Collector (Markus Heitz)

Heyne (Mai 2010)
Paperback, Klappbroschur, Seiten: 656
Preis 14,95€
ISBN: 978-3-453-52650-1

Genre: Science-Fiction / Space-Fiction


Klappentext

„Schützenswerte, bedrohte Rasse Mensch – eure Rettung ist nahe!“

Wir schreiben das Jahr 3042. Die Menschheit ist ins Weltall aufgebrochen, doch nicht mit eigener Technik, sondern mit Hilfe von Objekten, die man bei Ausgrabungen auf der Erde gefunden hat: außerirdische Hinterlassenschaften, die den Menschen das Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit ermöglichen, obwohl nur ansatzweise klar ist, wie diese Artefakte eigentlich funktionieren. Schnell bilden sich große, multinationale Konzerne, die mit Macht und viel Geld den Aufbruch zu den Sternen vorantreiben – bis die Menschheit auf eine geheimnisvolle außerirdische Spezies trifft, die ihnen bei weitem überlegen ist: die Collectors. Diese bieten an, die menschliche Zivilisation unter ihre Fittiche zu nehmen, und versprechen Wohlstand und Schutz. Ein Angebot, das die Menschen nicht ablehnen können.

Eigentlich läuft alles ganz gut für Kris Schmidt-Kneen. Er ist Schwerlastfahrer auf Terra, und er ist der Beste. Als er von dem deutschen Konzern Gauss Industries einen Spezialauftrag erhält, sieht das nach leicht verdientem Geld aus. Doch der Transport wird sabotiert und Kris für den Diebstahl eines außerirdischen Antriebsmoduls verantwortlich gemacht. Zur Strafe wird er auf eine hochgefährliche Mission geschickt – mitten unter die Collectors, die offenbar ganz eigene Absichten mit den Menschen haben. Absichten mit katastrophalen Folgen …


Rezension

Wer zum Buchhändler seines Vertrauens gerannt ist, um sich den neuen Heitz zuzulegen, könnte sich gewundert haben, dass das Buch nicht neben seinen anderen Werken stand. Versäumnis des Verkaufspersonals? Veröffentlichungsdatum verschoben? Nein, denn Markus Heitz’ „Collector“ ist nach eigenen Aussagen ein Space-Fiction-Roman. Dieser Genrewechsel kommt etwas unerwartet, doch die Idee hatte der Zwerge Autor bereits 2003. Als bekennender Rollenspieler hat er sich dazu entschieden, das in Vergessenheit geratene Pen and Paper Rollenspiel „Justifiers“ wiederzubeleben und hat kurzerhand die Rechte daran gekauft. Dieses Herzensprojekt könnte große Ausmaße annehmen, denn es werden sowohl das Spiel neu aufgelegt als auch einige Bücher folgen, die von verschiedenen Autoren stammen werden. Als erstes wird im Oktober dieses Jahres „Justifiers – Missing in Action“ von Christoph Hardebusch erscheinen. Man darf also gespannt sein, ob das Proekt „Justifiers“ von Erfolg gekrönt sein wird.

Collector“ spielt im Jahre 3042 nach Christus. Die Meere unserer Erde sind ausgetrocknet und Leben, wie wir es kennen, ist nicht mehr möglich. Aus diesem Grund sind die Menschen umgesiedelt auf andere Planeten in den verschiedensten Systemen. Die Technik dafür stammt nicht vom Menschen, sondern von außerirdischen Besuchern. Mit ihr ist es möglich, Lang- und Kurzstreckensprünge zu machen. Wie das ganze funktioniert, weiß weder einer der Menschen im Buch noch der Leser. Diese gegebenen und nicht erklärten Tatsachen definieren die „Space-Fiction“. Es geht nicht darum, eine realistische und nachvollziehbare Weiterentwicklung der menschlichen Rasse zu kreieren, viel mehr muss man sich als Leser mit dem fiktiven Status Quo arrangieren, was aber nicht schwer fällt. Der wissenschaftliche Aspekt wird hier außen vor gelassen und überflüssiges Gebrabbel über die Physik, die dahinter steckt, erübrigt sich. Übrig bleibt eine Abenteuergeschichte im Stile ihrer Vorbilder wie Captain Future und Raumschiff Enterprise.
Losgelöst von Erklärungszwang kreiert Heitz ein detailreiches und interessantes Universum in dem sich die unterschiedlichsten Kreaturen tummeln. Neben den Beta-Humanoiden, die vom Menschen erzeugte halb Mensch, halb Tier Mischwesen darstellen, stechen besonders die Anhänger der Order of Technology hervor, die ihren menschlichen Körper und seine Organe durch mechanische Bauteile ersetzen.
Die Bedrohung durch die Collectors unterscheidet sich zu anderen Romanen und Filmen dadurch, dass die Invasion nicht mit Gewalt durchgeführt wird. Nach den Aussagen der Außerirdischen sind sie gekommen, um der Spezies Mensch das Überleben zu sichern. Als Leser bleibt man lange im Unklaren, ob diese Absichten wahr sind oder nicht.
Alles in allem ist „Collector“ stimmig und Logiklöcher entdeckt man keine. Im Gegenzug müssen einige „glückliche“ Wendungen toleriert werden.

