UBooks (1. Auflage, März 2010)
Taschenbuch, 288 Seiten, 12,95 EUR
ISBN: 978-3-86608-126-0
Genre: Dark Fantasy
Klappentext
Als eine Horde Wölfe das Labor eines Krankenhauses verwüsten, werden die Halbindianerin Tala und ihr Kollege Walter von Wild Protection gerufen, um die Tiere zurück in die Wildnis Alaskas zu bringen. Doch Tala ist sich nicht sicher, ob es sich tatsächlich nur um Wölfe handelt, denn das Verhalten der Tiere ist mehr als merkwürdig.
Tala gerät in den Sog der Ereignisse und wird vom unheimlichen, aber äußerst attraktiven Claw bedroht, der behauptet ein Werwolf zu sein. Sie schwankt zwischen Angst und Faszination, und mit einem Mal steht mehr als nur ihr Leben auf dem Spiel ...
Sandra Henke ist eine der profiliertesten Autorinnen auf dem Gebiet der erotischen Liebesromane, Krimis oder Paranormals. Mit «Alphawolf» erscheint ihr erstes Buch bei Ubooks, und es ist definitiv ein Highlight in ihrem bisherigen Schaffen!
Rezension
Tala bezeichnet sich selbst als Halbblut und liebt ihre Unabhängigkeit. Daher zieht sie es vor, in einer Stadt zu leben und stattet dem Dorf der Athabascan nur einen Besuch ab, wenn sie ihre Großmutter sehen möchte. Diese glaubt fest daran, dass Tala irgendwann Sehnsucht nach ihren indianischen Wurzeln verspüren wird, lässt ihrer Enkelin jedoch ihre Freiheiten. Schließlich ist ihr Totemtier ein Wolf und solche Menschen kann man nicht festhalten. Was außerdem auf Tala zutrifft, ist das soziale Engagement des Wolfes: Bei Wild Protection setzt sie sich für ein friedvolleres Zusammenleben mit den Tieren ein und bemüht sich, den Stadtmenschen klarzumachen, dass man nicht jedes hungrige Tier, das den Abfall durchwühlt, gleich erschießen muss. So führt sie ihr Job auch in das Labor des Alaska Native Medical Centers, in dem ein Wolfsrudel eine nicht zu erkennende Kreatur bekämpfen. Tala und ihr Kollege Walter versuchen die Tiere zu verscheuchen – nicht ahnend, dass sie damit einer Bestie, die zwischen Mensch und Wolfsgestalt gefangen ist, zur Flucht verhelfen. Der Vorfall zieht Konsequenzen nach sich – und Tala muss sich eingestehen, dass es Werwölfe nicht nur in ihren düster-erotischen Romanen gibt …
Der Einstieg in „Alphawolf“ gestaltet sich ziemlich rasant. Man erlebt auf den ersten Seiten die Werwölfe bei der Jagd des abtrünnigen Dante, der zu einem mordenden Monstrum geworden ist. Ziemlich schnell sieht sich die Protagonistin mit der Tatsache konfrontiert, dass Werwölfe nicht nur existieren, sondern sie auch mitten in ihren Kampf hineingeraten ist. Zum einen, weil sie einen jungen verletzten Wolf mit nach Hause genommen hat, der plötzlich zu einem jungen Mann wird – zum anderen, weil sie den Alphawolf Claw begehrt und dadurch immer tiefer in die Geschichte hinein schlittert. Dabei gelingt es der Autorin, Talas Gedanken und Ängste glaubhaft zu vermitteln. Sie ist eine starke Frau, die permanent nach logischen Erklärungen sucht und vor allem die Fähigkeit besitzt, sich selbst zu überwinden – und schließlich beginnt, den alten Legenden ihres Volkes einen gewissen Wahrheitsgehalt zuzugestehen. Die Begegnung mit den Werwölfen bringt sie ihren indianischen Wurzeln wieder näher. Sandra Henke knüpft dabei viele Verbindungen zwischen der Mythologie der amerikanischen Ureinwohner und den Werwölfen, was man so noch nicht gelesen hat. Gleichzeitig zeigt sie die innere Zerrissenheit einer jungen Frau indianischer Herkunft, die zwar vollkommen in der Moderne lebt, aber mit Wehmut auf das Verblassen der Legenden ihrer Vorfahren blickt.
