Leblos (Katherine John)

Verlag rororo, Oktober 2009
Originaltitel: Murder of a Dead Man, übersetzt von Bettina Zeller
TB, 397 Seiten, € 8,95
ISBN 978-3499248559

Genre: Thriller


Klappentext

Schon immer galt das Viertel unten am Hafen als Brutstätte des Verbrechens. Doch selbst hier hat man noch nie einen so grausigen Mord gesehen wie diesen: Ein Obdachloser, bei lebendigem Leib verbrannt, vorher wurde ihm das Gesicht bis zur Unkenntlichkeit zerschnitten. Doch der größte Schock erwartet Inspector Trevor Joseph und seine Kollegen, als der tote mühsam identifiziert ist. Es war gar kein Obdachloser, es war ein junger Anwalt. Und der ist offiziell seit zwei Jahren tot.


Die Autorin

Katherine John ist Tochter einer deutschen Mutter und eines walisischen Vaters. Sie wurde in Pontypridd geboren und studierte Englisch und Soziologie in Swansea. Katherine John lebte in Amerika und Europa, bevor sie nach Wales zurückkehrte und sich ganz dem Schreiben widmete. Sie lebt mit ihrer Familie auf der Gower-Halbinsel in der Nähe von Swansea.


Rezension

Trevor Joseph und Peter Collins sind wieder da. Am ehemaligen Pier, den wir schon aus Spurlos kennen, wird ein Obdachloser verbrannt. Viel ist von ihm nicht mehr übrig, der Rest reicht aber für eine Identifizierung aus. Er ist ein ehemaliger Anwalt, den es wohl auf die Straße verschlagen hat. Kurios ist nur, dass dieser Anwalt schon seit zwei Jahren tot ist, nicht unter mysteriösen Umständen verstorben, die sein erneutes Auftauchen rechtfertigen würden. Allerdings wurde ihm sein Gesicht gestohlen, in der Leichenhalle hat jemand fachgerecht die Gesichtshaut entfernt. Es wird dann noch kurioser, als doppelt totgesagter Anwalt, bzw. sein Gesicht, ein paar Tage später putzmunter gesehen wird - aber immer noch als Obdachloser.

Langsam und langatmig machen sich Trevor und sein Team an die Aufklärung des mysteriösen Falles. Was macht jemand mit einem abgetrennten Gesicht? Funktionieren Gesichtstransplantationen tatsächlich? Bei der Suche nach Antworten stößt Trevor auf seine langjährige große Liebe. Daisy Sherringham ist wieder in der Stadt. Sie gehört einem neu gegründeten Ärzteteam an, das sich im Krankenhaus mit genau diesen Transplantationen befasst. Sie weiß von einigen geglückten Operationen, aber nicht alle sind dokumentiert worden. Trevor ist hin und weg, er vergisst alles um sich herum, wenn er in Daisys Nähe ist. Dabei ist er doch mit Lyn, einer Krankenschwester aus Atemlos, liiert. Lyn ist viel jünger als er, ihr fehlt noch das Verständnis für seinen Beruf und die Hingabe dafür. So kommt es oft zu Reibereien zwischen ihnen, die ihren Höhepunkt erreichen, als Daisy wieder auftaucht. Wie wird sich Trevor aus der Affäre ziehen? Wird sich sein größter Wunsch endlich erfüllen und er mit Daisy zusammenkommen? Lyn ist zickig, ungestüm und ungerecht, der Eindruck vertieft sich immer mehr, dass sie und Trevor überhaupt nicht zusammen passen. Da ist Daisy schon ein anderes Kaliber. Ruhig, besonnen und äußerst kompetent bringt sie sich in die Geschichte ein und versorgt Trevor mit hochbrisanten und delikaten Details aus ihrer Abteilung. Warum sollte sich wohl jemand einer Gesichtstransplantation unterziehen wollen? Da bekommt der letzte Fall eines entflohenen Sträflings ein ganz neues Gesicht. Ein bekannter Schauspieler hat angeblich seine Frau umgebracht, im Indizienprozess wurde er schuldig gesprochen. Ein idealer Kandidat also.

Peter unterdessen verliebt sich in seine Kollegin Anna. Gegensätzlicher könnten die beiden gar nicht sein, Peter, der Saubermann, der viel Wert auf Ordnung legt, und Anna, die keinen mehr unangemeldet in ihre Wohnung lassen kann, die mittlerweile im Chaos versinkt. Ist sie wohl die Richtige für Peter? Diese beiden Liebesgeschichten überlagern auch den ganzen Fall. Ständig denkt Trevor an Lyn oder Daisy, er muss sich rechtfertigen und mit Lyns Unverständnis, ihrer Eifersucht und irrationalen Handeln fertig werden. Peter und Anna kommen sich näher, als sie undercover in einem von Obdachlosen besetzten Fabrikgebäude ermitteln, sie sind immer noch auf der Suche nach dem fehlenden Gesicht. Viele Details über die Obdachlosen und ihre unermüdlichen Helfer, die ihre Lage verbessern wollen, ausführliche Gespräche über Transplantationen und allgemein eine etwas langatmige Schreibweise machen das Buch nicht gerade zu einem Pageturner. Die Charaktere bleiben distanziert, sie nerven eher und ihre Handlungen sind oft unüberlegt. Der Täter ist überraschend und wird noch fast wie ein weißes Kaninchen aus dem Hut gezaubert, die Spannung bleibt aber leider auf der Strecke. Zwar ist dieses Buch wieder etwas besser als Atemlos, kommt aber an die Genialität der früheren Werke nicht heran. Lediglich der Plot, das Thema um die Transplantationen und das Verwirrspiel um das Gesicht des Anwalts tragen dazu bei, dass man das Buch doch nicht aus der Hand legen kann. Denn die Sache mit dem Gesicht ist nun wirklich vertrackt, es dauert schon so einige Zeit, bis man genau dahinterschaut, wer nun eigentlich wer ist. Das Ende ist zum Glück wieder mal überraschend und man tappt lange im Dunkeln über den Täter und sein Motiv.

Ausnahmsweise sind diesmal die deutschen Titel besser gelungen als die Originaltitel. Kurz und knapp hat der Verlag auf ein Wort reduziert, was die Kernaussage des jeweiligen Buches ist. Sehr schön auch die dazu passenden Cover, hier bei Leblos das blutige Messer.


Fazit

Etwas besser als der Vorgänger, aber immer noch nicht ein wirklicher Pageturner. Trevor nervt mit seinen privaten Problemen, seine Zerrissenheit zwischen Lyn und Daisy ist ein zu ständiges Thema, besonders, da man nicht den Eindruck hat, dass Lyn und er gut zueinander passen. Das Transplantationsthema ist interessant genug, um den Leser bei der Stange zu halten. Auch die Geschichte um Anna, Peter und den Schauspieler ist reizvoll, hier hätte man sich ein anderes Ende gewünscht.


Pro und Contra:

+ Gesichtstransplantationen
+ Daisy ist wieder da
+ Peter entwickelt sich zu einer netten Person
+ interessante Details über Obdachlose

- zwischendurch immer mal wieder langatmig
- Trevors Beziehungskrise nervt
- Lyn wirkt nicht sehr sympathisch
- Spannungsbogen kann auch hier wieder nicht durchgehend gehalten werden

Wertung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 3/5


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