Egmont Lyx (Februar 2010)
Originaltitel: Gild Hunter: Angel’s Blood
Klappbroschur, Trade Paperback
432 Seiten, 9,95 EUR
ISBN: 978-3-8025-8274-5
Genre: Dark / Urban Fantasy
Klappentext
Die Vampirjägerin Elena Deveraux wird von dem ebenso charismatischen wie gefährlichen Erzengel Raphael angeheuert. Diesmal ist es jedoch kein entflohener Vampir, den sie aufspüren soll, sondern ein abtrünniger Erzengel. Um den Auftrag erfüllen zu können, muss Elena bis an die Grenzen ihrer Fähigkeiten gehen – und darüber hinaus! Zugleich weckt der übermenschliche Raphael eine ungeahnte Leidenschaft in ihr. Doch seine Berührung könnte für Elena den Tod bedeuten, denn im Spiel der Erzengel zahlen die Sterblichen den Preis!
Rezension
Elena Deveraux jagt Vampire, die sich ihrem Herrn widersetzen. Dabei hilft ihr vor allem ihre außergewöhnliche olfaktorische Begabung: Sie riecht die Blutsauger auch noch mit einigem Abstand und gibt somit den perfekten, menschlichen Spürhund ab. Dazu ist sie nicht gerade zimperlich und hat den nötigen Mumm, Vampiren im Blutrausch gegenüberzutreten. Steht sie allerdings einem Erzengel wie Raphael, der über New York herrscht, schlottern selbst ihr die Knie. In den azurblauen Augen des Gestalt gewordenen Traumes lodert eine Eiseskälte, wie sie Elena noch nie erlebt hat. Dieser Erzengel ist so grausam wie schön – und ausgerechnet er will ihre Dienste als Jägerin in Anspruch nehmen. Elena hat keine Wahl und nimmt den Auftrag an. Bald muss sie nicht nur einen dem Wahnsinn verfallenen Erzengel jagen, sondern auch Raphaels überirdischer Anziehungskraft widerstehen …
Die Idee hinter „Gilde der Jäger“ bietet sowohl Spannungspotential, als auch Spielraum für diverse hocherotische Szenen. Nur leider gelingt es der Autorin zumindest im Auftaktband „Engelskuss“ nicht, beiden Komponenten gerecht zu werden. Die Jagd nach dem abtrünnigen Erzengel wartet mit Thrillerelementen auf, doch immer wieder verebbt die aufgebaute Spannung zwischen dem Geplänkel der beiden Protagonisten Elena und Raphael. Sie begehrt ihn heftig, ist aber nicht leicht zu haben – und selbst er als unsterblicher Erzengel lässt sich von ihr ablenken. Der Roman liest sich eher wie eine Lovestory mit Schwerpunkt Erotik. Wenn sich die Charaktere nicht körperlich nahe kommen, so erbebt ihre Innenwelt in sündigen Tagträumen. Anfangs haben die gedanklichen Ausflüge noch ein gewisses Prickeln, doch irgendwann wird es einfach zu viel. Die Autorin verliert die Rahmenhandlung vollkommen aus den Augen und nimmt sie erst gegen Ende wieder auf. Und dieses passiert sehr schnell, nur um auf den letzten Seiten nochmals künstlich in die Länge gezogen zu werden.
Ein großer Pluspunkt von „Engelskuss“ ist das Bild der Engel. Einerseits sind sie atemberaubend schön, wobei sie untereinander extrem unterschiedlich sind und viele Geschmäcker treffen dürften, andererseits sind sie kalt, berechnend und brutal. Sie herrschen über die Menschheit und lassen sich als himmlische Wesen verehren – dabei sind sie alles andere als himmlisch. Ihre Arroganz ist beinahe unfassbar. Aber gerade in diesen Gegensätzen dürfte der Reiz liegen – Vampire werden allmählich von dunklen Engeln abgelöst, die die weibliche Leserschaft genauso wie die Bluttrinker in ihren Bann schlagen können. Bei „Engelskuss“ spürt man auf jeder Seite die Begeisterung der Autorin für die geflügelten Wesen und diese ist durchaus ansteckend. Auch Elena als Protagonistin hat ihre Vorzüge: sie ist eine starke Frau, die allerdings nicht durch und durch authentisch wirkt. Ihre Versuche, einen auf hart zu machen, kauft man ihr einfach nicht ab. Dazu ist sie viel zu unsicher. Es gibt einige Andeutungen bezüglich schrecklicher Kindheitserlebnisse, aber zumindest in diesem ersten Band reichen diese nicht, um Elenas unbeständige Persönlichkeit zu erklären.
Die Welt aus „Gilde der Jäger“ enthält die typischen Urban Fantasy Elemente: Großstadtdschungel, düstere Gassen, phantastische Kreaturen mit erotischer Ausstrahlung. Inmitten von New York steht ein prunkvoller Engelturm, in dem Raphael residiert – ansonsten gleicht die Stadt ihrer realen Vorlage. Die Gilde, für die Elena arbeitet, bekommt vor allem am Anfang Raum in der Erzählung. Man lernt weitere Gildenmitglieder kennen, die mit Elena befreundet sind. Ihre beste Freundin, eine ehemalige Jägerin, ist zudem Direktorin und somit Elenas Chefin, was letztere nicht davon abhält, Dinge im Alleingang zu regeln. Für Waffen und militärischen Flair ist durch die Gilde gesorgt, wobei die Autorin nicht den Eindruck erweckt, sich besonders gut auszukennen. Es wirkt eher, als wolle sie etwas Action in die Geschichte bringen – richtige Action sieht jedoch schlichtweg anders aus. Da hilft auch eine gewissermaßen aus dem Ärmel geschüttelte Schusswaffe, die Engelsflügel zerfetzt, nichts.
Egmont Lyx bringt „Gilde der Jäger – Engelskuss“ als dickes Minipaperback heraus, das wie gewohnt von guter Qualität ist. Die Gestaltung passt wieder einmal zum Inhalt wie die Faust aufs Auge – allein von der Aufmachung her kann man sich denken, um was für einen Roman es sich handelt. Der Preis ist dabei absolut fair und wer nicht mehr als gute Unterhaltung erwartet, kann durchaus zugreifen.
Fazit
„Gilde der Jäger – Engelskuss“ verschenkt zu viel von seinem Potential. Nichtsdestotrotz punktet der Roman mit einem hochästhetischen, grausamen Engelbild und vielen Beziehungsverwirrungen. Wer eine actionreiche, spannungsgeladene Story erwartet, wird wohl enttäuscht werden – wer hingegen eine düstere Lovestory mit leichten Thriller-Anklängen sucht, liegt hier eher richtig.
Pro & Contra
+ ästhetische, grausame Engel
+ Paranormal Romance
+ interessantes Vampirbild
+ sympathische Charaktere …
- … die leider nicht immer authentisch sind
- Rahmenhandlung bleibt auf der Stecke
- Ende unglaubwürdig
Wertung:
Handlung: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5