HarperCollins; (15. April 2025)
Taschenbuch: 368 Seiten; 14,00 €
ISBN-13: 978-3365010020
Genre: Thriller
Klappentext
Hendrik Kleins Thriller sorgt für Nervenkitzel bis zur letzten Seite
Maximilian Ryf ist Manager des neuen Hotels Seewind Manor, das auf der kleinen Insel Greifswalder Oie vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns liegt. Zur Eröffnungsfeier wurden fünf Gäste geladen. Schon bei der Ankunft auf der Insel tobt ein ungewöhnlich schwerer Sturm, der es den Gästen und Angestellten unmöglich macht, die sicheren Hotelmauern zu verlassen. Nach kurzer Zeit reihen sich merkwürdige Ereignisse aneinander. Max leidet mehr und mehr unter starken Kopfschmerzen, die Gäste haben das beklemmende Gefühl, beobachtet und manipuliert zu werden. Als eine Mitarbeiterin brutal ermordet in ihrer Angestelltenunterkunft aufgefunden wird, bricht endgültig Panik aus. Auf ihrer Tür wurde eine klare Botschaft hinterlassen: »Nummer1«. Aufzeichnungen der Sicherheitskameras zeigen, dass sich eine Gestalt mit einer Harlekinmaske in dem Hotel aufhält. Wer schafft es zu fliehen, und für wen heißt es GAME OVER?!
Rezension
Ein abgelegenes Hotel auf einer sturmumtosten Insel, fünf geladene Gäste, ein unheimlicher Killer in Harlekinmaske – der Klappentext von Code Kill – Ein tödliches Spiel verspricht Hochspannung und eine dichte, klaustrophobische Atmosphäre. Die Zutaten sind da: ein isolierter Schauplatz, eine begrenzte Zahl von Verdächtigen, ein maskierter Täter mit sadistischem Plan und ein Protagonist, der langsam an der eigenen Wahrnehmung zu zweifeln beginnt. Doch was vielversprechend beginnt, entwickelt sich im Laufe der Geschichte zu einer überfrachteten und streckenweise unfreiwillig komischen Tortur.
Guter Start, solide Grundidee
Die erste Stärke des Buches liegt im Einstieg. Hendrik Klein versteht es, seine Leser:innen direkt in die Situation zu werfen. Der düstere Schauplatz – die abgelegene Insel Greifswalder Oie – ist atmosphärisch gut gewählt. Bereits die Ankunft der Gäste im tobenden Sturm erzeugt ein Gefühl der Ausweglosigkeit, das an klassische Kammerspiele erinnert.
Auch die Hauptfigur Maximilian Ryf, der Hotelmanager, wird zu Beginn ordentlich eingeführt: sympathisch, nachvollziehbar und mit einem Hauch Mystery versehen, als er unter plötzlich auftretenden Kopfschmerzen leidet und die Kontrolle über die Situation mehr und mehr verliert. Bis hierhin greift die Spannung, und man ist neugierig, was hinter dem Setting steckt.
Doch je weiter die Handlung voranschreitet, desto mehr verliert der Autor das Gleichgewicht zwischen Spannung und Effekt. Es scheint, als wolle Hendrik Klein in jeder neuen Szene die vorherige an Brutalität und Bizarrheit übertrumpfen. Was zunächst als spannender Thriller beginnt, kippt zunehmend in eine Abfolge drastischer Gewaltszenen, die mehr Selbstzweck als erzählerische Notwendigkeit sind. Sicher, ein Thriller darf auch mal ordentlich zupacken, und Gewalt ist kein Tabu – aber hier wirkt vieles kalkuliert schockierend, ohne echte emotionale Tiefe. Der Leser wird zum Zuschauer eines makabren Spiels, das bald eher abstumpft, als mitreißt. Statt psychologischer Raffinesse gibt es billigen Splatter auf Ansage.
Die „Spice“-Szene – fehl am Platz und peinlich
Was jedoch endgültig das Fass zum Überlaufen bringt, ist eine Szene, die im Buch schlicht als „die Spiceszene“ in Erinnerung bleibt – leider aus den falschen Gründen. Inmitten einer bedrohlichen, lebensgefährlichen Lage entscheiden sich zwei Figuren für einen Moment der Intimität, der so deplatziert, albern und realitätsfern ist, dass man nur ungläubig mit den Augen rollen kann. In einem Moment, wo es um Leben und Tod geht, ist das Letzte, was man braucht, eine Szene, die eher aus einem Softporno stammt als aus einem Thriller. Das Problem ist nicht, dass Erotik in einem Thriller keinen Platz hätte – aber Kontext ist alles. Und hier wirkt die Szene nicht nur unpassend, sondern beinahe unfreiwillig komisch. Sie reißt einen völlig aus dem Geschehen, untergräbt die Ernsthaftigkeit der Bedrohung und lässt die Figuren wie billige Statisten wirken.
