Nur der Wille zählt (Fritz Pietrowiak)

Verlag: Edition Fischer / März 2009
Taschenbuch, 187 Seiten, € 9,80
ISBN: 978-3-89950-455-3

Genre: Sonstiges / Biografie


Klappentext

Mit seinen Erinnerungen will Fritz Pietrowiak aufzeigen, dass auch Kinder aus armen Familien mit starkem Willen vieles erreichen können, wenn sie nur wollen. Er wird Ende der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts als Sohn einer armen Arbeiterfamilie geboren. Während der Hitlerzeit kann er trotz guter Noten in den Schulzeugnissen nicht aufs Gymnasium gehen, da seine Eltern das Schulgeld nicht aufbringen können. Auf Anraten seines Vaters beginnt er eine Lehre bei der deutschen Reichsbahn. Sein Onkel gibt ihm als Lebensmotto mit auf den Weg: Spare, lerne, leiste was, dann hast du, kannst du, bist du was. Fortan nimmt er sich des Onkels Rat zu Herzen. Anfang 1945, mit 16 Jahren, muss er wie viele andere Jugendliche noch in den Krieg und kommt in russische Gefangenschaft, aus der er im Herbst entlassen wird. Diese Zeit hat er in einem Tagebuch festgehalten. Er kann nach der Lehre studieren, macht 1948 mit 19 Jahren seinen Ingenieur für Tiefbau und arbeitet in den VE-Betrieben der DDR schon ab dem 22. Lebensjahr in leitenden Stellungen. Später macht er sich selbstständig als freischaffender Bauingenieur und genießt Ansehen und Wohlstand. Er studiert noch einmal und macht in den Jahren 1957/58 seinen Ingenieur für Hochbau. Zu dieser Zeit werden Gesetze für Selbstständige verschärft, sodass Fritz Pietrowiak seine Lebensgrundlage verliert, den Wohnsitz im Jahr 1958 verlegen und im Westen neu anfangen muss.

In seinen Erinnerungen lässt er die harte Zeit unter Hitler noch einmal aufleben und schildert am Ende, wie das System der DDR zuletzt mit Selbstständigen umsprang, die nichts anderes wollten als weiter gute Arbeit für den Aufbau der DDR zu leisten.


Rezension

Fritz Pietrowiak, geboren in Berlin und Ingenieur für Tief- und Hochbau, präsentiert mit Nur der Wille zählt eine Sammlung von Memoiren aus einem langen, schweren, aber auch von Erfolg und Glück geprägtem Leben. Er erinnert sich an die Zeit seiner Jugend, an die geliebte Familie, den Krieg, seinen bemerkenswerten beruflichen Werdegang und an die Zeit auf der Flucht, durch die er schlussendlich alles verlor.

>> Wenn du sparst, hast du keine Schulden und damit keine Probleme, wenn du lernst, kannst du was und weißt du mehr, wenn du was leistest, kannst du mehr verdienen und durch dein Wissen auch was werden. <<

„Blicken wir zurück ...“ so beginnt Fritz Pietrowiak seine erste Erzählung, eine von vielen, die er dem Leser nahe bringen möchte. Einfach und mit klaren Worten, ohne Schnörkel. Was zu sagen ist, will er sagen und mehr noch als das. Denn erinnern sich manche Autoren, die über ihr Leben schreiben, meist ausschließlich an gewisse Momente und vergessen darüber hinaus so manches Detail, so gibt sich Fritz Pietrowiak sehr viel Mühe, es anders zu machen. Er sammelt hierbei beinahe unermüdlich Wörter, Erinnerungen, Gedanken, alte Bilder, Abschriften und Lebensdetails über alles, was sein Leben im positiven oder negativen Sinn bereichert hat. Und diese Rückblicke sind gut gestaltet. Sie erlauben es zu jeder Zeit den Überblick zu behalten, bieten jedoch auch die Gelegenheit, nicht nur von Kapitel zu Kapitel, sondern auch einfach und unkompliziert von Thema zu Thema zu springen. Langeweile kommt daher vorwiegend keine auf. Vor allem nicht, wenn man sich für die Lebenseindrücke des vergangen Jahrhunderts interessiert. Denn Fritz Pietrowiak schildert eindrücklich. Besonders herausragend weiß er darüber hinaus die Umstände seiner Jugend und die Zeit in der Hitler-Jugend, sowie als russischer Gefangener zu präsentieren. Leser, die sich für solche Dinge interessieren, werden zufrieden sein und sich vielleicht auch über Fritz Pietrowiaks kühle, distanzierte Art zu berichten freuen. Denn der Autor verirrt sich beinahe zu keiner Zeit ins Emotionale. Er bleibt kühl, sachlich und trotzdem mangelt es, wenn es darauf ankommt, nicht an Herzlichkeit. Stück für Stück schreitet er in seinem Leben voran und lässt man das letzte Drittel des Buches außen vor, so weiß er dabei durchweg zu überzeugen.

Im letzten Teil des Buches wird allerdings zu weit ausgeholt, wenn es darum geht, den beruflichen Werdegang festzuhalten. Ein Part, der – bedenkt man den Großteil der Leserschaft – überdimensionale Formen einnimmt, denn die genauen Erinnerungen an gewisse Gebäude und an manche Techniken sind im Grunde uninteressant. Zumindest wenn man kein Bauingenieure ist und sich daher für Fritz Pietrowiaks fachmännische Leidenschaft nicht begeistern kann.


Fazit

Fritz Pietrowiak erzählt aus einem langen Leben und über Deutschlands dunkle Jahre. Er lässt dabei keine unangenehmen Details aus und berichtet über die Hitlerjugend und die Zeit vor und nach diesen Jahren. Der Mut, seine Wege zu gehen, steht dabei immer im Vordergrund, ohne belehrend zu wirken. Nur das Bauwesen bringt seine Längen mit sich, was der Leser durchaus verzeihen, vielleicht aber sogar (im Ausnahmefall) begrüßen kann.


Pro und Contra

+ authentisch & interessant
+ lesenswerter, gut unterteilter Lebensrückblick
+ einfacher, flüssiger Stil
+ zum Nachdenken anregend
+ psychologisch wertvoll
+ gut vermittelte, geschichtliche Details

o manche Themen sind nicht Massentauglich

- ab und an vielleicht zu emotionslos


Wertung: Auf eine Punktewertung wurde in diesem Fall verzichtet, da es sich um einen Lebensbericht handelt.