Schattenreiter (Sarah Nikolai)

Ullstein (Mai 2010)
Taschenbuch, 319 Seiten,
ISBN: 978-3-548-28212-1
€ 7,95 [D] | € 8,20 [A]

Genre: Romantic Fantasy / Jugendbuch


Klappentext

Die junge Berlinerin Jorani kommt nach South Dakota, um den Sommer bei ihrer Tante zu verbringen. Als sie eines Abends von einer Jugendgang attackiert wird, taucht der gutaussehende Rin auf und schlägt die Angreifer in die Flucht. Jorani fühlt sich zu sich zu ihm hingezogen, doch obwohl Rin ihre Gefühle offenbar erwidert, weist er sie zurück. Dann entdeckt Jorani Rins Geheimnis: Er ist ein Kentaur – und darf sich nicht ohne weiteres mit einer Menschenfrau einlassen ...


Rezension

Romantic Fantasy ist spätestens seit Stephenie Meyer sehr vielen Lesern ein Begriff und auf die ein oder andere Art schon in beinahe jedem Bücherregal zu finden. Zahllos wirkende Reihen befassen sich seit langem mit diesem sehr beliebt gewordenen Genre, dessen Inhalte meist Realität mit Mystik vereinen. Sarah Nikolai folgt diesem geradlinigen Weg, doch bevölkert sie ihren Roman Schattenreiter weder mit Werwölfen, Vampiren oder Elfen. Denn die in Berlin geborene Autorin bevorzugt nämlich etwas gänzlich anderes ...

>> Ich bin kein Mensch. Aber das hast du bestimmt schon vermutet. Ich gehöre einem uralten Stamm an, der vor langer Zeit ein Bündnis mit den Zorqaya schloss. Wir nennen uns Ti´tibrin E´neya. <<

Es sollte ein unvergesslicher Urlaub für die Berlinerin Jorani werden. Eine ruhige Zeit vor dem Studium, sozusagen, doch Ruhe kommt in South Dakota für die junge Frau kaum auf. Dort angekommen, verguckt sie sich in einen geheimnisvollen Fremden, findet schnell neue, teilweise auch merkwürdige Freunde und stößt bald auf ein Geheimnis, das ihr den Atem stocken lässt. Denn ihre neugefasste Liebe hat sie einem Kentauren geschenkt. Dieser ist zwar ein liebevoller Mann, doch dessen Stamm, die Ti´tibrin E´neya, hat es sich zur Aufgabe gemacht, sich von den Menschen weitgehends zu distanzieren. ...

Geheimnisvoll ist dieses Buch ausgelegt, so wie es zur Geschichte der Kentauren und den indianischen Legenden passt. Die deutsche Autorin Sarah Nikolai erzählt sehr eindrücklich, setzt dabei jedoch zu jeder Zeit auf einen einfach gehaltenen Stil, der zwar ein zügiges Lesen ermöglicht, aber so manch sprachlichen Höhepunkt missen lässt. Dennoch kommt man ohne großen Schwierigkeiten voran und verliert sich geradezu in dieser kleinen, heilen Welt, die allein durch eine Jugendbande erschüttert wird. Diesen wilden Unruhestiftern verdankt Jorani ihre Begegnung mit Rin, einem eher schüchternen Einzelgänger und von Geheimnissen umwitterten Mann. Der Charakter des jungen Kentaur ist so einfach und simpel wie Jorani selbst, deren naives Wesen den Leser nur wenig begeistern kann. Sie mag zwar ein liebevolles Mädchen sein, doch benimmt sie sich in keiner Weise wie eine im Leben stehende, zwanzigjährige Frau. Dafür wirkt Jorani zu verloren, zu hilflos, zu beeinflussbar, leichtgläubig und leider manchmal auch dumm. Sarah Nikolai hätte in diesem Punkt mehr bieten sollen, verliert sich aber stattdessen in romantischen Beschreibungen von Vertrauen, (Blitz-)Liebe und unschuldigem Kitsch. Dinge, die jugendliche Leser vermutlich als ansprechend empfinden. Hingegen Leser anderer Art, die Vielschichtigeres erwarten als einfache Mädchen-Literatur, werden mit dem charakterlich gebotenen Tiefgang nicht zufrieden sein.

Leider ebenso wenig geglückt erweist sich die überschaubare Handlung, die im Grunde nur die Liebesgeschichte umfasst. Jorani trifft zwar immer wieder (neue) Freunde, verbringt mit ihnen Zeit und lässt sich die Gegend, deren Legenden und Sehenswürdigkeiten erklären, trotzdem bleibt bis zum Ende alles recht unspektakulär. Nur die letzten, actiongeladenen Seiten sind um ein vielfaches überzeugender und veranschaulichen den Menschen-Hass der Kentauren auf grausamste Art. Den durchaus interessanten Hintergrund dieses unbändigen Gefühls weiß die Autorin durch schön verpackte Indianerlegenden und Erzählungen zu präsentieren. Auch eine gute Erklärung für die so lang bewahren Lebensräume und Kulturen der Ti´tibrin E´neya wird geboten.  – Ein Umstand der dann doch irgendwie zum jugendlichen Träumen einlädt und darüber hinaus mit der Kultur des Kentaurenvolkes bestechen kann.


Fazit

Schattenreiter ist ein netter Unterhaltungsroman für Zwischendurch und eher jungen Jugendlichen zu empfehlen. Erwachsene werden sich hingegen einer Enttäuschung ausgeliefert sehen, die das Einsehen beschert, diesen Roman in jüngere, nicht ganz so kritische Hände legen zu wollen. Und für diese ist er wie gemacht, denn Sarah Nikolai weiß durchaus zu unterhalten, schafft es darüber hinaus aber leider nicht, höhere Erwartungen zu erfüllen.


Pro und Kontra

+ verträumt & voller Magie
+ eingearbeitete Legenden
+ großteils liebevoll gestaltete Charaktere
+ tolles, in die Geschichte passendes Cover
+ ein echter Pageturner
+ schöne Ansätze
+ schöne Ideen

o schmuckloser, leicht zu lesender Stil
o Kitsch und Schmalz
o Ich-Perspektive
o Erotik für Jugendliche

- nicht notwendige Schwarz- und Weißmalerei
- eindimensionales & durchschaubares Konzept
- unspektakuläre Handlung; verschenktes Potenzial

Wertung:

Handlung: 2,5 / 5
Charaktere: 3 / 5
Lesespaß: 3 / 5
Preis/Leistung: 4 / 5