Die Bücherdiebin (Markus Zusak)

Blanvalet Verlag (2009)
Originaltitel: The Book Thief
Originalverlag: Random House US/UK 2007
Aus dem Englischen von Alexandra Ernst
Klappenbroschur, 608 Seiten, 30 s/w Abbildungen
€ 9,95 [D] | € 10,30 [A] | CHF 18,90
ISBN: 978-3-442-37395-6

Genre: Belletristik


Klappentext

Im Alter von neun Jahren hat Liesel schon vieles verloren. Ihren Vater, einen Kommunisten. Ihre Mutter, die ständig krank war. Ihren Bruder Werner – auf der Fahrt nach Molching zu den Pflegeeltern. Als der Bruder stirbt gerät sie zum ersten Mal ins Blickfeld des Todes. Und sie stiehlt ihr erstes Buch – ein kleiner, aber folgenreicher Ausgleich für die erlittenen Verluste. Dann stiehlt sie weitere Bücher. Äpfel und Kartoffeln. Das Herz von Rudi. Das von Hans und Rosa Hubermann. Das von Max.
Und das des Todes.
Denn selbst der Tod hat ein Herz.

Rezension

Die Worte auf dem Einband von Zusaks ‚Bücherdiebin’ sind schlicht und einfach, man könnte vielleicht auch sagen, etwas unspektakulär. Davon sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen, denn das Buch ist weder das eine noch das andere.

Liesel Memingers Geschichte beginnt 1939 in einer weißen Welt. Im Schnee stirbt ihr Bruder, im Schnee wird er begraben und im Schnee findet sie ihr erstes Buch – das Handbuch des Totengräbers. Das weiß sie aber zu dem Zeitpunkt noch nicht, denn die neunjährige Liesel kann nicht lesen.
Von Trauer und Verlust gezeichnet findet sie ein neues Zuhause bei den Hubermanns in München, und nach ersten Einfindungsschwierigkeiten endlich auch etwas Glück. Im Hintergrund wütet der zweite Weltkrieg. Europa und auch Deutschland leiden unter Hunger, dem Nazi-Regime und der Angst vor Luftangriffen. Trotzdem ist Liesels Welt nicht voller Dunkelheit. Licht bringen ihr die Menschen in ihrer Umgebung. Ihr bester Freund Rudi, der Jesse Owens verehrt und gern einen Kuss von ihr hätte; die Fußball spielenden Kinder der Himmelsstraße; Rosa Hubermann, die ihre Liebe so vortrefflich hinter Schimpfworten zu verbergen vermag; Hans Hubermann, der ihr in den Nächten die Albträume verjagt und ihr das Lesen beibringt sowie die Frau des Bürgermeisters, die sie zuerst freiwillig, dann unfreiwillig mit Büchern versorgt.
Dieses Leben wird komplett auf den Kopf gestellt, als Max Vandenburg in der Küche der Hubermanns erscheint. Max ist nicht nur Flüchtling, sondern ein Jude - zur Zeit des zweiten Weltkrieges das schlimmste, was einem passieren kann.

Erzählt wird die Geschichte der Bücherdiebin in einer mitreißenden Sprache, die in ihrer Schönheit oft in starkem Kontrast zum düsteren Kriegsszenario steht. Markus Zusak trifft in seinen Beschreibungen den kleinen Punkt, wo es geradeso wehtut, aber immer noch alltäglich genug ist, um nicht in die Melodramatik abzurutschen. Er weiß, wie man schreibt, wie man seine Leser packt und auf eine unglaubliche Lesereise mitnimmt. Ob er nun seine Kapitel durch ungewöhnliche Aufzählung der Mitwirkenden einleitet, mit kunstvollen Bildern die einfachsten Szenen beschreibt oder sei es einfach nur durch die Wahl des Erzählers, die seltsamer und passender nicht hätte sein können. Der Tod.

Unendlich einfühlsam beschreibt dieser Liesels Leben, ihre Welt und die Mitwirkenden darin. Authentisch, jedoch ohne vorgehaltenem Zeigefinger. Manchmal mag er dabei vielleicht etwas in der Handlung springen, sich verlieren und doch kann und will man nicht vorblättern, aus Angst etwas zu verpassen. Während er von Liesel erzählt, die Seelen von den Feldern des Krieges in seinen Armen birgt und das Leid der Juden mit ansieht, urteilt er nicht, sucht stattdessen Schönheit in der Welt und spendet Trost. Dabei ist er zumeist unglaublich nüchtern, fast schon lakonisch, zu weilen auch traurig oder humorvoll. Aber vor allem er ist eines: seines Lebens müde, denn wohin er auch geht, er ‚[…] (wird) von Menschen verfolgt.’


Fazit

Zusaks Bücherdiebin ist eine Komposition aus gelungener Handlung, liebevoll gestalteten Charakteren und einem Hintergrund, der trotz seiner Düsterkeit vor Lebenslust strahlt. Der Leser wird mitgerissen und verzaubert, auch von Zusaks Schreibstil, der einfühlsam, eindringlich und zwischenzeitlich so bildreich ist, dass man ihn schon fast als lyrisch bezeichnen könnte, ohne dabei zu übertrieben oder kunstvoll zu werden. Ein Buch, das anrührt und aufwühlt. Nicht verpassen!


Pro & Kontra

+ mitreißende Handlung voller Gefühle
+ liebevoll gestaltete Charaktere
+ sprachlich wunderschöne Bilder, über die man teilweise nur staunen kann
+ eine Geschichte, angesiedelt im zweiten Weltkrieg, ohne vorgehaltenen Zeigefinger

Wertung:

Handlung: 5/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5


Dies ist eine Gastrezension von Nicole - vielen Dank!