Fontane-Archiv stellt neu erworbene Briefe des Schriftstellers vor

Das Potsdamer Theodor-Fontane-Archiv hat erstmals die im Vorjahr bei einer Auktion ersteigerten Briefe des Schriftstellers an den deutsch-jüdischen Literaturhistoriker und Kulturmanager Gustav Karpeles in der Öffentlichkeit präsentiert. Das Konvolut von 23 eigenhändig verfassten Briefen Fontanes sei von außerordentlichem wissenschaftlichen und kulturhistorischen Wert, sagten Brandenburgs Kulturministerin Martina Münch (SPD) und die Leiterin des Fontane-Archivs, Hanna Delf von Wolzogen, am Mittwoch in Potsdam.

Die Schriftstücke stammen aus der Zeit zwischen 1879 und 1890, als sich Theodor Fontane (1819-1898) als Romanschriftsteller etablierte. In dem Schreiben an den 30 Jahre jüngeren Redakteur Gustav Karpeles (1848-1909) berichtete Fontane detailliert über seine Schreibabsichten und gab damit Einblicke in seine Arbeitsweise.

Fontane wirbt dabei ausdrücklich um eine Vorveröffentlichung seiner Werke in Zeitschriften. Solche Vorveröffentlichungen seien finanziell lukrativ gewesen, sagte Wolzogen. Aus den Briefen gehe unter anderem hervor, dass Fontane für die Vorveröffentlichung der Novelle «Ellernklipp» von 1881 in der Zeitschrift «Westermanns Monatshefte» 5000 Reichsmark erhalten habe.

Das Archiv hat die Sammlung bei einer Aktion in Basel aus Privatbesitz angekauft. Dafür sei eine fünfstellige Summe investiert worden, sagte Wolzogen. Der Erwerb sei mithilfe der Kulturstiftung der Länder sowie des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien möglich geworden, fügte Münch hinzu.

Die Briefe Fontanes an Karpeles sind deshalb erhalten, weil Karpeles sie nach dem Tod des Schriftstellers dessen Sohn Friedrich zur Veröffentlichung überließ. Friedrich Fontane gab von 1904 bis 1926 die Werke seines Vaters in 21 Bänden heraus. Die 23 Briefe an Karpeles umfassen laut Wolzogen 100 Blätter. Die Briefe seien bis zu zwölf Seiten lang gewesen.

Ein Nachlass des heute relativ unbekannten Karpeles sei nicht erhalten, sagte Wolzogen. Der Briefpartner Fontanes sei jedoch «ein ungeheuer wichtiger Kulturmanager im wilhelminischen Berlin» gewesen. Mit Karpeles habe Fontane einen überzeugten Juden als Gesprächspartner gehabt. Das sei angesichts der sich später «verdüsternden Haltung» Fontanes zum Judentum eine besondere Pointe. Karpeles hatte sich als Literaturkritiker unter anderem auch für Heinrich Heine engagiert.

Das Theodor-Fontane-Archiv ist eine wissenschaftliche Institution des Landes Brandenburg. Das Literaturarchiv sammelt und erschließt unter anderem Handschriften und Literatur des Schriftstellers. Zudem stellt es seine Forschungsarbeit durch Publikationen und Veranstaltungen der Öffentlichkeit zur Verfügung.

Die Sammlung verfügt eigenen Angaben zufolge über den größten Teilnachlass Fontanes sowie rund 80 Prozent der derzeit bekannten Briefhinterlassenschaft des Dichters. Seit 2007 ist das Fontane-Archiv in der Villa Quandt am Potsdamer Pfingstberg ansässig. Am Freitag (16. April, 19.00 Uhr) wurde dort bei einer öffentlichen Veranstaltung aus den Briefen des Schriftstellers an Karpeles gelesen.


Quelle: yahoo.de