Die Erotik im Roman ist sprichwörtlich „animalisch“. Hier könnte so mancher an die Grenzen seines Geschmacks stoßen – man sollte sich einfach bewusst sein, dass man hier einen erotischen Werwolfroman vor sich hat. Zwar kommt Sandra Henke auch viele Seiten ohne heiße Küsse und wilde Liebesspiele aus, aber wenn es mal zur Sache geht, dann richtig. Die Beschreibungen sind sehr direkt, der Akt der beiden Protagonisten absolut hemmungslos. Dabei balanciert die Autorin auf einem hauchdünnen Seil – manchen Lesern wird die extreme Offenheit gefallen, andere eher abschrecken. Ab und an wird es auch übertrieben "animalisch". Tala gibt sich anfangs etwas zaghaft, verliert sich jedoch in der tabulosen Art des Alphawolfs – er will sie und er bekommt sie. Das ist relativ schnell klar, schon allein wegen der Erwartungen an das Buch. Diese werden wohl allesamt erfüllt und stellenweise übertroffen. Die Autorin hat offensichtlich viel Recherchearbeit und Ideen in ihren Roman hineingesteckt und so bekommt etwas mehr als nur einen gut durchdachten Erotikroman. Besonders gelungen sind die Anspielungen auf paranormale Liebesromane der Gegenwart. Sogar der Roman „Alphawolf“ steht in Talas Regal – was es mit dem auf sich hat, soll hier aber nicht verraten werden.
Was das Buch zudem lesenswert macht: Die winterliche Landschaft Alaskas und die atmosphärischen Beschreibungen derselbigen. Sandra Henke lässt sowohl verschneite Straßen und Vorgärten sowie auch eine eiskalte und wunderschöne Wildnis vor den Augen des Lesers entstehen. Der kleinstädtische Charakter von Talas Wahlheimat hat einen trügerisch friedlichen Charme und bietet eine willkommene Abwechslung zur meist in Millionenstädten angesiedelten Dark / Urban Fantasy der Gegenwart. Auch das Dorf der Athabasan vermag den Leser zu verzaubern – der Autorin gelingen durchweg intensive Bilder, die die stellenweise recht vorhersehbare Handlung ausgleichen. Der Roman folgt einem bestimmten Schema, das man schnell durchschaut. Wer allerdings kein Feuerwerk an innovativen Ideen und überraschenden Wendungen erwartet, kann sich an einer grundsoliden Geschichte mit liebevoll eingearbeiteten Details und einem ungewöhnlichen, indianischen Hintergrund erfreuen. Die Nebencharaktere sind dabei recht stereotyp, allerdings meist sehr sympathisch. Sandra Henke hat sich hier eindeutig sehr auf ihre beiden Protagonisten und die Beziehungsgeflechte zu den anderen Personen konzentriert.
UBooks liefert „Alphawolf“ in gewohnt guter Qualität und mit traumhaftem Cover ab. Wieder einmal fängt Agnieszka Szuba die Stimmung des Romans gekonnt ein und verzaubert den Leser. Hier sitzt nicht nur ein talentierter Graphiker, sondern eine richtige Künstlerin. Das macht die Dark Fantasy Titel von Ubooks zu etwas Besonderem – und zu wahren Schmuckstücken im Bücherregal.
Fazit
Mit „Alphawolf“ bietet Sandra Henke eine feurige Mischung aus indianischer Mythologie und paranormalem Erotikroman. Temperamentvolle Protagonisten sorgen dabei für jede Menge Lesespaß – wer es etwas härter mag, wird hier gut unterhalten.
Pro & Contra
+ indianische Mythologie
+ konsequente Charakterentwicklung
+ winterlich düstere Atmosphäre
+ durchdachte Storyline und gute Recherche
+ Anspielungen auf Dark Fantasy Romane
o sprichwörtlich animalische Erotik
- keine großen Überraschungen
- stereotype Nebencharaktere
Wertung:
Handlung: 3/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3,5/5
Interview mit Sandra Henke (Juli 2010)
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