Physik der Superhelden (James Kakalios)

Verlag: rororo (Januar 2008)
Taschenbuch: 512 Seiten, 9,95€
ISBN-13: 978-3499623165

Genre: Sachbuch


Klappentext

Superman, Spiderman & Co – jeder kennt die Comic-Heroen mit ihren unglaublichen Fähigkeiten, die sämtlichen Naturgesetzen zu spotten scheinen. Aber tun sie das wirklich? Physikprofessor James Kakalios ist da anderer Ansicht. Was er als Spielerei begann, um seinen Unterricht an der Universität von Minnesota spannender zu gestalten, hat sich zu einer umfassenden Erklärung des Superhelden-Universums aus wissenschaftlicher Sicht ausgewachsen. Ob Newtons Bewegungsgesetze, Maxwells Gleichungen oder Einsteins Relativitätstheorie: Unterhaltsam, provokativ und mit einem großen Aufgebot an Superkräften kann „Physik der Superhelden“ alle fesseln, die Comics lieben oder schon immer mal die Rätsel der modernen Naturwissenschaft knacken wollten.


Rezension

Mittlerweile gibt es relativ viele Bücher, die versuchen Wissenschaft unterhaltsam darzustellen und dem Laien verständlich zu präsentieren. Die Gründe dafür sind sicher vielseitig, einerseits einfach aus dem Spaß an der Sache und dem Versuch, diesen zu vermitteln, andererseits aber auch die Wissenschaften transparenter zu machen und damit zu begründen, warum eigentlich Geld für die Grundlagenforschung ausgegeben werden muss.
James Kakalios hat sich nun einem Gebiet gewidmet, in dem man normalerweise keine wissenschaftlichen Grundlagen vermutet, sondern reine Phantasiegebilde:

Den Superhelden!


Menschen also, die in meist hautengen Kostümen ebenso bekleidete Gegner bekämpfen und deren Ursprünge meist sehr obskur erscheinen, wenn nicht sogar als pure Erfindung. Dafür verantwortlich ist sicherlich die Zeit in der sie vornehmlich entstanden sind und darauf geht James Kakalios zunächst auch erschöpfend und mit viel Ironie ein. Manch ein Kommentar und Seitenhieb kommt ihm aus der Feder und sorgt für ein Lächeln auf dem Gesicht des Lesers.

"Sollten junge Leser im silbernen Zeitalter der Comics zu dem Schluss gelangt sein, es könne einem kaum etwas Besseres widerfahren, als vom Blitz getroffen oder einer massiven Strahlungsdosis ausgesetzt zu werden – bevorzugt während man einer anderen gefährlichen Tätigkeit nachgeht -, so kann man ihnen daraus kaum einen Vorwurf machen."

Aber die Entstehungsgeschichte der einzelnen Superhelden ist nicht sein eigentliches Hauptthema. Es geht natürlich um die so oft als unverständlich verschmähte Physik. Und dieser widmet sich James Kakalios genauso ausführlich, wie der Unterscheidung der einzelnen Zeitepochen der Comicgeschichte sei es Silver oder Golden Age.
In beiderlei Hinsicht, sowohl Comics als auch Wissenschaft, beginnt Kakalios sein Buch ganz klassisch, mit Superman bzw. der Mechanik. Mit Hilfe des ursprünglichen Supermans, dessen Kraft noch von der erhöhten Gravitation von Krypton herrührt, erklärt er die Newton´schen Gesetze. Über Magneto, Gegenspieler der X-Men im Marveluniversum, und den Maxwell Gleichungen der Elektrodynamik landet er dann schließlich bei Kitty Pride, Mitglied der X-Men, der Quantenmechanik ( Stichwort „Tunneln“) und der modernen Physik. Iron Man und dessen Transistor-Rüstung sind ein weiteres Beispiel für die Anwendung von physikalischen Prinzipien. Dabei ist es wie immer erstaunlich, wie sehr die erdachte Realität von Autoren mitunter mit den naturwissenschaftlichen Grundlagen übereinstimmen, auch wenn es diesen meist nicht bewusst sein dürfte. Welcher Autor hat schon einen Abschluss in Quantenmechanik oder kennt sich mit Festkörpern aus? Stan Lee, Autor der meisten Marvelhelden, wohl weniger und doch sind viele seiner Figuren mit Eigenschaften versehen, die gar nicht so unrealistisch sind, wie sie erscheinen mögen. Im Gegenzug lassen sich natürlich genauso viele haarsträubende Fehler finden, dennoch wirft es ein positives Licht auf Comics.

