Ein wenig sterben (Stefan Kalbers)

UBooks, August 2009
173 Seiten, Taschenbuch
Euro 9,95 [D] | 10,30 [A]
ISBN: 978-3866081185


Genre: Anti-Pop


Klappentext

Moral war ein Begriff aus einem vergangenen Jahrtausend. Was man haben wollte, muss man sich holen. Und wer bitte soll entscheiden, was genug bedeutet? Verlass dich auf andere und du bist verlassen. Ich habe gehandelt.

Meine innere Stimme schäumte einen wahnsinnigen Monolog vor sich hin, aber das Flüstern im Hinterkopf wurde lauter: Es geht alles. Man darf sich dabei nur nicht erwischen lassen.

Georg ist erfolgreicher Versicherungsmakler. Er verkauf den Menschen Sicherheit. Doch der Selbstmordversuch seines Freundes Flammer wirft ihn selbst aus der Bahn. Die Suche nach dem Grund für den Selbstmordversuch wird für Georg eine Reise zurück in die gemeinsame Jugend. Als er erfährt, dass Flammers Freundin verschwunden ist, wird die Suche nacht Antworten ganz schnell zur Suche nach Leben.

Rezension

Etwa ein Jahr nach seinem RomanAtmen - Jemand muss atmen!“ präsentierte Stefan Kalbers „Ein wenig Sterben“ und damit ein Buch über einen ganz gewöhnlichen Mann. Einen namens Georg. Georg, der Single. Georg, der erfolgreiche Versicherungsmakler. Und Georg, der Stecher, der keine Frau lange halten kann und diesen Umstand akzeptiert. Warum auch nicht? Schließlich gilt: Wo keine Luft drin ist, ist sie eben raus. Was nützt es denn da, sich nach dem Warum zu fragen? Schließlich lässt die Welt sich nicht verformen. Auch dann nicht, wenn man weiß, dass sie eine Kugel ist.

Georg, der ebenso klug wie berechnend ist, weiß aber noch viel mehr. Ihm ist bekannt, dass die Straßen voller Unrat, Frauen voller Geheimnisse (die sie lieber für sich behalten sollten) und Jugendliche voller Dummheit sind. Dass man selbst mal zu denen gehört haben soll, hängt einem zwar im Hinterstübchen, muss jedoch verdrängt und ignoriert werden. Wenn das nicht gelingt, folgt zwangsläufig Selbstmitleid. Denn wer gesteht sich schon gern ein, immer älter zu werden? Georg zumindest nicht. Sein Leben heißt Alltag. Und dieser hat die aufregenden Sünden seiner Jugend bereits weit hinter sich gelassen. Jetzt und in einem Alter, in dem man weder in Sachen Musik oder Freizeitkultur auf dem neuesten Stand ist, ist allein eines wichtig: Erfolg. Danach kommt lange nichts und dann Fertigfutter, Fernsehen und Kräfte tanken für einen neuen, anstrengenden Tag, um Fremden das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Was für ein bedeutsames Leben ...

Stefan Kalbers Roman ist nicht unbedingt einer der spannendsten, die man zu lesen bekommt, doch immerhin ansprechend ehrlich und interessant. Der Autor schafft es, dem Leser ein ehrliches Bild der Charaktere zu bieten. Ein ehrlich alltägliches. Georg als Protagonist ist nichts Besonderes. Er ist unehrlich, wenn er muss, und denkt, dass es besser für ihn ist, hat einen Hang zum Pessimismus und ist von dem Selbstmordversuch seines Freundes bald aus der Bahn geworden. Dabei denkt er jedoch eher großspurig an sich selbst und an seine plötzlich aufkeimenden Lebenszweifel. Erst nach und nach begreift er die tatsächlichen Konsequenzen der Geschehnisse um ihn herum und beginnt aktiv, das Rätsel um das Verhalten seines Freundes lösen zu wollen. Und so findet sich der Leser bald in einem doch eher langatmigen Erzählen wieder, geschmückt mit kleinen, sprachlichen Höhepunkten. Die Handlung schafft es dabei nicht, völlig mitzureißen, und bleibt hinter den Erwartungen des Klappentextes zurück. Dafür jedoch bekommt der Leser viel sarkastischen Ernst und Lebenswitz geboten.

... oder vielleicht doch nur ein frivoler Witz?

Der einzig wahre Höhepunkt bleibt dabei aber - wie man es auch drehen und wenden mag - das Ende, denn mit den letzten Seiten zieht Stefan Kalbers endlich seinen roten Faden dorthin, wo er hingehört, und fokussiert die Moral der Geschichte, die man hätte schon früher einleiten können: Manchmal ist man erst dann wirklich lebendig, wenn man in den Scherben seines Lebens steht.


Fazit

„Ein wenig sterben“ ist ein kurzweiliger Roman, der zwar lange den Eindruck vermittelt, nichts tatsächlich in den Mittelpunkt zu stellen, gegen Ende jedoch mit ein wenig Genialität noch überzeugen kann. Lebensweisheiten und ehrliche Lacher inklusive.


Pro und Kontra

+ regt durch Ehrlichkeit zum Nachdenken an
+ ein sich vom Einheitsbrei abhebendes Werk
+ einfühlsam & mit gutem Ende

o schmuckloser Stil

- Handlung zu unspektakulär
- etwas emotionslos

Wertung:

Handlung: 3 / 5
Charaktere: 4 / 5
Lesespaß: 3,5 / 5
Preis/Leistung: 4 / 5