Schonungslos (Katherine John)

Verlag rororo, Juni 2010
Originaltitel: Black Daffodil, übersetzt von Bettina Zeller
TB, 352 Seiten, € 8,95
ISBN 978-3499254215

Genre: Thriller


Klappentext

Für Inspector Trevor Joseph und seine Frau Lyn geht ein sehnlicher Wunsch in Erfüllung: die Geburt des ersten Kindes steht bevor. Trevor hat schon Urlaub eingereicht, da durchkreuzt ein brisanter Fall seine Pläne: Mit seinen Kollegen soll er die Drogengangs von Cardiff undercover durchdringen und herausfinden, wer die tödliche Designerdroge „Black Narcissus“ in Umlauf gebracht hat. Aber als Trevors Undercover Partner einer nach dem anderen verschwinden – nur um bald als Leichen wieder aufzutauchen -, kommen dem Ermittler Zweifel, ob er die Geburt seines Sohnes überhaupt noch erleben wird...


Die Autorin

Katherine John ist Tochter einer deutschen Mutter und eines walisischen Vaters. Sie wurde in Pontypridd geboren und studierte Englisch und Soziologie in Swansea. Katherine John lebte in Amerika und Europa, bevor sie nach Wales zurückkehrte und sich ganz dem Schreiben widmete. Sie lebt mit ihrer Familie auf der Gower-Halbinsel in der Nähe von Swansea.


Rezension

Auf einer Party eines reichen Studenten wird eine neue Designerdroge herumgereicht, Black Narcissus. Allerdings war die Droge nicht ganz astrein gemischt, sie verursacht schwere Wahrnehmungsstörungen. Nicht nur das. Wie jede andere Droge auch ist sie Gift für bestimmte Körpereigenschaften, einige Jugendliche sterben nach ihrer Einnahme. Trevor und Peter sollen mit einigen Kollegen undercover ermitteln und die Drahtzieher schnappen. Dafür werden sie entsprechend ausgestattet, bei materiellen Dingen wird an nichts gespart, die Asservatenkammer gibt genügend her. Designerklamotten, Waffen – sogar ein Maserati wurde einst von der Polizei konfisziert und kommt nun zum Einsatz. Es soll ja alles echt aussehen. Und genau hier ist der Knackpunkt an der Geschichte – es soll echt aussehen, wirkt aber nicht so. Man kann eben nicht ehrbare Polizisten einfach in skrupellose Drogendealer verwandeln, selbst nicht, wenn sie eine Glatze verpasst bekommen.

Als schwerreiche, ehemalige Cops werden Trevor und Peter in ihr Zielgebiet eingeschleust und übernehmen – mal eben – das Drogengebiet. Gibt ja auch kaum Dealer, die dort schon vorher Drogen verkauft haben. Um die auszuschalten, muss man absolut gewissenlos sein – denn die anderen haben auch kein Gewissen. Das passt allerdings so überhaupt nicht zu ihren Charakteren, sie wirken nicht ansatzweise nur ein einziges Mal glaubhaft. Weitere Cops werden in Drogengangs eingeschleust, verschiedene Staatsangehörige bleiben unter sich, Chinesen zu Chinesen, Russen zu Russen und so weiter. Zwei junge Nachwuchspolizisten werden in eine ärmliche Gegend verpflanzt, wo sie in heruntergekommenen Wohnungen billige Pillen verkaufen und auch – mal eben – Black Narcissus auftreiben und die Herrschaft übernehmen sollen. Von diesem Zeitpunkt an wird man von der Autorin in eine wahnwitzige Story geführt, die weder Hand noch Fuß hat. Wer sich nur ein bisschen in Drogenkreisen auskennt, weiß, dass Undercoveragents höchst gefährlich leben und sich jahrelang dort aufhalten, wenn sie auch nur ansatzweise etwas erfahren wollen. Es kann keiner einfach auftauchen, klischeebehaftet bis zur Rolex und ein Gebiet übernehmen, das funktioniert weder im Leben noch im Buch. Nicht vorstellbar, wie Trevor und Peter sich dort behaupten wollen. Viele Ungereimtheiten häufen sich und machen die Story nach und nach zur Lachnummer. Da werden zwei junge Leute von vier Dealern brutal zusammengeschlagen, die aber sofort handzahm werden, als Trevor und Peter nur auftauchen. Anschließend stehen die beiden jungen Leute auf und machen ihre Arbeit weiter, brauchen noch nicht einmal einen Arzt. Jeder Leser, der aufmerksam der Schilderung des Überfalls gefolgt ist, weiß, dass dieses unmöglich ist, nach solchen Tritten steht keiner so schnell wieder auf.

Als ihre ersten Kollegen ermordet werden, machen sie sich Gedanken, ob ihre Tarnung irgendwie aufgeflogen ist. Die Drahtzieher scheinen doch mächtiger zu sein, als sie dachten. Oder waren sie einfach nur unvorsichtig? Völlig unauffällig, wenn neu angekommene Dealer neugierige Fragen stellen zu Sachverhalten, die sie noch gar nicht wissen können. Ihr Kontaktmann ist als Immobilienmakler getarnt, auch das ist völlig normal, dass ständig verschiedene verdächtig aussehende Personen in seinem Büro ein- und ausgehen. Den Höhepunkt liefert dann noch Daisy, mittlerweile mit Peter zusammen, die sich weigert, sich in Sicherheit zu bringen, obwohl schon andere Ehefrauen von involvierten Kollegen bedroht und entführt wurden. Sie ist ja Ärztin und unabkömmlich, außerdem nicht mit Peter verheiratet. Wer sollte sie denn im Visier haben. Wird ihre Sturheit ihr wohl noch zum Verhängnis?

Es gibt wenig, was von dieser Geschichte nachhaltig im Gedächtnis bleibt, außer ihrer Unglaubwürdigkeit. Nichts passt zusammen, je mehr man liest, desto mehr fühlt man sich verschaukelt. Wem will Katherine John denn hier etwas vorgaukeln? So wie sie es sich vorstellt, funktioniert es nicht. Die Spannung tendiert gegen null, obwohl der Täter zum Schluß noch überraschend ist, hinterlässt alles einfach ein schales Gefühl. Gelungen ist dagegen mal wieder der deutsche Titel und das Cover, schonungslose Aufklärung ist vonnöten, und eine Spritze hat viel mit der Handlung zu tun.


Fazit

Unrealistisch, unglaubwürdig und ein abstruser Plot hinterlassen ein Gefühl des leichten Zorns. Als Leser fühlt man sich verschaukelt und in eine Phantasiewelt geführt, die so nicht funktioniert. Handlungen passen nicht zu Charakteren und umgekehrt. Es ist besonders traurig, da man genau weiß, dass Katherine John es wesentlich besser kann. Mit diesem vierten Teil hat sie ihre Hauptpersonen ad absurdum geführt, sie hat ihnen eine unerfreuliche Entwicklung verpasst. Hoffentlich findet sie wieder zu alter Stärke zurück, denn Regungslos, ihr nächstes Buch handelt wieder von den beiden Polizisten. Irgendwie sind sie einem ja doch ans Herz gewachsen, für die unpassende Geschichte können sie nichts.


Pro und Contra

+ Peter und Trevor sind in ihrem Privatleben angekommen
+ überraschender Täter

- zwischendurch immer mal wieder langatmig
- unglaubwürdiger und unrealistischer Plot
- keine Spannung
- zu viele Klischees
- Handlungen und Charaktere passen nicht zueinander

Wertung:

Handlung: 1/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 1,5/5
Preis/Leistung: 3/5

Preis/Leistung: 3/5