Bei Markus Heitz ist von einer langen Liste an Namen und Charakteren auszugehen. Auch hier sind zahlreiche Personen in den Fokus der Geschichte geschoben worden. Dabei lässt sich eine wiederkehrende Systematik in der Charakterzeichnung nicht leugnen. Allen voran Kris, der männliche Protagonist, ist im Grunde ein Antiheld, der auf Abenteuer gerne verzichten würde, auf unvorhergesehenen Pfaden dann doch in den Kampf ziehen muss (siehe auch „Blutportale“ und „Die Zwerge“). Zum Glück wird sein Heldentum nicht übertrieben und so bleiben seine Handlungen nachvollziehbar.
Heitz Faible für starke Frauen (siehe auch „Mächte der Feuers“ und „Kinder des Judas“) kann er gleich mit zwei Personen ausleben: Faye und Nuria. Faye ist die durchtrainierte, leidenschaftliche und kämpferische jüngere Schwester Nurias. Leider wird sie kurz nach ihrem Auftauchen zunächst weniger beachtet und stattdessen kommt ihre Schwester ins Spiel. Wortwörtlich besetzt durch einen Driver, liegt ihr IQ über 200, dafür spricht sie in der 1. Person Plural. („WIR sind beeindruckt“). Das ist zwar kreativ, nervt mit der Zeit dennoch.
Eine wichtige Rolle spielen auch gesichtslose Großkonzerne, über die Heitz sozialkritische Aspekte einfließen lässt, und verschiedenste Anhänger von neuen und alten Kirchen, durch die auch die Kirche - wie schon öfter - ihr Fett weg kriegt.
Zuweilen ist es schwer, sich mit den Personen zu identifizieren, aber sie sind immer kreativ, plausibel und erzeugen beim Leser die gewünschten Emotionen.

Der mit über 600 Seiten durchaus dicke Roman wird durch die einfache und prägnante Sprache des Autors zu einem überaus kurzweiligen Vergnügen gemacht. Sauer aufstoßen könnten umgangssprachliche Formulierung bei Dialogen und die Verwendung von vielen Anglizismen. Dabei ist aber zu beachten, dass einige der Charaktere eben keine Deutschen sind. Ob ihre Authentizität dadurch zunimmt, muss selbst bewertet werden. Quereinsteiger, die den Genrewechsel mit Markus Heitz vornehmen möchten, sollten sich auf zahllose Abkürzungen und Wortkreationen gefasst machen.


Fazit

Das Rad wird in „Collector“ nicht neu erfunden, aber durch den bekannten Namen des Autors könnte Science- und Space-Fiction einen neuen Aufschwung erleben. Bewährte und neue Ideen mischen sich zu einem typischen Heitz-Buch. Wer sich an vielen Begriffen und wenig Wissenschaft nicht stört, wird mit Weltraumschlachten und einem kurzweiligen Roman belohnt.


Pro und Kontra

+ interessante Grundidee
+ gute Auflösung
+ kurzweilig
+ teils kreative Wesen und Charaktere

o unabhängiger Auftakt zum „Justifiers“-Projekt

- zweckmäßige Wendungen für das Finale
- teils nervige Personen
- schwer durchschaubare Abkürzungen und Zusammenhänge der Industrieriesen

Beurteilung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5


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Tags: Space Opera, Markus Heitz