Genre: High Fantasy
Klappentext
AUSGEZEICHNET MIT DEM WOLFGANG-HOHLBEINPREIS-2008
Es ist ein fragliches Gleichgewicht, das Kryson regiert: der Wechsel zwischen Tag und Nacht, zwischen Licht und Schatten, der Ausgleich zwischen den magischen Brüdern, die in einen scheinbar ewigen Schlaf versunken sind.
Ein Gleichgewicht, das nachhaltig erschüttert wird, denn die Rachuren, barbarische Chimärenkrieger, überziehen den Kontinent Ell mit Terror und Schrecken. Nur der Magier Sapius weiß die Hinweise zu deuten: Einer der magischen Brüder wird erwachen und das Weltengefüge nachhaltig beeinflussen. Damit ist Kryson in größter Gefahr. Eine Niederlage bedeutet Tod und Sklaverei für das Volk der Klan. Doch was bedeutet ein Sieg?
Rezension
„Wolfgang Hohlbein“ ist für so manchen Bücherkundigen der Inbegriff purer Massentauglichkeit. Seine Geschichten glänzen mit leicht verdaulichem Stil und sprechen durch simple, aber auch wirkungsvolle Themen an. Heikle Experimente, die fragwürdig erscheinen oder gar anstößig wirken könnten, sucht man unter seinen Werken meist vergebens. – Was auch immer man davon halten mag, der Erfolg gibt ihm Recht und zeichnet ihn als einen der erfolgreichsten, deutschsprachigen Autoren aus.
Betrachtet man daher ein Buch, dessen Qualität mit dem begehrten „Wolfgang-Hohlbein-Preis“ ausgezeichnet wurde, erwartet man sich im eigentlichen Sinn die Eigenschaften, die dem Namensgeber des Preises jeher auszeichneten: Massentauglichkeit, flüssiger Lesefluss, bodenständige Ideen und eine allgemein unspektakuläre, doch emotionslastige Umsetzung.
Kryson ist eine Welt voll vergessener Magie und im Gleichgewicht mit sich selbst. – So sagte man, bis der Kampf gegen die Rachuren begann. Seither beherrscht Angst den Kontinent Ell und dessen Völker, die sich unter einem Banner vereinen müssten, um das Unvermeidliche abzuwenden. Doch die Klan, das größte, menschenähnliche Volk Krysons, sind uneins. Magische Verbindungen wie die Bewahrer oder die Ornas neutral und sich dem Willen der Zeit nicht fügend. Während die Bewahrer jedoch zumindest versuchen, als Vermittler zu fungieren, begreift der Saijkalsan Sapius, dass mehr bevorsteht als eine vernichtende Schlacht, sollten die lagernden Heere am Ryhin tatsächlich in den Kampf ziehen.
Wer Erwartungen à la Wolfgang Hohlbein hegt, wird mit Kryson eine Enttäuschung in den Händen halten, denn Bernd Rümmelein geht gänzlich andere Wege. Und diese wirken auf den ersten Blick alles andere als allgemeintauglich. Im Gegenteil: Betrachtet man den Beginn des Romans, so ist dieser vorwiegend schwierig gestaltet, fast wirr, aber durchdacht. Kurz gesagt: Anspruchsvoll. Schnell wechselt der Autor zwischen den vorhandenen Charakteren, erzählt oftmals allwissend und im altmodischen Stil. Ein Umstand, der alles recht episch und überzeichnet klingen lässt. Diese Zutaten sind zwar passend gewählt und verleihen eine annehmbare Atomsphäre, erschweren jedoch ein lockeres und flüssiges Lesen enorm, denn Bernd Rümmelein gefällt sich zu sehr in der Rolle des Erzählers, auch wenn er in dieser scheinbar seine Passion gefunden hat. Zu wenig Hintergrund wird tatsächlich gezeigt oder dem Leser durch ein aktives Erleben näher gebracht, um tatsächlich berühren zu können. Zumindest anfänglich. Erst im weiteren Verlauf der Handlung entwickelt sich das Eigenleben der Charaktere spürbarer und damit auch ein fortlaufender Lesefluss, der dem Leser einen besseren Zugang erlaubt.
