Dennis Ostermann von In Strict Confidence (15.08.2010)

Interview mit Dennis Ostermann
(In Strict Confidence)

Literatopia: Hallo Dennis! Kürzlich ist das Artbook “Laugh, Cry and Scream” von Stefan Heilemann inklusive Soundtrack von In Strict Confidence erschienen. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit? Und was erwartet alle Interessierten?

Dennis Ostermann: Ich arbeitete für Pressefotos bereits zuvor mit Stefan Heilemann zusammen. Dabei kamen wir auf das Thema Buch zu sprechen. Er hatte bis dato noch keines veröffentlicht, aber Mengen an gutem Material, das es wert war als Buch veröffentlicht zu werden. Ich bot an darüber hinaus diesen "Compilation-Soundtrack" von IN STRICT CONFIDENCE beizusteuern, um das Ganze noch etwas interessanter zu machen.

Literatopia: Hattet Ihr beim Zusammenstellen des Soundtracks Heilemanns Bilder stets vor Augen? Sind die neuen Titel / Remixe vielleicht sogar von den Artworks inspiriert worden oder haben sie einfach nur perfekt dazu gepasst?

Dennis Ostermann: Ich glaube die Titelauswahl ist uns recht gut gelungen. Wir haben uns vor allem auch auf Songs konzentriert, die eine Bildsprache beinhalten und somit das Visuelle stützen.

Literatopia: Wie würdest Du die Musik von In Strict Confidence all jenen beschreiben, die Euch noch nicht kennen? Und was hältst Du allgemein von Einordnungen wie „EBM“, „Elektro“, „Synth Pop“ etc.?

Dennis Ostermann: Ach, solches Einsortieren in Schubladen überlasse ich gerne anderen. Zumal ich die Antwort nicht weiß und mir immer wieder auffällt, dass andere uns immer in verschiedene Genres stecken.


„Eilt herbei ihr Engel / Die ihr über mich wacht /
Hüllt mich ein in Flammenschwingen / Tragt mich fort in ewige Nacht“
(aus „Ewige Nacht“)


Literatopia: In Strict Confidence gibt es nun schon seit fast 20 Jahren. Mit welcher Intention haben Du und Jörg die Band gegründet? Welche musikalischen Einflüsse haben Euch und Euren Sound geprägt? Und was geht Dir durch den Kopf, wenn Du an Eure Anfänge denkst?

Dennis Ostermann: Als wir in jungen Jahren anfingen Musik zu machen, konnte man natürlich noch nicht von einer Band oder gar ISC reden. Es war mehr eine naive Begeisterung von den technischen Möglichkeiten, die sich mit elektronischen Instrumenten und Effekten verwirklichen ließen. Wir sind Kinder der elektronischen 80er Jahre Musik. Geprägt haben uns dann eher Bands wie Skinny Puppy oder Frontline Assembly, die sehr unkonventionellen Sound machten.

Literatopia: Eure neues Album „La Parade Monstrueuse“ ist unter anderem als wunderschön gestaltete Limited Edition mit zwei CDs im Kästchen inklusive schöner Artprints erschienen. Ist Euch in Zeiten der schnellen mp3-Downloads eine gelungene Gestaltung Eurer Alben besonders wichtig?

Dennis Ostermann: Nicht nur auf Grund dem Download-Trend etwas noch entgegenzuwirken machen wir uns die Arbeit mit den aufwendigen Artworks, sondern weil es uns selbst reizt auch über die Musik hinaus visuell zu arbeiten. Das Auge hört mit!.


„One drop drowns your memory / In the lake of loss /
One drop sells your sanity / And nails you to the cross”
(aus “One Drop”)

 

Literatopia: Die Booklets Eurer Alben sind recht aufwändig gestaltet. Es gelingt Euch fabelhaft, Eure Texte gekonnt in Szene zu setzen und mit passenden Artworks Euren Sound zu unterstreichen. Musik, Literatur und bildende Kunst treffen dabei aufeinander – was bedeuten Dir persönlich geschriebene Worte / ausdrucksstarke Bilder?

Dennis Ostermann: Ich bin ein sehr "visueller" Mensch. Lasse mich von guten Fotos und bildgewaltigen Filmen gerne begeistern. Bei Worten ist es eher so, dass ich lieber Texte schreibe als lese.

Literatopia: „Exile Paradise“ ist insgesamt ein relativ ruhiges, sehr melodisches Album geworden. Auf dem neuen Album schlagt Ihr dagegen eher rockige Klänge an. Wie wichtig ist Euch ein stimmiges Gesamtkonzept?

Dennis Ostermann: Am wichtigsten ist eine gebotene Abwechslung. Dies nicht nur von Album zu Album, sondern auch auf einem solchen sollte es möglichst eine große Bandbreite geben, um langfristig den Weg in den CD Player zu finden.

Literatopia: Bei In Strict Confidence schreiben gleich mehrere Bandmitglieder Texte. Wie können wir uns das vorstellen? Schreibt Ihr gewissermaßen abwechselnd oder arbeitet Ihr einfach genauso zusammen an Texten wie an Euren Songs?

Dennis Ostermann: Den Löwenanteil der Texte schreibe ich selbst. Hin und wieder kam es vor dass unsere Sängerin aber auch eigene Texte mit einbrachte. Dies geschieht meist unabhängig voneinander.


„Ihr lasst die Liebe sterben / auf dass die Welt zerbricht /
den gehörnten Retter / stets im Angesicht“
(aus „Der Teufel“)


Literatopia: Wie wichtig ist für Dich ein Text im Vergleich zur Musik? Was baut Euch auf dem anderen auf? Entstehen zuerst die Melodien und später die sprachliche Umsetzung dazu oder schwirren erst die Worte im Kopf herum, um die Ihr Eure Klänge spinnt?

