Verlag: Knaur, April 2010
Originaltitel: The Vows of Silence
übersetzt von Susanne Aeckerle und Marion Balkenhol
HC, 440 Seiten, € 16,95
ISBN: 978-3426663660
Genre: Krimi
Klappentext
Ein Mord nach den Flitterwochen, ein anderer auf einem Polterabend, ein weiterer an einer Brautjungfer: was zunächst keinen Zusammenhang zu haben scheint, gewinnt für die Polizei von Lafferton schnell eine makabre Logik. Als der „Hochzeitsmörder“ zum nächsten Schlag ausholt, ist dennoch alles ganz anders – zumal Detective Chief Superintendent Simon Serrailler eine Familientragödie zu verkraften hat, die ihn nicht mehr klar denken lässt ...
Die Autorin
Susan Hill, geboren 1942 in Yorkshire, ist eine der bekanntesten Autorinnen Englands. Nach zahlreichen literarischen Romanen, Novellen und Jugendbüchern begeistert sie mit der Kriminalserie um Simon Serrailler derzeit eine riesige Fangemeinde. Susan Hill lebt mit ihrer Familie in einem Landhaus in Gloucestershire.
Rezension
Ein verrückter Serienmörder, private Tragödien der Ermittler und unbedeutende Nebenschauplätze – Susan Hill hat eine ganze Menge hier hinein gepackt. Vielleicht sogar ein bisschen zu viel. Simon Serrailler ist zum Detective Chief Superintendent der Serious Incident Flying Taskforce, kurz SIFT, befördert worden, das Einsatzkommando für besonders schwerwiegende Fälle. Zurzeit beschäftigt ihn besonders eine Serie von Mordfällen an jungen Frauen, die nur eines gemeinsam haben – eine Hochzeit. Entweder sind sie frisch verheiratet, oder wollen zum Jungesellinnenabschied oder nähen Hochzeitskleider, diese Verbindung reicht aber aus, um erst einmal alle zukünftigen Paare vorsichtig werden zu lassen. Zusätzlich ist noch eine große Hochzeit geplant, bei der auch Mitglieder der königlichen Familie kommen wollen. Ob sie wohl das eigentliche Ziel sind? Denn eine weitere Gemeinsamkeit der ermordeten Frauen findet sich nicht.
Die Pastorin Jane hat endgültig ihr Kloster verlassen, in das sie sich für einige Zeit zurückgezogen hatte. Sie ist dorthin geflüchtet, da sie mit ihrer vorherigen Lebenssituation nicht mehr zurechtkam. Simon ist ihr sehr nahe gekommen, aber bevor sie ihre Beziehung klären können, flüchtet sie lieber. Jetzt kommt sie wieder zurück, um einer Sterbenden für den letzten Weg beizustehen. Als sie merkt, dass sie gebraucht wird, bleibt sie erst einmal, geht aber Simon aus dem Weg – er ihr übrigens auch. Sie muss auch Simons Schwester Cat moralisch unterstützen, bei deren Mann ein Gehirntumor festgestellt wird. Die Prognose ist nicht besonders positiv und Cat ist am Boden zerstört. Ausgerechnet jetzt kann Simon nicht vollständig seiner Schwester und ihren drei Kindern zur Seite stehen, die Mordfälle nehmen ihn zu sehr in Anspruch. Zusätzlich erzählt Susan Hill noch die Geschichte um Helen Creedy, die nach dem Tod ihres Mannes wieder Lebensmut fasst und sich mit einem Mann trifft. Ihre Tochter ist begeistert, ihrem Sohn Tom gefällt das gar nicht, denn ihr neuer Freund ist Atheist. Tom hat sich einer gläubigen Gemeinschaft angeschlossen, die sektenähnliche Züge zeigt. Er ist völlig überzeugt von der Lehre Gottes und möchte unbedingt seine Mutter und Schwester auf den rechten Weg führen. Als ihm dieses nicht gelingt, greift er zu einer sehr drastischen Maßnahme.
Schon beim Lesen fragt man sich unwillkürlich, wie die einzelnen Personen mit dem Fall zusammenhängen. Susan Hill schildert sehr ausführlich das Leben ihrer Protagonisten und deren Freunde, ist aber zu detailverliebt, daher bleibt die Spannung auf der Strecke. Als könnte sie sich nicht entscheiden zwischen einem Familiendrama und einem Thriller. Beides zusammen passt nicht ganz, sie räumt beidem den gleichen Raum ein. Simon ist viel mehr damit beschäftigt, seiner Schwester beizustehen und sich über die neue Frau an der Seite seines Vaters zu ärgern, als dass er sich wirklich Gedanken über seine Fälle macht. Und was hat Helen Creedy nur mit allem zu tun? Verhält sich ihr neuer Freund irgendwie auffällig? Leider erfahren wir vieles nicht, Susan Hill lässt eine Menge Fäden locker in der Luft hängen und dem Leser eine Menge Fragen unbeantwortet. Warum wurden genau diese Frauen ausgesucht und ermordet? Man erfährt zwar zwischendurch die Gedanken des Täters, kann sich seine Gründe auch in etwa zusammenreimen, aber die endgültige Auflösung fehlt leider komplett. Durch die Fülle an Nebenschauplätzen versucht die Autorin zwar, ins Detail zu gehen, verliert aber wohl die Übersicht und so erfahren teilweise sehr dramatische Ereignisse nicht die gebührende Tiefe und Aufmerksamkeit, die der Leser sich insgeheim wünscht.
Es mag sein, dass einige Personen schon in vorherigen Büchern aufgetaucht sind, dieses hier ist schließlich nicht das erste Buch mit Simon Serrailler. Man kann es ohne Vorkenntnisse lesen, vielleicht erklärt das aber auch das Unverständnis über einige Nebenhandlungen, die nun wirklich so gar nichts mit dem eigentlichen Fall zu tun haben. Der Schreibstil ist angenehm, dramatische Ereignisse überschlagen sich am Ende. Die Charaktere sind bodenständig und tiefgründig, man kann sich sehr gut in sie hineinversetzen und mit ihnen leiden. Es sind allerdings sehr viele, so dass einigen zwischenmenschlichen Beziehungen nicht die Aufmerksamkeit gewidmet werden kann, die sie verdienen. Das Cover passt sehr gut zur Geschichte, es ist eine schöne, edle Aufmachung zu einem moderaten Preis.
Fazit
Spannend, aber nicht reißerisch und relativ unblutig trotz der vielen Toten, so lässt sich der neue Fall um Simon Serrailler beschreiben. Susan Hill lässt ihre Charaktere leben, sie erspart ihnen nichts. Das Leben ist genauso wichtig wie die Auflösung eines Falles, die Ermittlungsarbeit ist gleichwertig wie die menschlichen Dramen. Leider bleibt sie viele Antworten schuldig, man hat beim Zuklappen des Buches das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Zu viel wird angesprochen, aber nicht aufgeklärt, vielleicht muss man erst den nächsten Band lesen, um hier Antworten zu bekommen, sofern es denn noch einen geben wird.
Pro und Contra
+ interessanter Fall
+ sympathische, bodenständige Charaktere
+ brisante Themen
- zum Schluss viele offene Fragen
- Ereignisse, die nichts miteinander zu tun haben
- zu viel Dramatik
Wertung:
Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 4/5