17. Dezember

Fedrigweich empfängt dich die heutige Schachtel, über und über mit kleinen Daunen bedeckt, die leicht zittern, als sie einer deiner Atemzüge streift. Als du hineingreifst, schmiegen sie sich an deine Finger und du genießt das Gefühl der behutsamen Berührung auf der Haut. Am liebsten würdest du die Nase hineinstecken, oder gleich das ganze Gesicht hineinkuscheln. Einmal noch bläst du über den Flaum, dann hebst du den gefiederten Deckel ...  

 

17. Schachtel: Beflügelt  

 

Ein winziges Häusermeer erstreckt sich unter deinem Blick, weiß beschneit, dazwischen ein paar Bäumchen, die die Straßen säumen. Aus ein paar der Schornsteine steigt tatsächlich Rauch auf, der dich ein bisschen in der Nase kitzelt. Du atmest einmal ein bisschen tiefer ein, spürst dem Geruch der winterlichen Luft nach. Dann entdeckst du den Umschlag, der in einem Gässchen steckt. Du ziehst ihn heraus, entnimmst ihm einen Papierbogen, der von dunkelblau geschwungenen Linien umrahmt ist, und beginnst, zu lesen ...   

 

 

Flügel

Ich wünsch dir Flügel, zu entflieh’n,
Flügel, lautlos aufzusteigen,
Flügel, endlos hin zu zieh’n,
bis ins weite Reich des Schweigens.

Flügel, Erinnerung zu dir zu tragen,
Flügel, in ferne Zukunft zu reisen,
Flügel, Träume auch zu wagen,
und Flügel, Hoffnung dir zu weisen.

Doch wenn dein Herzschlag ruhiger ist
und befreit von Alltagsplagen,
wenn du wieder bei dir bist,
soll’n dich deine Flügel tragen

in die lauten, schrillen, grellen,
in die trostlos-stumm bedrückten,
in die bunten, fröhlich hellen,
in die stürmisch-zart-verrückten

Arme dieser Welt zurück.
  

 


 Sowohl das heutige Gedicht als auch die beiden Fotos hat Literatopia-Mitglied Ichigo eingesandt. 

Herzlichen Dank für den Ausflug!