Dennis Ostermann: Musik und Text gehören zusammen und müssen ein stimmiges Bild ergeben. Als erstes entsteht immer die Komposition bei uns, auf welche dann der Text geschrieben wird.

Literatopia: Sowohl Eure Texte als auch Euer Sound sind überwiegend düster und melancholisch. Einsamkeit, Depression, aber auch Sehnsucht und Liebe spielen dabei eine große Rolle. Wie viel von Euch steckt in Eurer Musik? Rührt die Intensität Eurer Musik daher, dass sie auf Euren ganz eigenen Emotionen und Gedanken aufbaut?

Dennis Ostermann: Nicht zwingend, aber sicher teilweise stimmt das. Wir sind durchweg sehr positiv eingestellte Menschen, aber Melancholie und Sehnsucht haben ebenfalls durchaus viel Positives, deshalb sehe ich das nicht im Widerspruch. Natürlich gibt es Texte, die noch weiter gehen und vielleicht sogar einen depressiven Unterton haben - allerdings muss ja auch ein guter Krimi-Autor nicht Mörder sein, um einen spannenden Roman zu verfassen.

Literatopia: Der Kontrast zwischen Deiner oftmals harten Stimme und den sanfteren, weiblichen Stimmen prägen Euren Sound stark. Wie kam es damals dazu, dass Du und Jörg Euch entschieden habt, weibliche Verstärkung dazuzuholen?

Dennis Ostermann: Zufällig. Ich lernte unsere damalige Sängerin kennen und wir legten einfach los. Groß geplant war das nicht, ist aber heute auch nicht mehr wegzudenken.


„Now it’s time to pay the price / painful ist the cost /
in the dawn of innocence / your paradise is lost”
(aus “Forbidden Fruit”)


Literatopia: Denkst Du, ein Künstler / eine Band sollte seine / ihre Songs grundsätzlich selbst schreiben und komponieren? In den Charts tummeln sich immer mehr Songs, die Personen im Hintergrund geschrieben haben und die von durchgestylten, auf bestimmte Zielgruppen ausgerichteten Idolen gesungen werden – kann solche Musik überhaupt noch echte Emotionen rüberbringen?

Dennis Ostermann: Ich bin da relativ schmerzfrei. Es gibt viele Songs die mir gefallen, obwohl ich weiß, dass sie von xy geschrieben sind. Wenn das Gesamtbild Sinn macht, habe ich da nichts dagegen. Es funktioniert oft eben nur als Teamwork - und wenn der Songwriter eben lieber im Studio sitzt und komponiert als auf der Bühne zu stehen, sollte man ihm das nicht vorwerfen. Aber Charakter und Leidenschaft sollten beim "Interpreten" erkennbar sein oder zumindest eine gewisse Spannung haben. Bei diesen künstlich gezüchteten, dauergrinsenden "Plastic-Acts" hört allerdings bei mir der Spaß auch auf.

Literatopia: In vielen Eurer Texte finden sich Reime. Teilweise klingen sie rein, teilweise auch gebrochen. Einen lyrischen Charakter besitzen sie zudem durch ihre Rhythmik und vor allem durch die gedankliche und emotionale Tiefe. Hast Du früher Gedichte geschrieben / schreibst Du noch welche? Oder kannst Du von lyrischen Werken Deiner Bandkollegen berichten?

Dennis Ostermann: Das muss ich alles verneinen.

Literatopia: Eure Texte sind oftmals komplett deutsch oder englisch, manchmal aber auch gemischt. Warum wechselt Ihr zwischen den Sprachen? Kann man im Englischen manches einfach besser ausdrücken und umgekehrt? Oder hängt das eher mit den verschiedenen Textern zusammen?

Dennis Ostermann: Auch hier gibt es keine feste Herangehensweise. Englisch ist natürlich in den letzten Jahrzehnten international als Musiksprache etabliert. Im Deutschen läuft man manchmal Gefahr, dass es zu direkt klingt, zu sehr aneckend - zumindest hierzulande. Im Englischen geht "alles". Aber trotzdem liebe ich die deutschen Texte.

 

„Ich bau dir ein Zauberschloss / wie im Märchenland /
hoch über den Wolken / bleiben wir beide unerkannt“
(aus „Zauberschloss“)


Literatopia: Machst Du es Dir an einem ruhigen Abend gerne mal mit einem guten Buch gemütlich? Welche Genres haben sich in Deinem Bücherregal versammelt? Und welches Werk hat Dich richtig beeindruckt?

Dennis Ostermann: Die Frage auf mein Bücherregal kann ich nicht Genre-bezogen beantworten. Ich bin "Jäger und Sammler". Das bezieht sich in erster Linie auf ältere und ausgefallene Dinge, überhaupt nicht auf Kunst oder Wertgegenstände. Die Bücher, die ich besitze, sind entsprechend in die Jahre gekommene Exemplare. Die Zeit zu lesen nutze ich ansonsten eher, um selbst zu schreiben.

Literatopia: Was wird uns in naher Zukunft von In Strict Confidence erwarten? Seid Ihr erstmal mit Eurem neuen Album auf Tour? Und wird es weitere Projekte mit Künstler oder auch Autoren geben?

Dennis Ostermann: Wir werden dieses Jahr noch einige Konzerte im In- und Ausland spielen und parallel an neuen Songs arbeiten. Weitere Zusammenarbeiten wird es sicher geben, konkret steht aber nichts an.

Literatopia: Vielen Dank für das Interview, Dennis!

Dennis Ostermann: Ich habe zu danken.

 

 


Bilder: Copyright by Stefan Heilemann und In Strict Confidence

Homepage der Band: http://www.instrictconfidence.com/

Rezension zu "Laugh, Cry and Scream"


Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.