Christoph Weidler von FantasyGuide (29.12.2009)

Interview mit Christoph Weidler von FantasyGuide

Literatopia: Hallo Christoph! Stell Dich doch bitte kurz unseren Lesern vor. Wer steckt hinter dem eZine FantasyGuide?

Christoph Weidler: Hi, soviel Interessantes gibt es über mich nicht zu sagen. Ich bin 42 Jahre alt, seit einigen Jahren im Bereich Phantastik unterwegs und leite das eZine FantasyGuide.de Doch hinter FantasyGuide stecke nicht nur ich, sondern auch noch ein Stamm von festen und freien Redakteuren die zusammen mit mir unser eZine inhaltlich gestalten.

Literatopia: Wie bist Du zu FantasyGuide gekommen? Hast Du die Seite ins Leben gerufen oder hast Du sie übernommen? Wann und wie ist FantasyGuide überhaupt entstanden?

Christoph Weidler: FG hat zwei Ursprünge, aus denen dann das eZine entstand. Ein Ursprung war ein Forum, das ich damals betrieben hatte und indem ich mich mit Gleichgesinnten über das Thema phantastische Literatur ausgetauscht hatte. Der andere Ursprung war das Fehlen einer breit gefächerten Phantastikseite. Ich war nicht nur begeisterter Leser phantastische Literatur, sondern auch ein großer Fan von Fantasy-Rollenspielen und Brettspielen. Mich hatte es einfach genervt, je nach Thema immer von einer Homepage zur anderen springen zu müssen, da die meisten sich auf ein Thema spezialisiert hatten. Ich suchte eine Seite, die neben der Basis der Phantastik auch ein Blick in die Randgebiete gestattete und so formte sich der Gedanke zum FantasyGuide und dem dahinter stehenden Konzept.

Literatopia: Warum gerade Phantastik? Und habt Ihr bei FantasyGuide einen Schwerpunkt, z.B. High Fantasy?

Christoph Weidler: Das ist einfach zu beantworten. Phantastik ist einfach das Thema, welches uns am meisten interessierte und auch bis heute noch fest in seinen Klauen hält. Einen direkten Schwerpunkt haben wir bei FG nicht, nein, wir haben eine große Bandbreite, welche sich mittlerweile nicht nur rein auf Phantastik versteift.

Literatopia: Dieses Jahr habt Ihr für FantasyGuide den Deutschen Phantastik Preis erhalten. Was bedeutet Euch dieser Publikumspreis? Und habt Ihr schon im Vorfeld mitbekommen, dass Eure Leser kräftig für Euch voten?

Christoph Weidler: Der Preis kam sehr überraschend. Wir waren zwar auch in den letzten Jahren schon nominiert gewesen, aber am Ende lagen wir dann weiter hinten. So hatte auch in diesem Jahr niemand bei uns ernsthaft mit dem Gewinn des DPP geliebäugelt. Umso größer war unsere Freude als wir erfuhren, dass wir dieses Jahr den Preis gewonnen hatten. Für uns ist es ein großes Dankeschön seitens der Leser und zeigt uns, dass unsere Arbeit den Leuten gefällt und Freude bereitet.

Literatopia: Derzeit gibt es bei Euch ein Special zum Deutschen Phantastik Preis 2009, in dem Ihr in den nächsten Monaten alle Gewinner vorstellt. Wer war Deine persönliche Überraschung dieses Jahr? Und wen hättest Du gerne mit dabei gehabt, der leider nicht nominiert war?

Christoph Weidler: Hm, eine richtig große Überraschung gab es bei den Gewinnern aus meiner Sicht nicht, aber es sind viele sehr interessante und gute Autoren nominiert worden. Es gibt sicherlich noch einige, die es aus meiner Sicht endlich mal verdient hätten, aber man kann nicht alle nominieren und die Geschmäcker der Leser sind ja zum Glück sehr unterschiedlich.

Literatopia: Was gehört für Dich in eine gute Rezension? Auf welche Punkte bemühst Du Dich als Rezensent immer einzugehen?

