Spür die Angst (Jens Lapidus)

Scherz-Verlag, 1. Auflage Oktober 2009
Originaltitel: Snabba Cash. Hatet Driver Jakten
Aus dem Schwedischen von Antje Rieck-Blankenburg
Taschenbuch, 576 Seiten
€ (D) 14,95 | € (A) 15,40 | SFR 26,90
ISBN: 978-3-502-10193-2

Genre: Stockholme Crime


Klappentext:

Der Nummer 1-Bestseller aus Schweden

Ein Mann will nach oben. Nach ganz oben. Johan Westlund alias JW will mithalten mit seinen neuen Freunden. Mit den coolen Jungs aus der Oberschicht, für die es immer nur aufwärts geht und deren Leben eine einzige Party ist – voll Alkohol, Drogen, Designer-Klamotten und teurer Frauen. Um sich die Nächte mit ihnen leisten zu können, arbeitet JW in den anderen Nächten als Taxifahrer für den undurchsichtigen Abdulkarim. Sein Boss macht JW ein Angebot, das er nicht ablehnen kann: dunkle Geschäfte in Stockholms Unterwelt. Vielleicht kann er nur hier, auf der Nachtseite der Stadt, mit einer anderen Suche erfolgreich sein. JW will seine Schwester finden, die vor vier Jahren nach Stockholm ging. Auf der Suche nach einem besseren Leben, wie ihr Bruder. Dann lernte sie diesen Typen mit dem gelben Ferrari kennen – und ist seither spurlos verschwunden …



Rezension:

In Spür die Angst bekommt man drei verschiedene Handlungsstränge geboten, die anfangs voneinander unabhängig nebenher laufen, um im Laufe des Buches zusammen zu finden und am Ende die Geschichte aufzulösen – mit durchaus ungeahnten Überraschungen, wie letztendlich alles zusammen spielt und wie klein eine Großstadt sein kann.

Zum einen hat man den im Klappentext erwähnten JW, der eigentlich zum Studieren und um seine Schwester zu finden nach Stockholm gekommen ist. Um mit seinem ausgewählten Freundeskreis mithalten zu können, lebt er zur Untermiete, ist sehr sparsam und fährt schwarz Taxi, was in Schweden generell keine Seltenheit ist. Von seinem Boss erhält er dann ein verlockendes Angebot, riecht das winkende Geld, lässt sein Studium schleifen und findet sich plötzlich mittendrin wieder.
Zum anderen gibt es Mrado, der auf der einen Seite ein sorgen- und liebevoller Vater für seine Tochter Lovisa zu sein scheint, auf der anderen Seite aber auch ein knallharter Jugo-Gangster ist und seine Leute fest im Griff hat. Unzufrieden mit der Gewinnaufteilung legt er sich blöderweise mit dem Oberboss der Gemeinschaft an, welcher das natürlich nicht lustig findet und ihm auf seine Weise entgegen tritt.
Und schließlich spielt der gewiefte Jorge eine Rolle, der im Gefängnis einsitzt und seine spektakuläre Flucht plant. Nicht wirklich wissend, was „draußen“ auf ihn zukommt, schmiedet er Pläne, setzt sie um und landet schließlich nach einigen Problemen wieder mit beiden Füßen in dem Leben, das er kannte.

Das Besondere an diesem in Stockholm und Umgebung spielenden Krimi ist, dass sämtliche Handlungen – bis auf wenige Ausnahmen in Form von polizeilichen und richterlichen Protokollen – aus Sicht der Bösewichte geschildert werden. Als Leser bekommt man dadurch eine völlig neue Perspektive und einen neuen Einblick in die oftmals im Grunde unfähigen Beamten, denen die Unterwelt vor und mitunter auch auf der Nase rumtanzt. Es ist spannend und interessant zu lesen, wie direkt vor den Augen der Polizei deren eigenes Projekt ausgehebelt wird. Der Begriff „organisiertes Verbrechen“ bekommt so eine ganz neue Bedeutung und das Ende des Buches wird dadurch sehr unvorhersehbar.

Mit knapp sechshundert Seiten hat Lapidus viel Platz, um auf zahlreiche Details einzugehen. Das kann mitunter sehr langwierig sein, manche Kapitel ziehen sich doch ein wenig hin, während andere in gefühltem Eiltempo zu lesen sind. Besonders anstrengend ist für Schweden- und im Speziellen Stockholm-Nichtkenner die Erwähnung von vielen Stadtteilen und Straßen in der skandinavischen Stadt, sodass einem schnell mal der Kopf qualmen kann und man das Buch zur Seite legen muss. Tatsächlich ist es ratsam, das Buch nicht an einem Stück, sondern mit Unterbrechungen zu lesen und zwischendurch gerne auch mal leichtere Kost zu sich zu nehmen und auf ein anderes Genre zurück zu greifen.
Auch nach solchen Unterbrechungen findet man schnell wieder in die Story und kann dem Verlauf weiter folgen, ohne vorherige Kapitel noch mal lesen oder ein paar Seiten zurückblättern zu müssen. Der Plot an sich ist einfach, doch durch die drei Handlungsstränge wird er zu einem teilweise verwirrenden Knäuel von Informationen, die dem Leser nach und nach die Augen öffnen und kleine, aber relevante Details zukommen lassen, die für die Lösung des Falles wichtig sind.

Lapidus schafft es, einen toll recherchierten Krimi auf den Markt zu bringen, der anders ist, als man es von Krimis erwarten würde. Fesselnd mit lichten Momenten, aber durchweg überzeugend gehört Spür die Angst in jedes Bücherregal von Schweden-Fans und Anhängern besonderer Spannungsliteratur, die einfach anders ist.



Fazit:

Ein etwas anderer Krimi, der seine Längen, aber auch Überraschungsmomente hat. Fesselnd und doch Platz für andere Literatur zwischendurch lassend. Empfehlenswert für Schweden-Fans und die, die es werden wollen.



Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 4/5