast zum Rest bilden und Josefina erst menschlich wirken lassen. Was auf den ersten Blick recht einfach wirkt, entpuppt sich damit als wohldurchdacht und mehr als gelungen.

Wie beim Dantes Verlag nicht anders zu erwarten ist ein informatives Glossar vorhanden und dann noch zusätzlich ein kleiner Einblick ins Skizzenbuch.


Fazit

Josefina ist ein schonungsloser Blick auf das Wesen des Menschen zu Zeiten des Krieges. Vermischt mit den philippinischen Mythen ist der Comic dreckig und düster und von überraschender Tiefe.


Pro & Contra

+ nicht einseitig
+ stellt die Frage nach der Menschlichkeit
+ klein und dreckig
+ Zeichnungen

Bewertung: sterne4.5

Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Zeichnungen: 4,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5