Ist das einmal geglückt (Durchhaltevermögen gefragt), geht es tatsächlich besser voran, obwohl sich immer noch sehr viel Zeit gelassen wird. Gemeinsam mit den Protagonisten Lordmaster Madhrab, Saijkalsan Sapius und der Orna Elischa erlebt man das Umfeld des Rayhin und die Bedrohung der, in ihrer Schlagkraft beinahe unschlagbaren, Rachuren. Diese verhalten sich – trotz des immer wieder betonten Gleichgewichtes und der angeblich vorhandenen Graustufen – durchwegs sadistisch und grausam. Ihr Eroberungszug hat nichts mit ehrbaren Zielen gemein. Sie morden, plündern, vergewaltigen und foltern, wie es gerade passt, und bieten damit das Gegenstück zur Kultur der Klan.
Die menschenähnlichen Klan-Völker mögen, verglichen mit ihren zähen und kriegswütigen Feinden, zwar keine friedliebenden Heiligen sein, doch sind sie zumindest von edlerer, auch furchtsamerer Gesinnung. Lordmaster Madhrab, den man bald als ihren Führer erlebt, lernt man als Idealisten kennen, der sich jedoch nicht scheut, auch einmal besonders hart zuzuschlagen. Von allen anderen Protagonisten ist er der sympathischste Held dieses Buches. Neben seinem geduldsamen Charme und dem doch durch seine Erziehung unschuldigen Schimmer blanker Unerfahrenheit im Umgang mit Frauen, besticht er vor allem durch seine Macht, die ihn trotz dem Fehlen von Überheblichkeit unnahbar, doch ab und an auch menschlich wirken lässt. Dennoch und vor allem deswegen ist der Leser mit ihm bald unzufrieden. Denn bedenkt man dieses doch seitenstarke Buch, so hätte man sich von einem so starken, vielversprechenden Charakter wie Madhrab mehr erwartet. Vor allem was die Entwicklung anbelangt, die bei fast allen Protagonisten hätte etwas prägnanter sein können.
Ein Eindruck, der vermutlich dem zu ausführlichen Erzählen zu Grunde liegt. Bernd Rümmelein hat es zwar generell geschafft, die Schlachtvorbereitungen und den Kampf selbst in ein gutes, lesenswertes Licht zu rücken, doch sich dabei fast zu sehr auf den guten Willen des Lesers verlassen. Es hätte mehr enthüllt und gefesselt, dafür aber an Hintergrunddetails gespart werden dürften.
Fazit
„Kryson – Die Schlacht am Rayhin“ ist ein einnehmendes Debüt des durchaus begabt wirkenden Erzählers Bernd Rümmelein, der diesen ersten Band als „Basis“ für Folgebände bezeichnet. Und genau so liest sich das über 500 Seiten starke Buch, dessen Schwächen mit dieser Tatsache erklär- und teilweise verzeihbar geworden sind. Neben diesen besagten Mankos bietet der Roman eine Fülle von interessanten Ideen und eine sehr eigenwillige Erzählweise, die durchaus begeistern kann, sobald man sich erst eingelesen hat.
Lesebegeisterte, die auf ein kurzweiliges, schnelles Vergnügen pochen, wie Wolfgang Hohlbein es immer wieder zu bieten weiß, sind hier bestimmt falsch beraten. Kryson ist anspruchsvoll und eher erwachsenen, geduldigeren Lesern zu empfehlen, die sich sehr für phantastische, extrem ausgemalte Welten interessieren, Brutalitäten vertragen und der High Fantasy in keinem Fall abgetan sind.
Pro & Kontra
+ anspruchsvolle High Fantasy
+ bewundernswert ausgearbeiteter Hintergrund
+ Parallelen zur Realität
+ angemessen blutig & brutal
+ ein sich vom Einheitsbrei abhebendes Werk
o oftmals schonungslos
o sehr erzählender Stil
o gehaltvoller Magieanteil
o insgesamt sehr überzeichnet
- trotz allem vorhandene Schwarz- & Weißmalerei
- anfänglich sehr anstrengend
- emotional manchmal platt
Wertung:
Handlung 4 / 5
Charaktere: 3,5 / 5
Lesespaß: 4 / 5
Preis/Leistung: 4 / 5