Schattenschwingen (Tanja Heitmann)

cbt, 1. Auflage März 2010
HC mit SU, 448 Seiten
€ 16,95 [D] | CHF 30,90
ISBN: 978-3-570-16067-1
Leseprobe

Genre: romantische Jugendfantasy


Klappentext:

Wie ein vor mir aufleuchtender Blitz blendete mich Sams Aura, um sich dann im nächsten Augenblick in weiches Gold zu verwandeln, das mich umschmiegte. Ich fühlte eine sanfte Berührung, die mich meine Angst vergessen ließ. Einen Herzschlag lang hätte ich schwören können, dass es Sam war, der mich umschlungen hielt, auf eine Weise, wie es kein Mensch vermag. Doch er stand immer noch eine Armlänge von mir entfernt …

Als Milas neuer Freund Sam verschwindet, glauben alle an seinen Tod. Alle, außer Mila. Sie allein ist davon überzeugt, dass Sam zu ihr zurückkehren wird. Und tatsächlich: An ihrem sechzehnten Geburtstag steht Sam wieder vor ihr. Aber er ist nicht mehr der, der er einmal war …

Der packende Auftakt zu einer romantischen Fantasytrilogie

Innerer Klappentext:

Seit langem ist Mila von Samuel, dem besten Freund ihres älteren Bruders Rufus, fasziniert. Bannte sie zuerst nur seine ungewöhnliche Ausstrahlung, so kommt kurz vor ihrem sechzehnten Geburtstag eine ganz andere Art der Verzauberung hinzu: Mila verliebt sich in Sam. Und er scheint ihre Gefühle zu erwidern. Doch gerade als sich die beiden näherkommen, passiert etwas Schreckliches. Sam verschwindet und Rufus, der in jener Nacht mit seinem Freund zusammengewesen war, kann sich nur schemenhaft erinnern. Ist Sam von der Klippe gestürzt?

Während alle anderen vom Tod des Jungen überzeugt sind, glaubt Mila, dass Sam noch lebt. Und tatsächlich: An ihrem Geburtstag steht er wieder vor ihr – doch er ist nicht mehr der, der er einmal war. Sam ist eine Schattenschwinge geworden, ein engelsgleiches Wesen – und nur aus Liebe zu Mila ist er in die Welt der Menschen zurückgekehrt …


Rezension:

Was Rufus erzählte, überraschte mich nicht weiter. Sam liebte das Meer, außerdem war er kaum der Typ, der Interesse an Jungenspielchen hatte, die sich um Alkohol und Wut drehten. So gut kannte ich ihn mittlerweile, ohne jemals ein Wort mit ihm gewechselt zu haben, das über »Hallo Sam, Rufus kommt gleich« hinausging.
Das änderte jedoch nichts daran, dass es mich allmählich in den Wahnsinn trieb, dass er mich nicht beachtete. Zumindest nicht auf die Art, wie ich es mittlerweile wollte. Seit mein Bruder sich mit ihm angefreundet hatte, hatte sich mein Bild von Sam verändert. Bislang hatte es einen Stern gezeigt, so hell strahlend, dass nichts anderes mehr zu erkennen war. Nun färbte sich das Bild pinkrot ein, die Farbe der verliebten Mädchen. Ich war mir nicht sicher, ob mir das gefiel.
(Mila, Seite 25)


Als Mila mit elf Jahren das erste Mal auf Sam trifft, nimmt sie seine besondere Aura wahr, die ihn wie ein sanftes Strahlen umgibt. Sie ist fasziniert von diesem Jungen, der nicht nur von seiner Ausstrahlung, sondern auch von seinem ganzen Wesen her so völlig anders als normale Jungs ist. Als ihre kindliche Faszination mit dreizehn in frühjugendliche Schwärmerei umschlägt und schließlich in hoffnungsloser Verliebtheit endet, schafft ihr Bruder es nach langem Kampf, Sams Freundschaft zu gewinnen. Damit hat natürlich auch Mila öfter die Chance, einen Blick auf ihn zu erhaschen – und schließlich sieht auch Sam sie endlich.

