Weitgehend unbekanntes Manuskript von Hans Fallada entdeckt

Mit einem bislang weitgehend unbekannten Märchen von Hans Fallada (1893-1947) hat der Steffen-Verlag im mecklenburgischen Friedland sein Literatur-Repertoire über den 1893 in Greifswald geborenen Schriftsteller erweitert. Das kürzlich auf der Buchmesse in Leipzig von Falladas Sohn Achim Ditzen präsentierte Märchen «Pechvogel und Glückskind» sei erst vor 15 Jahren in einem Privatbesitz entdeckt worden, sagte Herausgeber Gunnar Müller-Waldeck in Greifswald.

Fallada, der mit bürgerlichem Namen Rudolf Ditzen hieß, hatte das Stück um 1938/39 geschrieben. Während eines Sanatoriumsaufenthalts in Hohenlychen habe der damals 46-Jährige im Februar 1939 das Märchen der gerade erst 19 Jahre alt gewordenen Autorin Marianne Portisch (verh. Wintersteiner, 1920-2003) geschenkt, mit der er bis 1940 eine kurze, schwärmerische Liebebeziehung unterhalten habe, sagte Müller-Waldeck. Fallada habe die junge Schriftstellerin, die später zahlreiche Roman-Biografien sowie Kinder- und Jugendbücher veröffentlichte, seinerzeit gefördert. Während das mit Schreibmaschine getippte Original im Krieg ebenso verschollen ging wie ihr damaliger Briefverkehr mit Fallada, hatte die seinerzeit Beschenkte die Durchschrift der Arbeit bewahren können.

«Als ich im Jahre 1995 die Seniorin interviewte, präsentierte sie mir das insgesamt 14 Maschinenseiten umfassende Stück Prosa», sagte der Greifswalder Fallada-Experte. Das «Märchen für Kinder und Liebende», wie Fallada es nannte, sei nur im Titel eine Anlehnung an ein gleichnamiges poesievolles Märchen des heute nur wenig bekannten Autors Richard Leander (1830-1889). Leander, der eigentlich Richard von Volkmann hieß, sei ein bedeutender Chirurg gewesen, der als Militärarzt in Frankreich die Märchensammlung «Träumereien an französischen Kaminen» (1871) geschrieben hatte.

Zentrales Thema der von Fallada aufgeschriebenen und teilweise autobiografische Züge tragenden Geschichte sei die persönliche Suche nach dem Glück, sagte Müller-Waldeck. Das Stück reflektiere die Zeitsituation wie auch die damals bedrückende persönliche Lage des Autors.

Neben seinen Romanen waren bislang zum Beispiel auch Falladas «Geschichten aus der Murkelei» (1938) bekannt, eine Sammlung von Märchen, die er zunächst seinen Kindern erzählt und schließlich niedergeschrieben hatte. Das 1995 wiederentdeckte Märchen «Pechvogel und Glückskind» war 1998 lediglich in einer kleinen bibliophilen Publikation für Sammler und Liebhaber veröffentlicht worden.

Mit dem nun vorgestellten Buch werde die Geschichte erstmals einem größerem Lesepublikum vorgestellt, sagte Literaturprofessor Müller-Waldeck, der in einem Nachwort auf die Entstehung und Deutung des Märchens sowie auf die kurze Beziehung Falladas zu der im Jahre 2003 in Bayern gestorbenen Autorin Marianne Wintersteiner eingeht. Mit Einverständnis der Erben wurde zudem das zunächst gewählte Pseudonym der Beschenkten (Annemarie Steiner) aufgelöst. Illustriert wurde die Ausgabe von dem Röbeler Grafiker Werner Schinko.


Quelle: yahoo.de