Cross Cult (Mai 2010)
Hardcover, farbig, Seiten: 64
Preis 16,80€
ISBN: 978-3936480627
Genre: Märchen / Fabel
Klappentext
Frag nur, frag,
niemand weiß Antwort auf deine Fragen.
Denn nur die Raben kennen den Weg,
nur die Raben.
Gibt es das? Einen Ort, den man zu Fuß nicht erreichen kann? Als man ihm sagt, seine Mutter sei auf „eine lange Reise“ gegangen, kann es der achtjährige Jakob nicht glauben, dass er ihr nicht folgen kann. Doch niemand kennt den Weg zu dem Ort, zu dem die aufgebrochen ist. Und die, die ihn kennen, die Raben und Füchse, wollen ihn nicht verraten. Aber Jakob ist bereit, jeden Preis zu zahlen, um seine Mutter wiederzufinden. Auch den höchsten …
Die deutschen Newcomer Felix Mertikat und Benjamin Schreuder erzählen eine gefühlvolle und wunderschön bebilderte Comic-Fabel in der Tradition von Hans Christian Andersen, Antoine de Saint-Exxupérys „Der kleine Prinz“ und dem fantastischen Kino eines Tim Burton, die Erwachsene und ältere Kinder gleichermaßen faszinieren wird.
Rezension
„Jakob“ ist der einzige Comic bei Cross Cult, der lediglich das hauseigene Logo besitzt. Das liegt daran, dass Cross Cult eine Premiere feiert: die erste Eigenproduktion. Sicherlich eine aufregende und spannende Phase für einen Verlag. Umso beeindruckender ist, dass es sich bei den Künstlern hinter „Jakob“ Felix Mertikat und Benjamin Schreuder, um völlige Newcomer in der Comicszene handelt. Zusätzlich bewegt sich Jakob als Comic-Fabel in ungewohntem Terrain neben den überwiegend im Horror/Slasher- und Science-Fiction-Bereich angesiedelten Werken des Verlags. Bleibt die Hoffnung, dass so viel Wagemut auch belohnt wird.
„Jakob“ bietet jedenfalls genug Gründe, einen Erfolg zu verbuchen. Der Vergleich zu „Der kleine Prinz“ und ähnlich märchenhaften Geschichten ist durchaus zutreffend. Mit einer melancholischen Grundstimmung erzählt der Comic, wie Jakob den mehr als spärlichen Hinweisen der Leute nachgeht, um seine Mutter zu finden, die auf „eine lange Reise“ gegangen ist. Sich dessen nicht bewusst, was man ihm damit sagen möchte, versucht er alles, um seine Mutter zu finden. Sein Weg führt ihn in eine Fabelwelt, in der Füchse und Krähen sprechen und in dem er die Möglichkeit erhält, seine Mutter wiederzusehen, wenn er gewillt genug ist, einen hohen Preis zu zahlen.
Die Thematisierung des Todes macht „Jakob“ zu einem reifen Erwachsenencomic. (Wobei die Zusammenarbeit mit der Filmakademie Baden-Württemberg den Eindruck, es würde sich um einen zu Papier gebrachten Kurzfilm anstatt eines Comics handeln, unterstützt.) Es erzählt von verschiedenen Arten mit der Sterblichkeit umzugehen, von Wegen, Trauer zu verarbeiten und davon, wie Kinder die Welt verstehen - oder eben nicht.
Klar erkennbar sind die Anlehnungen an altertümlichere Geschichten z.B. der Gebrüder Grimm. Den Vorbildern entsprechend ist das Erzähltempo langsam und bedächtig. Die Ereignisse und Gespräche sind kurz und auf das Wichtigste begrenzt, die Bedeutungen der Begegnungen werden nur angekratzt und hinterlassen für den Leser Spielraum für Interpretationen.
Ungewöhnlich anzusehen sind die Zeichnungen. Mit Bleistift und Aquarellfarben gefertigt, wirken sie wie Rohfassungen. Alle zusammen ergeben ein Skizzenbuch, ein Storyboard, das darauf wartet, mit Tusche nachgezogen zu werden. Gleichzeitig machen die weichen Zeichnungen „Jakob“ zu etwas anderem und untermauern die Eigenheiten des Werks.
Die Charaktere sind liebevoll gestaltet. Allen voran natürlich Jakob selbst. Mit zu großen Ohren und einer Hasenscharte wächst er dem Leser schnell ans Herz. Sein Äußeres spiegelt seine Verletzlichkeit und Naivität wieder, die in jedem nachfolgenden Bild wächst.
Qualitativ sind die Bilder durchgehend gelungen und Mertikat beweist Mut und Kreativität, indem er aus dem geordneten Raster, in dem Comics gern gehalten werden, herausbricht. Bilder überschneiden sich, große und kleine wechseln sich ab und verleihen der Geschichte die nötigte Dynamik.
Jakob ist eine schöne Geschichte, rührend und tiefgründig. Anleihen von Kinderbüchern sind klar als Hommage zu erkennen und fügen sich mit den Innovationen der zwei Künstler zu einem stimmigen Ganzen zusammen. Dennoch ist „Jakob“ im Rahmen einer Diplomarbeit entstanden, es ist ein Erstlingswerk, dessen Veröffentlichung berechtigt war und das hoffentlich die verdiente Aufmerksamkeit bekommt. Ein Vergleich mit Neil Gaiman und Tim Burton ist aber etwas hoch gegriffen, auch wenn es inhaltlich in eine ähnliche Kerbe schlägt.
Fazit
„Jakob“ ist eine klassisch gehaltene Geschichte mit einem klassischen Thema, die mit fantasievollen Ideen, Figuren und Zeichnungen zu einem unorthodoxen Gesamtwerk kombiniert wurden. Beeindruckend für eine Arbeit zweier Studenten.
Pro und Kontra
+ unkonventionelle, schöne Bilder
+ rührende Geschichte
+ konsequentes Ende
+ mutiges Projekt
o eher für Erwachsene
Beurteilung:
Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5
Interview mit Felix Mertikat und Benjamin Schreuder (November 2011)