Christoph Weidler: Neben einer kurzen Inhaltsangabe finde ich es sehr wichtig, wenn der Rezensent bei seiner Besprechung auf die positiven wie auch negativen Aspekte in dem jeweiligen Werk eingeht, diese kurz begründet und das Buch, wenn möglich, am Rande mit anderen früheren Werken des jeweiligen Autoren vergleicht. Das Ganze sollte dabei sachlich und objektiv sein, wobei eine Objektivität bei einer Rezension seitens des Rezensenten natürlich nur bedingt möglich ist, da er hier selbstverständlich auch durch seinen persönlichen Geschmack in seiner Rezension beeinflusst wird.

Literatopia: Hattet Ihr schon einmal Konflikte mit Verlagen, z.B. weil diese mit einer negativen Rezension nicht einverstanden waren? Und wie geht Ihr mit solchen Verlagen um?

Christoph Weidler: Solche Konflikte gibt es zum Glück selten, wobei es hier eigentlich nicht die Verlage, sondern eher die Autoren sind, die mit einer negativen Kritik nicht immer einverstanden sind. Da gab es schon Androhungen von Abmahnungen oder Klagen, usw. Im Grunde kann man dem ruhig entgegensehen, denn eine Rezension stellt immer eine freie Meinungsäußerung dar und solange die nicht persönlich angreifend ist, darf sie so bestehen bleiben. Sinniger wäre es, wenn entsprechende Rezensionen von den Autoren, auch wenn es mitunter schmerzhaft ist, aufgenommen und hinterfragt werden, ob an dem einen oder anderen negativ gezeigten Punkt nicht doch etwas Wahres dran ist und man sich dem annimmt, um sich als Autor zukünftig noch mehr zu verbessern. Doch nicht jeder kann mit negativer Kritik umgehen, und wir lassen uns in den seltenen Extremfällen auch nicht lange auf eine Diskussion ein, sondern nehmen dann die entsprechende Rezension bei uns raus und behalten uns vor, zukünftig auf FG keine weiteren Werke der jeweiligen Autoren mehr vorzustellen. Man darf nämlich nicht vergessen, wir machen FG nebenbei in unserer Freizeit und dafür lohnt es sich nicht immer, auf sein Recht zu bestehen und sich dafür dann die nächste Zeit sich mit Anwälten und Gerichten auseinander zusetzen.

Literatopia: Du führst regelmäßig Interviews mit Autoren. Werden diese immer über Mail abgewickelt oder hattest Du schon des Öfteren die Gelegenheit, Deine Interviewpartner persönlich zu treffen? Welches Interview war Dein persönliches Highlight dieses Jahr?

Christoph Weidler: Wir wickeln unsere Interviews zu 95% per Email ab, aber hin und wieder gibt es auch einmal die Gelegenheit zu einem persönlichen Treffen mit dem Gesprächspartner, welches wir dann auch gerne, sofern möglich, nutzen. Ein persönliches Highlight hatte ich dieses Jahr nicht, da ich in diesem Jahr leider nicht dazu kam, selbst ein Interview durchzuführen. FG wird immer größer, so dass sich meine Arbeit leider immer mehr vom redaktionellen auf den organisatorischen Bereich verlegt. Ich hoffe, das ändert sich irgendwann wieder.
Die Arbeit bei FG verteilt sich auf mehrere Schultern, so leitet Ralf Steinberg bei uns die Bereiche Filme, Musik und Hörbücher, Christel Scheja den Bereich Rollenspiele, Michael Schmidt den Bereich Kurzgeschichten und ich die Bereiche Literatur, Comics, PC-/Konsolenspiele und Brettspiele. Trotzdem ist es immer noch viel Arbeit, sodass wenig Zeit für anderes bleibt, zumal Familie und Freizeit ja auch nicht zu kurz kommen sollen.

Literatopia: Hast Du ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass Phantastikautoren offener sind als beispielsweise Belletristikautoren? Sprich, dass sie verstärkt den Kontakt zu ihren Fans suchen? Woran liegt das Deiner Meinung nach?

Christoph Weidler: Nein, das sehe ich eigentlich nicht so. Ich denke das hängt eher an der Persönlichkeit des Autors als am Genre. Douglas Preston ist hier gutes Beispiel. Obwohl äußerst erfolgreich als Autor vieler Thriller war er sofort für ein Interview zu haben, andere Autoren wieder nicht und das auch im Phantastikbereich. Ebenso habe ich die Erfahrung gemacht, dass deutsche Autoren, egal welches Genre, eher zu einem Gespräch bereit waren, als Autoren aus z.B. den USA oder England. Hier ist der Bezug zwischen Autoren und Lesern innerhalb der Grenzen eventuell einfach stärker, als wenn zwischen Lesern und Autor Kontinente liegen.

