Beltz (März 2009)
Broschiert, 240 Seiten, 7,95 EUR
ISBN: 978-3-407-74120-2
Genre: düstere Phantastik-Anthologie
Klappentext
Achtzehn schwarz-romantische Geschichten – düster und ungeheuer faszinierend
Markus Heitz, Tobias O. Meißner, Christian von Aster, Maike Hallmann, Christoph Hardebusch, Jörg Kleudgen und viele weitere bekannte Autoren aus der Gothic- und Fantasy-Szene erzählen von Vampiren, Liebe und Tod, Werwölfen, mysteriösen Begebenheiten und finsteren Endzeitvisionen.
Rezension
Die vorliegende Anthologie ist vor allem auf junge Leser zugeschnitten, spielen doch in vielen Texten Teenager die Hauptrolle. Die Autoren widmen sich dabei sowohl düsteren Themen und dunklen Kreaturen, als auch den Problemen, die junge Menschen, hier vor allem Gothics und Außenseiter, durchleben müssen. Sei es Realitätsverlust durch Rollenspiele, Mobbing, die erste große Liebe oder auch Rebellion gegen die Eltern. Möglichkeiten zur Identifikation mit den jeweiligen Protagonisten sind also zur Genüge gegeben. Auffallend positiv ist auch, dass hier die Mischung zwischen schwarz gekleideten und düster geschminkten Protagonisten und ganz „normalen“ stimmt. Da es den Rahmen der Rezension sprengen würde, alle Geschichten inhaltlich zu erörtern, hier nur eine kleine Auswahl:
Mit „Lilith“ steuert Maike Hallmann die erste Geschichte zur Anthologie bei, die den geneigten Leser auf die folgenden einstimmen sollte. Und tatsächlich bietet „Lilith“ genau das, was der Titel der Anthologie verspricht: In den anfänglich normal erscheinenden Schulalltag schleichen sich mehr und mehr Merkwürdigkeiten, die sich in einem wahrhaft düsteren Ende offenbaren.
„Schattenspiel“ von Markus Heitz punktet mit einer düster-romantischen Atmosphäre, die ihren Zauber zwischen gruseligen Erlebnissen in einer heruntergekommen Unterführung offenbart. Insgesamt etwas klischeehaft, aber stilistisch und emotional gekonnt umgesetzt.
Die Protagonistin in Malte S. Sembtens Geschichte ist „Eine halbe Stunde zu früh“ bei ihrem neuen, mysteriösen Nachhilfelehrer und muss Bekanntschaft mit einem seiner Feinde machen. Ihre anfängliche Trotzigkeit bröckelt dahin und offenbart das junge Mädchen, das sie doch noch ist.
Michael Tillmann kreiert mit „Der Hafenwirt und seine merkwürdigen Gäste“ eine Gruselgeschichte, die rau wie das Meer ist, aus dem ihre Kreaturen stammen. Eine düstere Hafenspelunke bildet den Schauplatz einer wunderbaren Erzählung mit schwarzem Piraten- und Geistercharme.
In „Amatha“ von Tobias O. Meißner erlebt der geneigte Leser eine groteske Form der Körperkunst, die den Hintergrund zu einer Geschichte über jugendliche Verwirrungen und Freundschaft darstellt. Eine originelle Idee, die in Ermangelung an Authentizität leider nicht gänzlich überzeugt.
„Einzelgänger“ von Christoph Hardebusch erzählt von Einsamkeit und dem Gefühl, nicht in diese Welt zu gehören. Sein Protagonist muss einige Bösartigkeiten seiner Mitschüler erdulden, doch er findet Trost in der Natur, die sich ein altes Fabrikgelände zurückerobert. Zudem verändert eine interessante Begegnung sein Leben …
Boris Hillen quält seinen Protagonisten in „Avezzano“ mit bizarren Visionen, die schreckliche Ereignisse voraussagen. Der historische Flair, der sich auch im Stil spiegelt, rundet die Geschichte zu einem schaurigen Lesevergnügen ab.
„Gothic – Dark Stories“ bringt auf 240 Seiten ganze 18 Kurzgeschichten unter, wodurch jedem Autor nur wenige Seiten für die Inszenierung seiner düsteren Geschichte bleiben. Den meisten gelingt das auch ganz gut – ihre Beiträge sind originell und überzeugen durch unvorhersehbare Handlunsgverläufe und einfühlsame Charakterdarstellung. Andere hingegen schaffen es nicht, Spannung aufzubauen und so verpuffen an für sich gute Ideen in blasser Effekthascherei, die nach der Lektüre des Buches in Vergessenheit gerät. Dabei vermisst man schlichtweg die Begeisterung des Schreiberlings hinter der Geschichte. Auch sollten erwachsene Leser sich gut überlegen, ob sie zu dieser Anthologie greifen wollen, denn sie man merkt ihr deutlich an, dass die Geschichten für junge Leser geschrieben sind. Wobei man auch hier etwas mehr Glaubwürdigkeit hätte erwarten können.
Die Aufmachung ist wie auch bei „Gothic – Dark Lyrics“ sehr gelungen, wird jedoch auch hier durch das intensiv orange Verlagslogo getrübt. Das Cover kommt in düsterer Glanzoptik daher und wartet mit einem schönen Reliefdruck auf. Der Preis ist dabei nahezu unschlagbar und verführt vielleicht auch eingefleischte Romanleser, mal zu einer Anthologie zu greifen.
Fazit
„Gothic – Dark Stories“ bietet eine abwechslungsreiche Sammlung düsterer Kurzgeschichten, die vor allem junge Leser begeistern kann. Leider springt der Funke jedoch nicht bei allen Geschichten über, denn so manch originelle Idee scheitert an ihrer Umsetzung.
Pro & Contra
+ abwechslungsreich
+ mysteriös, düster und schaurig
+ teilweise einfühlsame Charakterdarstellung
o thematisch auf junge Leser zugeschnitten
- manche Geschichten sind spannungsfrei
- teilweise unglaubwürdig
Wertung:
Handlung: 2,5/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 3,5/5
Rezension zu "Gothic - Dark Lyrics"
Rezension zu "Die Werwölfe" (Christoph Hardebusch)
Rezension zu "Die Legenden der Albae" (Markus Heitz)
Rezension zu "Drachenkaiser" (Markus Heitz)
Interview mit Markus Heitz (Dezember 2008)
Interview mit Christoph Hardebusch (Juni 2008)