Das Finale bildet dann den Höhepunkt dieser Überfrachtung. Ohne zu spoilern: Die Auflösung ist derart konstruiert und an den Haaren herbeigezogen, dass man sich fragt, ob hier nicht zwei Bücher zusammengeschrieben wurden. Was als geschlossene, fast schon klassische Whodunit-Situation begann, endet in einem Szenario, das wie aus einem überdrehten Actionfilm stammt – inklusive überzogenem Twist, der mehr Fragen aufwirft als beantwortet. Die innere Logik der Handlung bricht zusammen, und die zuvor noch halbwegs glaubwürdig agierenden Figuren verlieren endgültig an Substanz.
Einer der größten Schwachpunkte des Romans liegt in der Figurenzeichnung. Während zu Beginn noch eine gewisse Sympathie für Max und die Gäste aufkommt, wandelt sich dieses Gefühl bald in Gleichgültigkeit. Die Charaktere wirken zunehmend wie Marionetten, die von Szene zu Szene geschubst werden, nur um dem Plot zu dienen. Ihre Reaktionen sind oft unlogisch, ihre Dialoge hölzern, ihre Entscheidungen kaum nachvollziehbar.
Besonders schade ist, dass hier durchaus Potenzial vorhanden gewesen wäre – doch anstatt die Figuren zu vertiefen, steckt der Autor sie lieber in immer neue Extremsituationen, bis sie nur noch als Mittel zum Zweck fungieren. Dadurch verliert die Geschichte an emotionaler Schlagkraft.
Schreibstil: flüssig, aber wenig Tiefe
Positiv hervorzuheben ist zumindest der Stil. Hendrik Klein schreibt flüssig, gut lesbar und ohne große Stolpersteine. Man kommt schnell durch die Kapitel, die Spannung wird handwerklich solide aufgebaut – das ist kein literarisches Meisterwerk, aber es ist technisch kompetent erzählt. Allerdings fehlt es dem Text an Tiefe. Die Sprache bleibt oft oberflächlich, Beschreibungen sind funktional, aber selten atmosphärisch dicht. Der Stil trägt zur Schnelllebigkeit des Romans bei, verstärkt aber auch den Eindruck, dass hier mehr Wert auf Tempo als auf Substanz gelegt wurde.
Fazit: Weniger wäre mehr gewesen
Code Kill – Ein tödliches Spiel ist ein Thriller, der zu viel auf einmal will – und damit am eigenen Anspruch scheitert. Die Ausgangssituation ist vielversprechend, das Setting atmosphärisch und die ersten Kapitel machen Lust auf mehr. Doch spätestens mit der übertriebenen Gewaltdarstellung, der unpassenden Spiceszene und dem hanebüchenen Finale verliert der Roman an Glaubwürdigkeit und Reiz. Statt psychologischer Spannung setzt der Autor auf Schockeffekte, statt cleverem Plot auf Effekthascherei.
Wer einfach nur einen temporeichen, brutalen Thriller sucht und keinen Wert auf Logik oder Charaktertiefe legt, wird hier vielleicht auf seine Kosten kommen. Für alle anderen bleibt am Ende das Gefühl, dass man hier viel Potenzial verschenkt hat. Code Kill hätte ein atmosphärischer Pageturner werden können – geworden ist es ein überdrehter Gewalt-Reigen mit unfreiwillig komischen Momenten.
Pro & Contra
+ Atmosphärisches Setting (einsame Insel, Sturm)
+ Guter Einstieg mit spannender Ausgangslage
+ Starker Einstieg und packendes Ende: Die Rahmenhandlung ist geschickt konstruiert und der Cliffhanger funktioniert.
- Übertriebene Gewalt- und Folterszenen, die selbstzweckhaft wirken
- Spiceszene ist völlig deplatziert und unglaubwürdig
- Finale wirkt konstruiert und unrealistisch
- Atmosphäre wird durch übertriebene Wendungen und Skurrilitäten zerstört
Bewertung:
Handlung: 1/5
Charaktere: 2/5
Lesespaß: 2,5/5
Preis/Leistung: 3/5