Literatopia: Bei „Medien“ gibt es bei Euch eine Rubrik zu „Phase X“, einem Phantastik-Magazin. Unter anderem gehörst Du zu den Herausgebern. Kannst Du uns mehr darüber erzählen?

Christoph Weidler: Ja gerne, „Phase X“ ist ein Printmagazin, in dem wir jeweils ein Schwerpunktthema umsetzen. Es erscheint im Atlantis Verlag von Guido Latz. Die aktuelle Ausgabe 6 handelte von „Außerirdische, Fabelwesen und Dämonen“. Nächstes Jahr dürfen sich die Leser auf „Phantastisches für die Ohren“ freuen. „Phase X“ bietet neben Artikel, Interviews und Rezensionen zur phantastischen Literatur auch ein Blick auf passende Themen aus den Bereichen Film, Comic und Spiele. Ausgabe 7 hat zusätzlich einen Schwerpunkt auf den Markt der Hörbücher und – spiele.

Literatopia: Bei Euch gibt es zudem die Onlineheftserie „Darkener“. Die Beschreibung auf FantasyGuide ist relativ vage – was genau ist „Darkener“? Welche Idee steckt dahinter?

Christoph Weidler: Ja, die Beschreibung der Online-Heftserie "Darkener" ist vage und soll es auf der Website auch bleiben. Es würde auch an dieser Stelle zu weit führen, weiter und tiefer darauf einzugehen. Doch ein wenig kann ich schon noch dazu sagen.
"Darkener - Mystery Division" spielt in der Zeit der "Föderation Alliierter Planeten", einem Bund aus zahlreichen Welten. Wie überall in einem Staat, so gibt es auch innerhalb der FAP ein paar, die sich auf Kosten anderer bereichern oder ihre Machtposition ausbauen wollen. Sie verdanken es ihrem Reichtum oder ihrer Macht, dass sie sich vor Strafverfolgung sicher glauben. Darum kümmert sich dann Darkener ...
Die Idee hinter "D-MD" ist einfach. Es soll eine Heftserie mit all deren Stärken und Schwächen sein. Mit vielen Klischees und vielen Trivialitäten. So ist "D-MD" konzipiert. Gigantische Raumschlachten, mysteriöse Rätsel, uralte Geheimnisse, Invasionen und dergleichen wird der Leser vergeblich suchen. Sie spielt im weitesten Sinne im Agenten-Genre und ist sicher beeinflusst von Klassikern wie "Dominic Flandry" von Poul Anderson oder "Lucky Starr" von Isaac Asimov. Die Serie soll unterhalten, nicht mehr und nicht weniger, auf eine einfache, durchaus triviale Art.
Aus verschiedenen Gründen kam "D-MD" im Jahr 2009 etwas zu kurz, in 2010 wird es jedoch alle zwei Monate einen neuen Band geben.

Literatopia: Euer Forum ermöglicht Euch den direkten Kontakt mit Euren Lesern. Wie wichtig ist Dir persönlich dieser Kontakt?

Christoph Weidler: Ich denke die Möglichkeit für einen Austausch ist immer wichtig, doch das läuft weniger über das Forum, denn da tauschen sich die Besucher direkt untereinander aus. Die meisten Fragen und Anmerkungen kommen per Email.

Literatopia: In besagtem Forum gibt es einen Bereich für die Fantasy-Romanserie „Saramee – Stadt der Vertriebenen“, die Du herausgibst. Worum geht es in dieser Reihe? Und wie ist sie entstanden?

