5. Dezember

Mit einem Muster aus kleinen eisweißen und herbstbunten Blättern bedruckt wartet die fünfte Schachtel auf dich. Sogar die Blattstruktur kannst du fühlen, merkst du, als du sie aufhebst. Und sie ist kalt - sehr kalt. Fast bist du versucht, Handschuhe anzuziehen, aber irgendwie gefällt dir, wie es in deinen Fingern kribbelt. Du fährst noch einmal darüber, rätselnd, was darin versteckt sein mag. Dann wirfst du einen Blick hinein.  

 

5. Schachtel: Winterprisma  

 

Ein morgenlichtblasses Tuch kleidet diesmal das Schachtelinnere aus, über dem eine Handvoll Eiskristalle ausgestreut ist. Dazwischen ein paar welke Blätter, sie scheinen dir ganz zerbrechlich, als sich ihre Herbstfarben im Reif spiegeln, der den Rand überzieht. Eine Weile betrachtest du das Bild, entdeckst auf einmal auch den Umschlag, der ganz unscheinbar an der Seite lehnt, bevor du ihn herausziehst. Du entnimmst ihm einen Papierbogen vom selben Ton, in dem das Tuch gehalten ist. Leicht eigenwillig-kantige Striche sind es, die darauf Worte formen und sich zu einem Gedicht fügen ...  

 

Winteranfang

(9. Juli 2005)

Ein Klang im Wind, ein leises Wimmern.
Letzte Tränen vom Sturm geweint –
eh’ Herbstes Lied, sein Leid, verstummt.

Die Stille haucht den Atem des Winters
auf tote Schichten gefallener Blätter
und hüllt sie behutsam in Frostes Tücher.

Aus grauen Schleiern fällt erster Schnee,
der das gealterte Jahr in Unschuld kleidet
und sein Erbrochenes mit Reinheit bedeckt.

Entlaubte Bäume mit dürren Ästen
schmücken sich mit transparenten Kristallen,
die ihre dunklen Blöße schimmernd verbergen.

Und die Kälte formt Figuren aus Wasser:
Träume aus Eis, schillernde Prismen,
die Lichter in bunten Glanz zerbrechen.
  

 

 

 


 Das Gedicht stammt von Zack, Chefredakteur und Administrator von Literatopia.

Stefan F. von www.fotocommunity.de gab uns die Erlaubnis, sein Bild „Winter-Leaves“ zu posten. Das Copyright verbleibt selbstverständlich bei ihm.

Einen großen Dank an die beiden!