Viel Zeit für ihr gemeinsames Glück haben die zwei allerdings nicht, denn schon nach dem ersten richtigen Date verschwindet Sam aus unerklärlichen Gründen auf der Steilküste. Und Rufus, der bei ihm war, kann sich an nichts erinnern, sodass der Fall offen bleibt und alle versuchen, zum Alltag zurückzukehren. Während Rufus sich auf eine Rucksacktour begibt, um Abstand zu bekommen, vergräbt Mila sich in St. Martin, dem Schauplatz der ganzen Geschichte. Mit Unterstützung ihrer besten Freundin Lena, die über die Sommerferien bei ihr wohnt, schafft sie es, nicht vollständig durchzudrehen. Außerdem hilft ihr die Gewissheit, dass Sam nicht tot ist, ganz tief in sich spürt sie das einfach, ohne eine Erklärung dafür zu haben.

Als Sam dann tatsächlich vier Monate später in den letzten Stunden ihres sechzehnten Geburtstages am Strand hinter ihr auftaucht und sie davon abhält, dem Ziehen des Meeres nachzugeben und ein nächtliches Bad zu nehmen, traut Mila erst ihren Augen nicht. Auch als Sam anfängt, ihr sein neues Leben als Schattenschwinge in der Sphäre zu schildern und versucht, es ihr begreiflich zu machen, ohne dass sie Angst bekommt, glaubt sie kaum, was passiert. Doch sie weiß auch, dass sie alles wissen will, was Sam betrifft, und dass sie dafür gern Grenzen überschreitet, von denen sie nicht einmal ahnte, dass es sie gibt.

Wer nach den Sternen greift, darf anschließend nicht vor lauter Furcht zurückschrecken, wenn er tatsächlich einen geschenkt bekommt. Sam war mein Stern, ihn wieder bei mir zu haben, war ungefähr so wunderbar, wie wenn mir ein echter Stern in die Hand gefallen wäre.
(Mila, Seite 209)


Mit einer sehr erwachsen und reif wirkenden Protagonistin, die nicht nur schnell Sympathiepunkte sammeln kann, sondern auch sehr lebendig wirkt, schafft die Autorin eine Welt, in der die Realität einen festen Platz hat, aber auch genug Spielraum für das Übernatürliche und Unbegreifbare existiert. Trotz einiger Längen lässt sich Schattenschwingen gut und flüssig lesen und stellt eine kurzweilige, spannende Unterhaltung dar.
Der unterschwellige Bezug auf das Thema „Engel“ ist geschickt eingebaut, während der Geschichte wird aber auch umgehend deutlich gemacht, dass es sich hier nicht um ein und dieselbe Spezies handelt, die nur andere Namen haben. Heitmann schafft eine neue Art von Fantasywesen, bei denen sie zwar auf bereits bekannte Details zurückgreift, jedoch nicht abkupfert. Vielseitigkeit wird hier großgeschrieben und man darf gespannt sein, welche Ideen die Autorin noch hatte.

Vor allem die plastische Darstellung der Sphäre und das einfühlsame Beschreiben der zarten Liebesbeziehung zwischen Mila und Sam ist der Autorin großartig gelungen - hier ist kein Platz für überzogene Schauplätze oder kitschige Romantik, alles ist punktgenau abgewogen und passt wundervoll zur Geschichte. Auch mit der Ausarbeitung der Schattenschwingen, die man kennen lernt, hat sich Heitmann redlich Mühe gegeben; als Leser bekommt man einen guten Eindruck davon, wie die Welt neben unserer Dimension aussehen könnte. Etwas zu kurz kommt die Bedrohung, die über allem schwebt und nur wenige Male die Möglichkeit hat, sich zu Wort zu melden. Trotzdem vergisst der Leser nie die Existenz dieses Schattens, der hoffentlich in den Folgebänden mehr Aufmerksamkeit bekommen wird.

Der Auftakt zu ihrer Jugend-Trilogie ist Tanja Heitmann in jedem Fall gut gelungen. Mit einer neuen Grundidee, überzeugenden Charakteren, lebhaften Dialogen und einem Ende, das alles offen lässt, darf man sich auf die Fortsetzung freuen, die laut im Buch enthaltenen Ausblick voraussichtlich im Februar 2011 ebenfalls bei cbt erscheinen wird.


Fazit:

Mit Schattenschwingen wagt Tanja Heitmann sich an ein neues Gebiet der Dark Fantasy und schafft einen gelungenen Trilogie-Auftakt, der nicht nur auf eine tolle Fortsetzung hoffen lässt, sondern sowohl Jung als auch Alt begeistern dürfte.


Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5