19. Dezember

In tiefem Blau ist die heutige Schachtel gehalten, darüber spannt sich ein weißer Schleier, von Mustern durchbrochen, durch die die Farbe schimmert. Ein eigentümlich zerbrechlicher Anblick, will dir scheinen, und du verharrst einen Moment, bevor du den Deckel hebst und hineingreifst ... 

 

   19. Schachtel: Winterblüten  

 

Deine Finger tasten über dunklen Stoff, mit dem das Innere ausgeschlagen ist; die genaue Farbe kannst du im Zwielicht nicht feststellen. In der Mitte, wie verloren, ein kahler Zweig ... oder halt, nicht ganz kahl: eine kleine Blüte sprießt aus dem Holz. Als du genauer hinsiehst, erkennst du, dass rund um den Ast weitere Blüten liegen, schon abgefallen, welk, nur die eine klammert sich noch daran fest. Du wagst gar nicht, sie zu berühren. Unter dem Zweig steckt der Umschlag. Du wischst ein paar Blütenblätter weg und ziehst ihn hervor – entnimmst ihm einen Papierbogen, auf dem sich kräftig-hastende Linien zu einem Gedicht formen, von silbrigem Rand gerahmt ...  

 

Stille Nacht, heilige Nacht
(19. November 2008)

Ich hab mir
ein Messer an den Hals gehalten
weil heut das Fest der Liebe ist

und ich bin
nur als Hülle durch die Welt gerannt
auf der Suche nach schönen Sekunden

eine war
als wir unterm Weihnachtsbaum saßen
und nicht einmal das Schlimmstgefürchtete geschah

 

 

  


 Dieses Gedicht wurde von Literatopia-Mitglied Zwielichtstochter für den Adventskalender eingesandt.

Das Bild dazu spendete Claudia Jallonardo von www.fotocommunity.de – das Copyright verbleibt selbstverständlich bei ihr.

Herzlichen Dank den beiden!