Wir sind die Nacht (Wolfgang Hohlbein)

Heyne Verlag (Juni 2010)
gebunden, mit Schutzumschlag
608 Seiten, EUR 19,95
ISBN: 978-3453266780
basierend auf einem Drehbuch von Jan Berger

Genre: Mystery


Klappentext

Keine Falten, kein Älterwerden, kein Montagmorgen! Die drei Vampire Louise, Nora und Charlotte treiben in Berlin ihr nächtliches Unwesen. In einer Edeldisco trifft Louise eines Nachts auf Lena, die sich auf Diebestour in der Nacht herumtreibt, und beißt sie auf der Damentoilette. Lenas Körper verändert sich, und sie muss akzeptieren, dass sie zum Vampir wird. Erst genießt sie den Luxus, die Partys, die grenzenlose Freiheit, doch dann machen ihr die Mordlust und der Blutdurst ihrer Gefährtinnen immer mehr zu schaffen. Gleichzeitig sind Lenas Schwarm Tom und die Polizei den Vampirfrauen auf den Fersen. Lena offenbart sich Tom, dessen Liebe stärker als die Pflicht ist – was Louise eifersüchtig beobachtet …


Rezension

Vorlage für Hohlbeins neusten Roman war das Drehbuch zum gleichnamigen Film, der diesen Oktober bei uns in den Kinos zu sehen sein wird. Und eines lässt sich – unter der Voraussetzung, dass Hohlbein sich nicht zu weit vom Drehbuch entfernt hat - über diesen jetzt schon sagen; es wird ein „Knaller“ werden – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn „Wir sind die Nacht“ bietet vor allem eines: Action.

Dass dabei die Handlung eher überschaubar bleibt, überrascht nicht weiter: Lena, eine junge Frau, die sich mit kleinen Taschendiebstählen über Wasser hält, wird von einem Vampir gebissen, um sich daraufhin selbst in einen zu verwandeln. Unvermittelt gerät sie dabei in einen Konflikt zwischen jener Vampirpartei, der sie nun angehört, und einem männlichen Vampir, der mächtig ungemütlich werden kann. Davon bekommt auch die Polizei Wind, vertreten unter Anderem durch Lenas Schwarm Tom.

Lenas Hintergrund setzt Hohlbein zu Beginn des Buches stimmig in Szene; ihr soziales Umfeld wird eindrücklich und plastisch geschildert und schafft sofort eine düstere Atmosphäre, die den ganzen Roman über vorherrscht. Auch Handlungstechnisch lässt er sich nicht lange bitten und rüttelt den Leser sogleich mit einer actionreichen Verfolgungsjagd wach, die sich Lena mit der Polizei liefert. Freilich ist dieser schwungvolle Auftakt nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was den Leser an Action und Tempo im weiteren Verlaufe erwartet.
Doch zuerst wird es wieder ein wenig ruhiger – dann nämlich, wenn Hohlbein genüsslich und in aller Ruhe Lenas Verwandlung in einen Vampir schildert. Diese weiß zu überzeugen und das eine oder andere Mal auch durchaus zu schocken; seiner Angewohnheit, Protagonisten nicht zu schonen, bleibt Hohlbein natürlich auch diesmal treu.

Dies gilt auch für seine anderen Charaktere; sobald Lena sich dem Vampirtrio um Louise angeschlossen hat, lässt es Hohlbein auf eine selbst für ihn außergewöhnlich deftige Art krachen. Denn sobald Stepan – einer der einzigen beiden männlichen Vampire der Welt – auf den Plan tritt, scheint die Handlung nur noch aus einer Aneinanderreihung von Verfolgungsjagden, Schießereien und Karateeinlagen zu bestehen. Warum er Louise und ihre Vampirclique tot sehen will ist dabei ebenso zweitrangig wie Hintergründe über Hohlbeins Vampirkonzept oder der Nebencharaktere. Nicht, dass sich die Verfolgungsjagden in teuren Sportwagen oder die Kämpfe, bei denen die Charaktere eine Schneise der Verwüstung durch die Stadt pflügen, schlecht lesen lassen würden – für Kurzweil ist durchaus gesorgt. Doch dabei merkt man immer wieder, dass Hohlbein eigentlich gerne weiter gehen würde, sei es bei Charakteren oder beim gesamten Konzept des Buches. Oft blitzt der für Hohlbein so typische verborgene, schockierende und düstere Hintergrund durch, ohne es wirklich an die Oberfläche zu schaffen. Zudem wird gegen Ende nicht alles aufgelöst, was Hohlbein aufwirft. Der Verdacht liegt nahe, dass hier die Drehbuchvorlage eher einschränkend gewirkt hat, an die sich Hohlbein vermutlich doch recht stark gehalten hat – wie stark bleibt abzuwarten.

Für die Liebesgeschichte, die vermutlich auch im Drehbuch steht, gilt dies indes nicht. Denn diese Art Liebesgeschichten sind für Hohlbeins Romane fast schon obligatorisch. Leider kränkelt auch diese an den typischen Symptomen; sie wirkt konstruiert und unglaubhaft. Die Tatsache, dass diese Art Buch ohne eine solche natürlich nicht auskommen kann, macht sie nur umso vorhersehbarer und auch der kleine Twist, mit dem Hohlbein sie gegen Ende noch zu retten versucht, ist geradezu ein Paradebeispiel an Vorhersagbarkeit.


Fazit

So beendet der Leser die Lektüre schlussendlich zwar mit dem Gefühl, gut unterhalten worden zu sein, kann jedoch mit den Hintergründen und der Konzepttiefe nicht ganz zufrieden sein. Lena als Charakter ist dabei aber in Ordnung. Dies ist nicht weiter verwunderlich, ist sie doch nach Hohlbeins bewährtem Standardmuster gestrickt.


Pro & Kontra

+ tempo- und actionreich
+ atmosphärisch
+ Lenas Verwandlung

- zu wenig Hintergründe
- Handlung ohne Richtung und Ziel
- offene Fragen

Wertung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5


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