Verlag: Ullstein, Oktober 2008
TB, 432 Seiten, € 8,95
ISBN: 978- 3548268644
Genre: Krimi
Klappentext
Eine Frau will nur noch vergessen. Ein Mann fühlt sich berufen. Ein Kind verschwindet spurlos. Doch das ist erst der Beginn. Bald jagt Kommissar Konstantin Dühnfort im bayerischen Mariaseeon einen sadistischen Mörder, der die Strafen der Inquisition das Licht der Welt neu erblicken lässt. Unter den Dorfbewohnern geht die Angst um. Einer von ihnen ist der Täter und Dühnfort muss ihn finden, bevor er erneut zuschlägt.
Die Autorin
Inge Löhnig hat an der renommierten Münchner Akademie U5 Grafikdesign studiert. Nach einer Karriere als Art-Directorin in verschiedenen Werbeagenturen hat sie sich mit einem Designstudio selbstständig gemacht. Inge Löhnig wohnt mit ihrer Familie in der Nähe von München. Der Sünde Sold ist ihr erster Kriminalroman, der nächste mit Kommissar Dühnfort erscheint in Kürze.
Rezension
Mit leisen Tönen, einer Sinfonie gleich, beginnt der Krimi Debütroman von Inge Löhnig um ihren Kommissar Konstantin Dühnfort. Ein Kind verschwindet in dem beschaulichen Örtchen Mariaseeon und die Autorin lässt sich viel Zeit mit der Suche und der Einführung aller Charaktere. Hier geht es eben nicht nur um einen Krimi, sondern auch um Charakterstudien und zwischenmenschliche Beziehungen, nicht nur die Tat, der Täter und seine Motive stehen im Vordergrund, sondern auch das Privatleben der ermittelnden Beamten und einiger Menschen in Mariaseeon. Inge Löhnig hat eine wunderbare Art gefunden, diese Symbiose aus spannenden Ermittlungen und menschlichen Abgründen zu verbinden. Unaufdringlich wird auch immer die menschliche Seite beleuchtet, Ermittler sind nicht immer Stereotype sondern auch Menschen wie wir alle, mit ihren Höhen und Tiefen.
Es dauert lange, bis das Crescendo anschwillt, der erste richtige Mord geschieht recht spät. Aber dann geht es Paukenschlägen gleich ohne Atemholen zum Finale. Versierte Krimileser werden wahrscheinlich schon früh einen Verdacht haben, aber die Auflösung geschieht erst am Schluß. Eine Zeugin, die niemand vorher gefragt hat, aus Scham und Unwissen hat lange geschwiegen. Es passiert viel in Mariaseeon, hinter den ordentlichen Bauernhäusern und der Maske der Rechtschaffenheit gibt es Kindesmisshandlung, Geldsorgen und psychische Abgründe. Obwohl das Dorf hilfsbereit sofort eine großangelegte Suche nach dem verschwundenen Kind organisiert, ist es doch Agnes, die durch einen Zufall das Kind wieder findet. Eingeworfen immer wieder die Gedanken des Täters, die erste Hinweise auf die Tatmotive geben. Mal wieder ein recht verkorkster Charakter, dessen Ursprung schon in früher Kindheit gelegt wurde und der es geschafft hat, lange Jahre seine abstrusen Gedanken vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Als dann kurz hintereinander zwei Frauen ermordet werden, ist schnell klar, dass es sich in seinen Augen um Sünderinnen vor dem Herrn handeln.
Agnes ist nach Mariaseeon gezogen, um zu vergessen. Vor noch nicht allzu langer Zeit hat sie bei einem Wohnungsbrand ihren Mann und ihre Tochter verloren. Von Schuldgefühlen zerfressen, da sie an diesem Abend nicht Zuhause war, flüchtet sie in Radtouren, Langstreckenläufen und extremes Schwimmen, am liebsten alles hintereinander. Ihr wird ziemlich viel Raum in der Geschichte gewidmet und man merkt deutlich, dass hinter dem Wohnungsbrand noch viel mehr steckt als ein unglücklicher Unfall.
Die Geschichte lebt von ihren Charakteren. Bayerische Originale, Menschen mit Existenzängsten, Mütter, die um ihre Kinder bangen und einfach Menschen, in deren Privatleben nicht alles zum Besten steht. Wenn wir Konstantin Dühnfort in seine einsame Wohnung begleiten und ihm beim Kochen zuschauen und seine Gedanken über eine Familie teilen, so geschieht das so unaufdringlich, dass es gar nicht weiter stört oder vom Fall ablenkt. Konstantin ist vor seinem Vater aus Hamburg nach München geflüchtet, er konnte den Erwartungen seines Vaters nicht mehr standhalten. Sein Bruder hat den Part des Thronfolgers übernommen, er tritt in die Fußstapfen des erfolgreichen Staranwalts. Nun steht ein runder Geburtstag bevor und Konstantin hadert mit sich, ob er hinfährt oder nicht. Einfühlsam werden seine Gedanken und seine widersprüchlichen Gefühle dargelegt, als er sich auch noch zu Agnes hingezogen fühlt, verzettelt sich alles noch viel mehr.
Fulminant das Ende, in das auch Agnes besonders involviert ist. Aber das Leben und die Geschichte sind nicht mit der Ergreifung des Täters zu Ende, stilgerecht werden auch noch nachfolgende Ereignisse geschildert. Wird Konstantin noch zu seinem Vater fahren? Wie verkraftet Agnes einen schicksalsschweren Brief? Kann sie irgendwann aufhören zu flüchten? Und was passiert noch bei Gina und Alois, seinen beiden Mitarbeitern? Es ist schön, ein neues Team im deutschen Krimihimmel begrüßen zu dürfen.
Fazit
Eindringlich und einfühlsam wird ein neues Team vorgestellt. Und Konstantin, Gina und Alois werden weiter ermitteln. Es sind Menschen mit all ihren Schwächen und Stärken, deren Privatleben oft eine bedeutende Rolle in den Regionalkrimis spielt. Das Nebeneinander von Fall und Menschen ist hier sehr ausgewogen, es ist interessant und fesselnd, sozusagen ein Fall neben dem eigentlichen Fall. Wie gut, dass mit „In weisser Stille“ schon der Nachfolgeband zur Verfügung steht, so kann man nahtlos weiterlesen, wie Konstantin sich neuen Herausforderungen stellt.
Pro und Contra
+ spannend
+ beschauliche Atmosphäre
+ interessante Charaktere
+ gelungenes Nebeneinander von Ermittlung und Privatleben
+ Ermittler ohne Drogen- oder Alkoholprobleme
+ das Leben, nicht der Fall steht im Vordergrund
- manchmal etwas zu beschaulich
- streckenweise etwas langatmig und zu ausführlich
Wertung:
Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5
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