Spurlos (Katherine John)

Verlag rororo, Mai 2008
Originaltitel: without Trace, übersetzt von Thomas A. Merk
TB, 448 Seiten, € 8,95
ISBN 978-3499245824

Genre: Thriller


Klappentext

An der Autobahn in der Nähe einer walisischen Küstenstadt werden mehrere Leichen gefunden. Ohne Köpfe und Hände - und daher zunächst nicht identifizierbar. Inspector Trevor Joseph weiß nicht, ob auch der vermisste Arzt Tim Sherringham dem brutalen Autobahnmörder zum Opfer fiel. In der Stadt geht derweil das Gerücht, im Theater auf der alten Pier spuke es: Geisterhafte, als Pierrots verkleidete Gestalten wurden gesichtet. Doch diese Clowns sind böse....


Die Autorin

Katherine John ist Tochter einer deutschen Mutter und eines walisischen Vaters. Sie wurde in Pontypridd geboren und studierte Englisch und Soziologie in Swansea. Katherine John lebte in Amerika und Europa, bevor sie nach Wales zurückkehrte und sich ganz dem Schreiben widmete. Sie lebt mit ihrer Familie auf der Gower-Halbinsel in der Nähe von Swansea.


Rezension

Mitten in der Nacht klingelt das Telefon bei den Sherringhams, was allerdings nichts Ungewöhnliches ist. Denn beide sind Ärzte, sehr engagierte Ärzte. Diesmal ist es für Tim, der zu einem Notfall gerufen wird. Daisy legt sich wieder hin, nicht ahnend, dass es das letzte Mal sein wird, dass sie ihren Mann verabschiedet. Sie registriert erst spät, dass Tim verschwunden ist. Als sie die Polizei einschaltet, erfährt sie von verschandelten Leichen. Ob eine davon wohl ihr Mann ist?

Ein alter, baufälliger Pier an einer ehemals vornehmen Seepromenade an dessen Ende noch ein ebenso baufälliges, zerfallenes Theater steht: Dort werden Clowns gesichtet, mit angemalten, verzerrten Fratzen. Den Obdachlosen, Bettlern und sonstigem Gesindel, welches sich regelmäßig dort aufhält, schenkt man keinen Glauben. Auch nicht, als unauffällig ein paar Personen verschwinden, aber die vermisst ja eh keiner mehr. Denn die Clowns sind böse, sehr böse und einschüchternd.

Die ermittelnden Detectives Trevor Joseph und Peter Collins können sich keinen Reim auf das Verschwinden von Dr. Sherringham machen. Ihre Ehe war glücklich, ein Verhältnis ist nicht nachzuweisen und bei der Arbeit sind beide Ärzte sehr beliebt. Trevor wurde sogar schon einmal von Dr. Daisy behandelt, er hatte sich ein Bein gebrochen und sie war die diensthabende Notfallärztin. Einen bleibenden Eindruck hat sie bei ihm hinterlassen, ständig muss er an sie denken und würde sie liebend gerne näher kennenlernen. Allerdings ist sie verheiratet, und das auch noch glücklich und zufrieden. Ihr Mann Tim kommt aus einer reichen Familie, seinem Bruder gehört eine dubiose Privatklinik, die von den Reichen gerne in Anspruch genommen wird. Daisy möchte lieber den Menschen helfen, die es auch nötig haben und sich nicht um eingebildete Krankheiten kümmern müssen.

Von der ersten Seite an kann man das Buch kaum aus der Hand legen. Ständig kommen neue Verwicklungen und Hinweise, doch Motive findet man einfach nicht. Erst als undercover ermittelt wird, stößt man auf Spuren und Abgründe menschlichen Verhaltens. Schockierend, was alles hinter verschlossenen Türen stattfindet, wobei nach Außen hin die Maske der Wohlanständigkeit getragen wird. Menschen müssen wegen der Profitgier unglaubliches Leid ertragen, sind sie unerwünscht, werden sie spurlos beseitigt. Der Ermittler Peter Collins wirkt eigentlich immer sehr unsympathisch, aber mehr als einmal hat er die richtige Intuition. Obwohl er nach außen hin als knochenhart und sarkastisch gilt, so geht ihm das Schicksal seines jungen Kollegen doch sehr nahe. Erst ganz zum Schluß lichtet sich das Dunkel und viele lose Fäden finden zusammen. Die Thematik, die hinter den Motiven liegt, erschlägt einen fast, sie regt zum Nachdenken an und bleibt lange im Gedächtnis haften. Die Figuren sind sehr vielschichtig, mal gut, mal böse, mal naiv und dann wiederum überraschend clever, eifrig und doch die Gefahr nicht ahnend oder sehend.

Das Ende ist überraschend und unerwartet. Handys fehlen komplett, in manchen Situationen werden sie mittlerweile einfach erwartet. Internetrecherche kommt so gut wie gar nicht vor, auch ein Standard in modernen Thriller. Allerdings wurde das Buch schon 1989 geschrieben, das erklärt so einiges. Allerdings hat die Thematik von ihrer Aktualität nichts eingebüßt. Etwas unglaubwürdig ist aber die Veränderung, die einzelne Personen durchlaufen. Es ist schwer vorstellbar, dass wirklich niemand vorher auf so eine Persönlichkeitsveränderung aufmerksam wurde, niemand kann sich auf Dauer so gut verstellen und so etwas passiert auch nicht über Nacht. Der deutsche kurze und knappe Titel passt sehr gut zu dem Buch, der Verlag bringt es auf den Punkt.


Fazit

Ein furioser Auftakt einer Reihe mit Trevor Joseph und Peter Collins, ein fesselnder Schreibstil und eine hochbrisante Thematik, Katherine John hat hier ein wahres Meisterwerk an Spannung vollbracht.


Pro und Contra

+ brisante Thematik
+ fesselnder Schreibstil
+ viele überraschende Wendungen
+ Charaktere sehr wandelbar und nicht einzuordnen
+ spannend bis zum Schluß

- fehlendes Bemerken der Persönlichkeitsänderung

Wertung:

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5