Phantasma (Christoph Marzi)

Ulrich Burger Verlag (September 2009)
Taschenbuch, 85 Seiten, 9,50 EUR
ISBN: 978-3-9812846-0-7

Genre: Phantastik-Novelle


Klappentext

Giorgio Phantasma, den größten Show-Star aller Zeiten umgibt ein schreckliches Geheimnis. Hat er wirklich für den sagenhaften Erfolg sein Herz an den mysteriösen Professor Marvel verkauft? Ist er deshalb verdammt zu dauerndem Unglück und Leid? Auf einer Zeitreise zurück zu den Stationen seines außergewöhnlichen Schicksals erleben wir das mondäne Paris des Can-Can, die wilden 30er in Chicago und das Pop-New York der 70er Jahre. Auf dem Höhepunkt seines Erfolges droht Professor Marvel endgültig nach Phantasmas Herzen zu greifen ...

Wie Jacques Offenbachs phantastische Oper «Hoffmanns Erzählungen», so ist auch Phantasmas Geschichte eine moderne Parabel vom hohen Preis des Erfolgs - und vielleicht sogar von Erlösung.


Rezension

Giorgio Phantasma begegnet 1910 im Moulin Rouge dem geheimnisvollen Professor Marvel, der ihm unermesslichen Erfolg verspricht. Er will mit ihm die Musik der Sphären erschaffen – göttliche Musik, bei der ein jeder dahinschmelzen soll, so wie alle Phantasma sein Leben lang verehren sollen. Als junger, naiver Mann willigt er leichtsinnig in einen Pakt mit dem Professor ein, nicht wissend, was es bedeutet, sein Herz als Preis zu geben. Erst in Chicago, wo er als gefeierter Star die Liebe seines Lebens trifft, wird ihm das Ausmaß seiner Entscheidung vor Augen geführt. Georgio Phantasma zerbricht an einem Verlust und wird von nun an immer mehr zu einer Maske, hinter der der Träger mehr und mehr verblasst …

Auf gerade einmal siebzig Seiten gelingt es dem Autor, ein von Erfolgssucht und Rauschzuständen dominiertes Leben zu schildern, in dem der Hauptdarsteller ewige Jugend behält, mehr und mehr Ruhm erringt und sich selbst verliert. Ein bisschen liest sich „Phantasma“ wie ein modernes Märchen über einen großen Star, dessen Name so unwirklich klingt wie die Person, die diese Geschichte erlebt. Giorgio Phantasma wird zum Stellvertreter für große Künstler, die an ihrem Erfolg zerbrechen und erscheint gleichzeitig doch ganz nah, mit einem offen gelegten, erkalteten Herzen und dem Wunsch nach Erlösung. Auch wenn sie für ihn selbst nicht mehr möglich scheint. In jeder Zeile spiegelt sich tiefe Melancholie, die den Leser berührt und nachdenklich stimmt. Gespickt mit phantastischen Elementen übt „Phantasma“ einen regelrechten Sog auf den Leser aus und lässt ihn tief in die Geschichte eintauchen.

Wie in seinen Romanen überzeugt Christoph Marzi auch hier vor allem mit seinem ausdrucksstarken, atmosphärischen Stil, der nicht nur phantastische Bilder, sondern auch tiefgreifende Emotionen und Gedanken transportiert. Die Seiten fliegen während des Lesens nur so dahin, wobei man nach der letzten Seite das Gefühl hat, gerade aus einer anderen Welt aufzutauchen. Dem Autor gelingt es, selbst in der Kürze einer Novelle den Leser tief in seine Geschichte zu bannen und alles andere vergessen zu lassen. Dennoch spürt man auf nahezu jeder Seite, dass Christoph Marzi aus diesem Stoff sicher einen ganzen Roman hätte schreiben können. Und tatsächlich wäre „Phantasma“ noch um einiges besser, wenn man so mancher Szene mehr Raum zur Entfaltung gegeben hätte. Die Kürze liegt einer Novelle zu Grunde, aber für diese Story scheint ihr Rahmen einfach viel zu eng zu sein.

Christoph Marzi schrieb die Novelle „Phantasma“ zum gleichnamigen Musical, wobei er betont, dass er gewollt habe, dass sich die Geschichte so liest, als sei sie zuerst da gewesen. Eine Novelle muss zwangsläufig mit anderen Stilmitteln arbeiten als eine Bühnenhandlung und dem Autor gelingt es, einen eigenständigen, überzeugenden Text zum Musical zu liefern. Nach Lektüre dieser Novelle wird man aber wohl Lust verspüren, das Musical auch zu sehen. Für alle, die es nicht in eine Vorstellung schaffen, gibt es übrigens eine gleichnamige Soundtrack-CD.

Für eine Novelle mit gerade einmal etwas mehr als siebzig Seiten ist der Preis von 9,50 Euro leider etwas hoch ausgefallen, wobei man bei einem Kleinverlag berücksichtigen muss, dass dieser bei den kleinen Auflagen natürlich keine Tiefpreise machen kann. Für sein Geld bekommt man immerhin ein traumhaft schönes Cover und ein gut verarbeitetes Büchlein, das in die Sammlung jedes Christoph Marzi Fans gehört und auch sonst nicht nur für Musicalbesucher zu empfehlen ist.


Fazit

„Phantasma“ ist ein modernes Märchen über den Preis des Erfolges, das Christoph Marzi in seiner Novelle auf eine berührende und traumhafte Art und Weise inszeniert. Ein nachdenklicher, geradezu poetischer und leider auch viel zu kurzer Lesegenuss.


Pro & Contra

+ authentischer Protagonist
+ wunderbar atmosphärischer Stil
+ berührend und nachdenklich

- viel zu kurz für den Stoff, den die Geschichte bietet

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3/5


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