„Einer Anekdote zufolge bestand Lees Exposé für den Klassiker Fantastic Four # 48, in dem das Superhelden-Quartett auf das kosmische Wesen Galactus trifft, aus folgendem Satz: „Die Fantastischen Vier bekämpfen Gott.“

James Kakalios Vorhaben war es, mit Hilfe der Superhelden, Physik wieder spannender und interessanter zu gestalten. Die Frage ist natürlich, ob es ihm gelungen ist. Unzweifelhaft versteht er es mit viel Ironie und Witz sein Thema zu präsentieren und die Abschnitte, in denen er bestimmte Situationen innerhalb der Comics schildert, sind äußerst unterhaltsam zu lesen. Leider sind seine Ausführungen der wissenschaftlichen Grundlagen aber meist das Gegenteil. Viel zu oft sind sie langatmig und vor allem zu kompliziert für den nicht vorgebildeten Leser. Manches hätte man bedeutend kürzer und einfacher formulieren können. So stellt das Buch weniger eine Einführung in die Physik dar, sondern ist viel mehr ein Buch für jene, die sich schon mit Physik befassen oder befasst haben. Diese finden allerdings einen kleinen Schatz an Anregungen für eine neue Art der Präsentation von Naturwissenschaften. 
Man hätte sich gewünscht, James Kakalios wäre es gelungen die Leichtigkeit und den Wortwitz, die er bei der Beschreibung der Superhelden unzweifelhaft hat, auf die Erklärungen der Physik zu übertragen. Leider ist dies nicht der Fall und damit ist das auch der einzige, aber auch wirklich große, Schwachpunkt des Buches.

Kommentar zur Bruderschaft der Bösen Mutanten:
"Meines Erachtens bekennen sich heutzutage viel zu wenig Organisationen in ihrem Firmennamen oder auf Briefpapier und Visitenkarten zu ihrem Status des „Bösen“."


Am Ende des Buches findet sich dann noch eine Reihe von Fragen, die sich während der Vorlesungen von James Kakalios ergeben haben. Diese haben nicht immer mit Physik zu tun, sind aber für Superheldencomicleser meist von hoher Bedeutung z.B. Wer ist schneller Flash oder Superman? oder Was hat es mit der Hose des unglaublichen Hulk auf sich?
Auch hier findet James Kakalios natürlich eine, mit einem Augenzwinkern versehene, Antwort.
Abschließend finden sich dann noch ein paar wichtige Formeln und Sätze der Physik, die das Buch zusätzlich abrunden.


Fazit

So unterhaltsam, selbstironisch und auch leicht sarkastisch angehaucht James Kakalios Schreibstil bei der Beschreibung der Superhelden, ihrer Fähigkeiten und den Anekdoten um sie herum ist, so kompliziert drückt er sich leider allzu oft in den physikalischen Erklärungen aus.
Trotzdem ist das Buch für den vorgebildeten Physikinteressierten sicherlich sehr interessant, nicht zuletzt um selbst Anregungen zu bekommen, wie man die Physik mit neuen Modellen, die z.B. Jugendlichen vertrauter sind, präsentieren kann.


Pro & Contra

+ neuer Ansatz zur Vermittlung der Physik
+ viele Anekdoten rund um Comics
+ leichter, flüssiger Stil bei der Vorstellung des jeweiligen Problems

o Batman kommt nicht vor, dabei ist er einer der bekanntesten Superhelden und vor allem der Realistischste

- die physikalischen Erläuterungen sind teilweise zu langatmig und kompliziert

Bewertung:

Lesespaß: 3/5
Informationsgehalt: 4/5
Aktualität: 5/5
Verständlichkeit: 3,5/5
Preis/ Leistung: 5/5