Ein König für Deutschland (Andreas Eschbach)



Bastei Lübbe Verlag (September 2009)
gebunden mit Schutzumschlag, 491 Seiten, EUR 19,95
ISBN: 978-3785723746

Genre: Politthriller


Klappentext

„Schwörst du, dass du als König deine ganze Kraft dem Deutschen Volk widmen wirst, um seinen Nutzen zu mehren und Schaden von ihm zu wenden?“
Simon König hob die rechte Hand. „Ich schwöre es.“

Wir schreiben das Jahr 2009. Im Dom zu Aachen soll ein neuer deutscher König gekrönt werden. Und niemand versteht, wie es soweit kommen konnte.
Einmal König sein – die Macht haben, Dinge zu verändern. Mit gesundem Menschenverstand die Welt geraderücken. Was wäre, wenn man tatsächlich plötzlich die Möglichkeit dazu hätte?

Könnten Sie der Versuchung widerstehen?

Kann Simon König es? Die Frage stellt sich ihm, als er in den Besitz eines Computer-Programmes kommt, mit dem sich die Resultate von Wahlmaschinen manipulieren lassen. Was dann geschieht, hätte er sich in seinen wildesten Träumen nicht vorzustellen gewagt…


Rezension

Wieder einmal hat sich Eschbach ein topaktuelles Thema zum Anlass genommen, einen neuen Roman zu schreiben. Diesmal hat er sich auf die sogenannten „Wahlmaschinen“ eingeschossen – Computer, mit deren Hilfe nach Wunsch vieler Politiker zukünftige Wahlen vereinfacht werden sollen.

Dass dies indes keine so gute Idee ist, ja sogar die Demokratie selbst durch Manipulierbarkeit in Gefahr bringt, zeigt Eschbach eindrucksvoll und überzeugend.
Im ersten Teil des Buches begegnet der Leser dem jungen, US-amerikanischen Programmierer Vincent, der damit beauftragt wird, ein Programm für einen republikanischen Senator zu schreiben, mit dem sich Wahlmaschinen beeinflussen lassen. Selbstverständlich nur, wie dieser beteuert, um diese Beeinflussbarkeit zu demonstrieren. Als es dann in der darauf folgenden Wahl zu jeder Menge Ungereimtheiten in Zusammenhang mit Wahlcomputern kommt, sieht sich Vincent mit der Frage konfrontiert, ob sein Programm nicht letztendlich dem neuen Präsidenten, George W. Bush, zu seinem knappen Wahlsieg verholfen hat.

Virtuos verflechtet Eschbach in diesem Teil des Buches Fakt und Fiktion. Denn diese Ungereimtheiten sind tatsächlich aufgetreten; nicht selten kommt der Leser ins Staunen, wenn die unglaublichsten Fakten, mit denen sich Vincent konfrontiert sieht, sich als allzu wahr herausstellen, fein säuberlich zusammengetragen, dokumentiert und in Fußnoten mit den entsprechenden Internetlinks vom Autor vermerkt.
Diese Fußnoten ziehen sich durch das gesamte Buch, enthalten mal Quellen, mal wissenswerte Hintergrundinformationen, und zeugen so von der akribischen Recherchearbeit, für die Eschbach bekannt ist.
Auch der angenehme und eingängige Schreibstil, der ebenfalls zu den Markenzeichen des Autors gehört, trägt zu einem vergnüglichen Lesefluss bei, indem er für jede Gegebenheit präzise die richtigen Worte findet und somit alle Szenen plastisch herüberbringt.

Der Knackpunkt an dem Roman, mit dem alles steht und fällt, ist natürlich die Frage, ob Wahlmaschinen denn wirklich manipulierbar sind, oder ob Eschbach hier nur eine erschreckende Idee auslebt. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass er dieser Frage besondere Aufmerksamkeit widmet um die Brisanz des Romans im realen Leben zu untermauern. Und so scheut er sich auch nicht davor, dem Leser die damit verbundenen technischen Einzelheiten darzulegen. All dies natürlich dem Rahmen eines Buches angemessen, das auch jene lesen, die mit der Materie nicht vertraut sind.
Und das gelingt ihm auch ziemlich gut; allenfalls jene, die sich überhaupt nicht mit dem Thema Computer befassen (möchten), werden daran – wie auch am Rest des Buches - wenig Gefallen finden.

Als Vincents Programm schließlich seinem in Deutschland lebenden Vater, Simon König, in die Hände fällt, weiß der etwas biedere Gymnasiallehrer zuerst nichts damit anzufangen. Erst als er Kontakt zu einer Gruppe junger „Computerfreaks“ aufnimmt und außerdem ans Licht kommt, dass Vincent das Programm dahingehend manipuliert hat, dass, sollte eine Partei mit dessen Initialen als Abkürzung zur Wahl antreten, dieser automatisch 95% der abgegebenen Stimmen zugeschrieben werden, entwickelt die Sache eine gewisse Eigendynamik. Als sie nämlich beschließen, eine Partei mit eben diesem Kürzel zu gründen, um dann bei der nächsten Wahl eindrucksvoll die Fehler bei Wahlcomputern aufzudecken. Und Simon König ist der Spitzenkandidat…

Dies gibt Eschbach die Möglichkeit, interessante Ideen zu politischen Themen entwickeln, die Simon König im Zuge seines „Wahlkampfes“ erörtert. Als „Mann aus dem Volk“ bringt er neue Ansätze abseits eingefahrener politischer Denkweisen und liefert lesenswerte Denkanstöße.
Dabei zeichnet Eschbach ein stimmiges Bild von seinem Protagonisten – als Lehrer, der sich seine eigenen Gedanken macht und nun die Chance bekommt, diese der Öffentlichkeit zu präsentieren. Damit fängt Eschbach sicherlich etwas ein, das in vielen Bürgern steckt und gibt so einen glaubwürdigen Charakter zum Sich-Identifizieren.
Als Gegenpol hierzu schafft er mit Simons Mitstreitern eine sehr eigentümliche Bande von Computercracks und Rollenspielern, die die zweite Hälfte des Romans gehörig aufmischen – ihr aber leider somit auch Authentizität rauben. Denn diese ist teilweise doch sehr abgehoben – „World of Warcraft“-Spieler als Bundestagsabgeordnete, um nur ein Beispiel zu nennen – das geht nun wirklich zu sehr in Richtung Albernheit.

Und auch das Ende kann nicht überzeugen – unmotiviert lässt Eschbach die Geschichte auströpfeln und führt alle Handlungsstränge zu einem gezwungen wirkenden Ausklang.


Fazit

„Ein König für Deutschland“ ist ein topaktueller und spannender Roman über ein wirklich interessantes (unterschätztes) Thema, dem allerdings gegen Ende etwas die Puste ausgeht.


Pro & Kontra

+ interessantes Thema
+ klasse Schreibstil
+ toll recherchierte, in Fußnoten aufgeführte Fakten
+ sympathischer Protagonist

- die eine oder andere Albernheit
- schwaches Ende

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5


Interview mit Andreas Eschbach (August 2008)

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