Christoph Weidler: „Saramee“ ist eine Romanreihe, in der unterschiedliche Autoren in teils langen wie auch teils kurzen Geschichten, die Schicksale und Erlebnisse einzelner Protagonisten aus der Stadt „Saramee“ erzählt werden. Vom Konzept her also ähnlich wie Asprins „Freistatt“ Reihe, aber hier mischen sich die Ideen deutscher Autoren aus den Genre Fantasy, Horror und SF und sie erzählen hier ihre Fantasystorys mit den Abenteuern ihrer Protagonisten und dem Hintergrund der Stadt Saramee.
Die Serie erscheint wie „Phase X“ im Atlantis Verlag. Die ersten elf Bände waren Kurzromane jeweils eines Autors. Die drei dickeren Bände, die folgten, sind Anthologien, also Geschichtensammlungen verschiedener Autoren. Geplant ist es, jedes Jahr eine Anthologie herauszubringen und hier und da einen Sonderband. „Das Glück Saramees“ ist dieses Jahr zum Bucon erschienen und bietet den bekannt bunten Mix an Sarameegeschichten.
Interessierte finden mehr Infos auf http://www.saramee.de

Literatopia: FantasyGuide hat eine Extrarubrik für „Fanfiction“ – diese werden ja durchaus kritisch, gar als „minderwertige“ Literatur betrachtet. Und es gibt sogar Autoren, die öffentlich bekennen, keine Fanfictions zu wünschen. Was hältst Du persönlich von Fanfiction / Fanart?

Christoph Weidler: Hm, also ich persönlich lese zwar keine Fanfiction, aber sie nun als minderwertige Literatur zu betrachten sehe ich als nicht korrekt an. Immerhin, es ist nicht lange her, da wurden und werden teilweise heute noch immer Romane aus dem phantastischen Bereich von Autoren aus anderen Genre als „minderwertige“ Literatur betrachtet. Dabei haben phantastische Romane bei den Lesern ihren festen Stellenwert erreicht und sind aus dem Regalen der Buchhandlungen nicht mehr wegzudenken. Außerdem gibt es auch viele renommierte Autoren die sich offen zu Fanfiction bekennen, so ist die Autorin Tanja Kinkel Fanfiction-Fan und hat auch selbst Fanfiction geschrieben. Außerdem gibt es so viele Romane zu Film- und Fernsehserien, sei es Star Wars, Star Trek, Indiana Jones, Blade, Underworld, usw. Alles Romane welche die Fernseh- oder Kinostory neben den filmischen Geschichten weitererzählen – also doch auch irgendwie Fanfiction, oder nicht?

Literatopia: Hast Du eine Lieblingsrubrik bei FantasyGuide? Auf welche Artikel wartest Du immer gespannt?

Christoph Weidler: Meine Lieblingsbereiche sind die Interviews und Spezials, denn ich lese gerne auch immer etwas über den Hintergrund, den z.B. ein Autor zu seinem Werk hat.

Literatopia: Was liest Du persönlich gerne? Treibst Du Dich in allen phantastischen Genres herum oder hast Du klare Favoriten? Und bist Du auch manchmal in nicht-phantastischen Gefilden unterwegs?

Christoph Weidler: In der Phantastik sind Funny-Fantasy und phantastische Jugendliteratur meine Steckenpferde, aber neben dem lese ich auch begeistert Thriller und am liebsten wäre mir, aber das gibt es leider nur selten, eine gelungene Mischung aus Thriller und Fantasy.

Literatopia: Hast Du Dich selbst schon an Geschichten, vielleicht ganzen Romanen versucht?

Christoph Weidler: Versucht ja, und ich werde es sicherlich auch weiter versuchen, doch wenn dann wohl mehr für die eigene Schublade anstatt mit dem Ziel einer Veröffentlichung. Meine Qualitäten liegen eher in der redaktionellen wie auch organisatorischen Arbeit als beim Schreiben von Geschichten.

Literatopia: Habt Ihr bei FantasyGuide besondere Pläne für 2010? Neue Rubriken, Specials etc.? Etwas, worauf Eure Leser unbedingt ein Auge haben sollten?

Christoph Weidler: Besondere Pläne für 2010 haben wir nicht, denn bei uns entsteht immer vieles spontan und aus der Situation heraus. Aber ich bin mir sicher, es wird 2010 auch wieder so manches sehr interessante Spezial bei uns zu finden sein. Sehr interessant, denke ich, ist die neue Reihe "Publish it", welche Markus Mäurer und ggf. auch Torsten Scheib bei uns umsetzen, in der Bücher vorgestellt werden, welche bisher noch nicht in Deutschland verlegt wurden. Die Idee stammt aus einem Redakteurstreffen auf dem Bucon. Man sieht, im Fantasyguide ist immer Bewegung.

Literatopia: Vielen Dank für das Interview, Christoph!

Christoph Weidler: Ich danke für das schöne Gespräch!


Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten!