Bodo Wartke (12.11.2008)

Interview mit Bodo Wartke

Literatopia: Hallo Bodo – stell Dich doch bitte unseren Lesern vor. Wer bist Du und was machst Du? Was zeichnet deiner Meinung nach Musikkabarett aus?  

Bodo Wartke: Ich heiße Bodo Wartke. So heiße ich wirklich, das ist kein Spitzname. Bei einem solchen Namen braucht man auch keinen Spitznamen mehr. Was ich mache, bezeichne ich gern als „Klavierkabarett in Reimkultur“. Damit ist gesagt, worum es mir in meinen Programmen geht: mein Publikum musikalisch und sprachlich elegant und niveauvoll zu unterhalten. 

Literatopia: Was ist bei Dir zuerst da: Musik oder Text? Wie spielt beides zusammen? Entwickelt sich beides parallel oder baut eines auf dem anderen auf?  

Bodo Wartke: Mal so, mal so. Wenn der Text zuerst da ist (was öfter passiert), versuche ich, ihm seine eh schon innewohnende Musik abzulauschen. Denn jeder Satz hat, im Affekt gesprochen, bereits eine bestimmte Melodie, einen bestimmten Rhythmus und ein bestimmtes Tempo. Diese Dinge gilt es in der Vertonung hervorzuheben und damit zu unterstreichen. Beispiel: mein Lied „Ja, Schatz!“ Wenn man diese zwei Worte leicht genervt und unterwürfig ausspricht, wie der Text es nahelegt, erklingt automatisch bereits beim Sprechen die kleine Terz. 

Im umgekehrten Fall, wenn die Musik zuerst da ist (wie im Refrain von „Ich trau’ mich nicht“), versuche ich, Worte für den bereits in der Musik vorhandenen Affekt zu finden. 

Literatopia: Hast Du früher Gedichte / Geschichten geschrieben oder tust es noch? Wo siehst Du Gemeinsamkeiten zwischen Gedichten und Liedtexten? Wo Unterschiede? 

Bodo Wartke: Ich tat es und ich tue es noch. Für mich ist Sprache als solche und vor allem die in Gedichten schon eine hochmusikalische Angelegenheit, wie oben bereits beschrieben. Ein gut geschriebenes und gut vorgetragenes Gedicht ist immer auch Musik in meinen Ohren. 

Literatopia: Im Mai bringst Du die komplette Ödipus-Sage als Ein-Mann-Stück auf die Bühne. Wie bist Du bei der Umschreibung vorgegangen? Hast Du eng am Original gearbeitet oder eher frei?  

Bodo Wartke: Die Geschichte ist original die gleiche. Allerdings läßt Sophokles die Vorgeschichte (z.B. Ödipus’ Begegnung mit der Sphinx) weg, es wird nur hin und wieder auf sie verwiesen bzw. als bekannt vorausgesetzt. Meine Version ist vollständig und chronologisch, und die Sprache ist zeitgemäßer. Und selbstverständlich gereimt! 

Literatopia: Das Projekt läuft seit fünfzehn Jahren – ist es etwas anderes, den Ödipus vor Publikum zu spielen als ein neues Programm?

Bodo Wartke: Das wird sich zeigen. Die Premiere von „König Ödipus“ ist erst im nächsten Frühjahr.

Literatopia: Du bietest auf Deiner Website Lehrmaterial zum Ödipus an und erklärst in „Die Grätchenfrage“ Schönbergs Zwölftonmusik – willst Du Deinen Zuhörern abgesehen von der Unterhaltung auch etwas beibringen?

Bodo Wartke: Ja! Aber die Unterhaltung steht dabei ganz klar im Vordergrund.

Literatopia: Deine Texte zeichnen sich vor allem durch die vielen Reime und Wortspiele aus – fliegen sie Dir zu oder „sammelst“ Du Wörter, die zusammenpassen? Wie lange arbeitest Du an einem Stück wie „Die Bürgschaft“ aus Deinem zweiten Programm, dessen Text ja nicht der kürzeste ist?  

Bodo Wartke: Die Arbeit an einem Stück kann zwischen einem Tag („Ja Schatz“) und vier Jahren dauern („Unsterblich verliebt“), je nachdem. Die meisten Reime fliegen mir tatsächlich zu, während ich an einem Stück arbeite. Ich trage aber auch stets ein kleines Ideenbuch bei mir, in das ich akute Einfälle notiere, aus denen vielleicht später mal ein Stück wird. Oder ein Programmtitel.

Literatopia: Was inspiriert Dich zu Deinen Liedern, Texten und Gedichten? Gab es vor Deinen Tiergedichten beispielsweise einen ausführlichen Besuch im Berliner Zoo?  

Bodo Wartke: Das Leben als solches inspiriert mich. Dinge, die mich ärgern oder freuen, Gechichten, die ich selbst erlebe oder die mir andere erzählen. Die Ideen liegen förmlich auf der Straße. In den Zoo gehe ich selten, und wenn, dann nicht um Gedichte zu schreiben. Ich bin kein „method rhymer“. 

Literatopia: Wir kam es eigentlich zur Idee für den Liebesliedgenerator auf Deiner Website?  

Bodo Wartke: Die Idee stammt von meinem ehemaligen Techniker Tom Harris, als ich nach und nach anfing auf der Bühne Sprachen auf Zuruf in das Liebeslied mit einzubauen. Ich war mit Tom zwei Jahre lang auf Tour. Inzwischen lebt er wieder in England. 

Literatopia: Wie lange musstest Du üben, um die Zeilen in all diesen Sprachen zu singen?  

Bodo Wartke: Das ist von Sprache zu Sprache unterschiedlich. Am schwersten fallen mir die deutschen Dialekte. 

Literatopia: Was reizt Dich allgemein an verschiedenen Sprachen? 

Bodo Wartke: Der immer noch große, doch leider stetig schwindende Reichtum an Sprachen, die es auf der Welt gibt. Jede Sprache sagt viel über die jeweilige Kultur aus, in der sie gesprochen wird.

Literatopia: Das Hemd, das gelbe, ist immer noch dasselbe - Hast Du schon Pläne für ein viertes Programm? 

Bodo Wartke: Selbstverständlich! 

Literatopia: Was erwartet uns allgemein von Dir in naher Zukunft?  

Bodo Wartke: Nach „König Ödipus“ wird mein viertes Klavierkabarettprogramm erscheinen, voraussichtlich 2010. Und ich plane bereits ein Programm mit Band und eins mit meiner wundervollen Bühnenpartnerin Melanie Haupt (Mit ihr singe ich das Lied „Quand même je t’aime“). Und es wird wahrscheinlich ein Sequel zu König Ödipus geben: „Antigone“.

Literatopia: Vielen Dank für das Interview!

 

 >>HIER<< gehts zur Homepage von Bodo Wartke!

 

Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.