Die Prophezeiung der Schwestern (Michelle Zink)

cbj (August 2009)
gebunden, mit Schutzumschlag
Seiten: 416, 17,95 EUR [D]
ISBN: 978-3-5701-3721-5

Genre: Fantasy


Klappentext

Alice senkt ihre Stimme zu einem Flüstern. „Warum kämpfst du gegen den Willen der Prophezeiung an, Lia? Das Ende ist vorherbestimmt, also was macht es schon aus?“ Was macht es schon aus? Die Worte hallen auf den grauen, öden Feldern wider. „Nein.“ Ich kann das Wort selbst kaum vernehmen, so leise spreche ich es aus. Alice beugt sich näher, so nah, dass ich ihren warmen Atem auf meinem Gesicht spüren kann. „Es gibt schlimmeres als den Tod, Lia. Ich dachte, das wüsstest du“

Eine jahrhundertealte Prophezeiung. Zwei Schwestern, die in einen Strudel unerklärlicher Ereignisse gerissen werden. Nur gemeinsam können sie ihre Aufgabe erfüllen. Doch die eine will dem Locken des Dämons nachkommen und wird zur tödlichen Gegenspielerin der anderen…


Rezension

Nach dem Tod ihres Vaters, entdeckt Lia an ihrem Handgelenk ein seltsames Symbol. Auf der Suche nach dessen Bedeutung stößt sie auf die Prophezeiung der Schwestern. Diese besagt, dass eine die Wächterin und die andere das Tor ist, durch das Samael, der gefallene Engel, wiederkehren kann und die sieben Plagen über die Menschheit bringt. Die einzige Möglichkeit, das zu verhindern, sind vier Schlüssel. Doch wie soll Lia diese Schlüssel finden, um das Tor endgültig zu schließen, zumal Alice alles dafür tut, sie daran zu hindern?
Eine gefährliche Suche beginnt, um das Rätsel der Prophezeiung zu lösen.

Michelle Zink hat mit Die Prophezeiung der Schwestern, einen absolut spannenden Roman geschaffen. Stück für Stück kann der Leser, mit der Protagonistin Amalia, die rätselhaften Ereignisse rund um die Prophezeiung entdecken. Die Grundidee ist zwar nicht unbedingt neu, deren Umsetzung ist allerdings sehr gut gelungen. Die Geschichte spielt im späten 19. Jahrhundert, in dem Mädchen unangenehm auffallen, wenn sie ohne Anstandsdame unterwegs sind. Auch das Reisen, das nur mit Pferdekutsche möglich ist, und die Informationsbeschaffung gestalten sich schwierig. Man fühlt sich zurückversetzt in eine Zeit, die man selbst noch nicht erlebt hat, diese aber durch die detailreiche Beschreibung zu verstehen beginnt. Genau in diese Welt werden die beiden Zwillingsschwestern, Alice und Lia, hineingeboren und sehen sich mit einer Vorherbestimmung konfrontiert, der sie nicht entfliehen können.

Lia ist ein zurückhaltendes und in sich gekehrtes Mädchen, das nur schwer über die mysteriösen Todesfälle ihrer Eltern hinweg kommt. Als sie von der Prophezeiung erfährt, steht sie mehr Rätseln gegenüber, als es Antworten zu geben scheint. Auch das Verhältnis zu ihrer Schwester wird immer schwieriger. Alice, die schon immer extrovertiert und egoistisch war, legt immer mehr Boshaftigkeiten und Grausamkeiten an den Tag, die Lia ängstigen. Die Beiden entfernen sich immer mehr voneinander und kämpfen für verschiedene Ziele, bis es schließlich zum endgültigen Bruch kommt. Diese Unterschiedlichkeit der Schwestern, sowie deren vertauschte Rollen bei der Vorhersagung, sind so absolut ungewöhnlich. Die Autorin schafft es damit, den Leser tiefer für die Geschichte zu faszinieren.
Auf der Suche nach Antworten begegnet Lia zudem vielen interessanten und außergewöhnlichen Charakteren. Jeder einzelne wird vielschichtig und authentisch beschrieben, was dem Roman eine erstaunliche Vielfalt verpasst.

Michelle Zink hat für ihren Auftakt zur Trilogie gut recherchiert und sich mit der keltischen Kultur und deren Sagen umfangreich auseinandergesetzt. Es werden reale, mystische Orte und parallele Zwischenwelten beschrieben. Letztere nennen sich Anderswelten und in ihnen halten sich die Toten und die Seelen auf. Allen, die mit der Prophezeiung zu tun haben, ist es möglich diese Ebenen zu besuchen, indem sie ihre Seele von ihrem Körper lösen. Doch diese Reise ist gefährlich, da ein zu langer Aufenthalt zum Tode führen kann.

Der Sprachstil in Die Prophezeiung der Schwestern ist durchweg lebhaft und farbenreich. Erzählt wird aus der Ich-Perspektive der Protagonistin im Präsens. Dies ist einerseits vorteilhaft für Empathie des Lesers. Man fühlt regelrecht die Wut, die Trauer und die Angst, die Lia erfährt. Andererseits wirkt diese Wahl des Erzählstils teilweise auch verwirrend und die Gefühlswelt der anderen Charaktere bleibt verschlossen. So kann man nur Vermutungen anstellen, was beispielsweise in Alice vorgeht.
Positiv zu erwähnen ist noch das gelungene Cover. Die Schrift und die Blumenranken sind silbern geprägt und so stellt das Buch ein Schmuckstück im Bücherregal dar.


Fazit

Die Prophezeiung der Schwestern ist ein spannender Roman, der von Anfang an in seinen Bann zieht. Der Leser erkundet zusammen mit der Protagonistin langsam die Rätsel rund um die Prophezeiung. Die facettenreichen Charaktere verleihen dem Roman zusätzliches Flair. Wer actionreiche Szenen erwartet ist hier allerdings fehl am Platz.


Pro und Kontra

+ unterschiedliche und tiefgreifende Charaktere
+ Leser rätselt mit
+ umfangreich beschriebene keltische Kultur
+ fesselnde Geschichte
+ schönes Cover
+ gutes Einfühlungsvermögen für Protagonistin

- Erzählstil gewöhnungsbedürftig
- Gefühlswelt der anderen Charaktere geht verloren

Beurteilung:

Handlung 4,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5


Rezension zu Band 2 - Die Prophezeiung der Schwestern -Liebe und Verrat