Racheklingen (Joe Abercrombie)

Heyne (Oktober 2009)
928 Seiten, EUR 15,00
ISBN: 978-3453525221

Genre: Fantasy


Klappentext

Die Söldnerin Monza Murcatto hat alles, was sie sich wünschen kann: einen Geliebten, Geld im Überfluss und hohes Ansehen unter den Bewohnern Styriens. Dem Großherzog jedoch ist dieser Erfolg ein Dorn im Auge, und so lässt er sie kurzerhand beseitigen – denkt er. Denn Monza überlebt das Attentat wie durch ein Wunder und gemeinsam mit ihren Verbündeten, einem gedungenen Giftmischer und einem Barbaren, der unbedingt ein besserer Mensch werden will, macht sie sich auf einen gnadenlosen Rachefeldzug ...


Rezension

Beinahe drei Jahre sind seit dem Erscheinen von Kriegsklingen vergangen. Ein Debütroman, der nicht nur überzeugen konnte, sondern geradezu meisterliche Fortsetzungen in Feuerklingen und Königsklingen fand. Wer es damals verpasste, mit Jezal, Glokta und Logan die bunt ausgemalte Welt Joe Abercrombies gehörig auf den Kopf zu stellen, der bekommt nun mit „Racheklingen“ eine neue Möglichkeit. Ein Roman, der entgegen aller Erwartungen die beliebte Trilogie nicht fortsetzen, aber durch neue Charaktere begeistern wird.

>> Für einen guten Feind wähle man sich einen Freund:
Er weiß, an welcher Stelle er zuschlagen muss. << Diane De Poitiers

Monza, die Schlange von Talis, ist auf der Suche nach Rache. Für sich und für ihren Bruder. Nichts und niemand würde sich zwischen sie und den brennenden Wunsch, ihren ehemaligen Dienstherrn Herzog Orso und dessen gefräßige Meute umzubringen, stellen können. Im Gegenteil: Ihr brennender Wunsch bringt ihr bald mehrere Gefährten ein, die sich für ihren Auftrag gut bezahlen lassen: Ein Nordmann, der auf der Suche nach einem besseren Leben ist, ein eitler Giftmischer samt Lehrling, ein ehemaliger Häftling mit einer Vorliebe für Zahlenspiele, eine ehemalige Inquisitorin und der berühmt-berüchtigte Nicomo Cosca. - Sieben hochrangige Landsmänner gilt es zu töten, an die eigentlich kein Herankommen ist ...

„Der Graf von Monte Christo“ meets Joe Abercrombie

Möchte man den neuen Klingen-Roman mit den vorangegangenen vergleichen, so wird man feststellen, dass sich für Joe Abercrombie nichts verändert hat. Er schreibt immer noch im gleichen Stil, verfolgt wirre Ideen und liebt es, seine Charaktere mit dem Rücken an die Wand zu stellen. Gerade letzteres schafft er wieder bravourös. Dabei gelingt ihm auch die eine oder andere Überraschung, die dem Gesamtwerk etwas Originalität und Tiefgründigkeit verleiht.

Eigenschaften, die man in der Handlung vergeblich suchen wird. Denn ähnlich wie schon in der Klingen-Trilogie spricht „Racheklingen“ nicht mit ausgeklügelten Handlungssträngen an. Zumindest nicht mit solchen, die im ausgebrochenen Wettstreit um Neuideen von Bedeutung wären. Im Gegenteil, der Autor besinnt sich erneut auf das Wesentliche und dies ausgesprochen gut. Er baut Spannung auf, setzt seine herrlich absonderlichen und interessanten Charaktere gekonnt in Szene und bietet darüber hinaus moralische, aber auch anstößige Kehrtwenden, die es oftmals in sich haben und fähig sind, den Leser über längere Zeit zu beschäftigen. Und genau diese lassen den neuen Klingenroman wieder einmal zu einer kleinen Besonderheit werden, die sicherlich nicht jeden begeistern oder gar überzeugen kann. Denn weder darf der Leser prüde und empfindlich noch leidenschaftlich gerechtigkeitsliebend sein. Dafür tobt sich der Autor zu sehr aus und braucht daher nach einem toleranten, abenteuerlustigen Leser, der gewillt ist, sich auf den Autor einzulassen und nicht Gegenteiliges verlangt.

Wem das gelingt, der wird – wenn sarkastisch veranlagt – seine helle Freude an "Racheklingen" haben und kaum fähig sein, es aus der Hand zu legen. Neueinsteiger aber auch Abercrombie-Fans kommen dabei auf ihre Kosten, dürfen vieles entdecken und sich einmal (mehr) fragen: Ist Joe Abercrombie nun verrückt, oder einfach nur absolut genial?


Fazit

Wer an Alexandre Dumas Kultgeschichte „Der Graf von Monte Christo“ Gefallen gefunden hat, wird sich in „Racheklingen“ an diese erinnert fühlen. Denn der Autor schafft es, die altbeliebte Geschichte um Vergeltung in einem neuen, aber nicht minder interessanten Licht in Szene zu setzen und bündelt diese mit seinem ganz eigenen, oft auch geschmacklosen aber irrwitzigen Charme.

Fantasy-Fans, die es nach rauer, erdiger Lektüre verlangt, in der man das Blut ebenso schmecken wie bissige Kommentare hören kann, sind hier richtig und werden mehr als nur zufrieden sein.


Pro und Kontra

+ ein echter Pageturner mit unverwechselbarem Sarkasmus
+ sehr gut ausgearbeitete und glaubwürdige Charaktere
+ ein sich vom Einheitsbrei abhebendes Werk
+ Vertiefung der Klingen-Trilogie
+ vielschichtiges Lesegefühl auch ohne Vorwissen
+ (Gastauftritt so mancher Trilogie-Charaktere)

o diplomatisch orientiert
o anspruchsloser, leicht zu lesender Stil
o anstößig, schmutzig & verdorben

- Charakterentwicklung von Monza zu schwach

Bewertung:

Handlung: 4,5 / 5
Charaktere: 5 / 5
Lesespaß: 4,5 / 5
Preis/Leistung: 4 / 5


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Tags: Grimdark, Joe Abercrombie