Gothic - Darker Stories (Hrsg. Boris Koch)

Beltz und Gelberg (Februar 2010)
Taschenbuch, 272 Seiten, 8,95 EUR
ISBN: 978-3-407-74205-6

Genre: düstere Phantastik-Anthologie


Zum Inhalt

Es wird immer wieder Nacht:
Darker Stories - noch düsterer, romantischer und schwärzer ...
Sehnsüchtiges Verlangen nach Unsterblichkeit, bedrohliche Schemen in der Nacht, blankes Entsetzen in verlassenen Gemäuern ...

Nach dem großen Erfolg des ersten Bandes jetzt 20 neue wohlig-düstere Gothic-Stories, um schaurige Kreaturen der Finsternis, tödliche Liebe, Geistererscheinungen, mysteriöse Rituale oder die Angst vor der Dunkelheit: Markus Heitz, Jörg Kleudgen, Maike Hallmann, Christian von Aster, Christoph Hardebusch, Sylvia Ebert sowie 14 weitere namhafte Autoren aus der Gothic- und Fantasy-Szene beschreiten aufs Neue den Weg in die Dunkelheit.


Rezension

Wie schon „Gothic – Dark Stories“ ist auch diese Anthologie auf ein eher jüngeres Publikum ausgerichtet und widmet sich neben den düsteren Seiten der Phantastik vor allem auch Problemen junger Menschen. Dabei glänzen die „Darker Stories“ abermals mit Vielseitigkeit. Die Themen der einzelnen Geschichten variieren so stark, dass eigentlich keine Langeweile aufkommen sollte. Doch gerade wegen dieser Variation wird nicht jedem Leser alles gefallen, was man dem Herausgeber bei einer Anthologie mit zwanzig Titeln keinesfalls zum Vorwurf machen kann. Eher wird sich hier für jeden Geschmack etwas finden, sei es die Vorliebe für Geistergeschichten oder dunkelgeschminkte Protagonistinnen. Auch eher ungewöhnlichen Wesen wir Krokodilmädchen haben hier ihren nicht ganz ekelfreien Auftritt, genauso wie die „Nasty Sirens“, die einen jungen Griechen bis nach Amerika verfolgen. Christoph Hardebusch erzählt eine Piratengeschichte, in der ein junges Mädchen zur Heldin wird und bei Malte S. Semptens „The Gothic Experience“ endet ziemlich böse. Zwanzig Geschichten sind etwas viel, um sie hier zu diskutieren, daher nur eine kleine Auswahl, was diese Anthologie zu bieten hat:

Gleich die erste Geschichte – „Gothic Lolita“ von Melanie Stumm – gehört zu jenen, die auch nach Lektüre der kompletten Anthologie sehr präsent im Kopf des Lesers bleiben. Das japanische Setting hebt sie von den anderen Stories ab, hinzu kommt eine zarte und verzweifelte Romantik, die sich in blutigen Tränen spiegelt. Die Auflösung dieser Geschichte ist eine gelungene Überraschung, die nochmals ein gänzlich anderes Licht auf das Geschehen wirft.

Der „Teenie Slasher“ von Tobias O. Meißner ist eigentlich Schauspieler, der in seiner Rolle als The Axemaster vollkommen aufgeht. Das einzige, was ihm einen Tag am Set vermiest, sind die Girlies mit ihren Staravancen, deren Rolle sich eigentlich darauf beschränkt, vom Axemaster in bester Teenie Slasher Manier abgeschlachtet zu werden. Wirklich „dark“ ist diese Story nicht, aber ziemlich unterhaltsam.

Rabea“ von Jörg Kleudgen gehört zu den eher leisen Geschichten dieser Anthologie. Einfühlsam schildert der Autor eine einseitige, junge Liebe, die in ihrer vollkommenen Akzeptanz zu berühren vermag. „Rabea“ ist ein etwas seltsames Mädchen, das tote Vögel sammelt, fasziniert jedoch den Leser wie auch den Protagonisten. Melancholisch, romantisch und am Ende ein bisschen hoffnungsvoll.

Mit „Licht“ wagt sich Christopher Kloeble an eine sehr junge Protagonistin, was eine Identifikation erschwert. Sofie hat schreckliche Angst im Dunklen. Die Geschichte beginnt, als sie nachts in ihrem Kinderzimmer aufwacht. Die Furcht treibt das kleine Mädchen aus dem Bett und zu ihrer Mutter, doch die ist nicht da. Der Leser kriegt leider recht schnell mit, wie die Geschichte ausgeht – die Darstellung der kindlichen Angst vor der Dunkelheit ist jedoch gut gelungen.

Bei Markus Heitz geht es „Paranormal“ zu. Die Protagonistin, die sich selbst als Gothic bezeichnet, hat Angst davor, in den Keller zu gehen. Ein Buch über Geisterspuren verstärkt ihre Paranoia vor rachsüchtigen Toten, sodass ihre Alpträume wahr zu werden scheinen. Am Ende wartet eine kleine Überraschung, die im Kontext der Geschichte allerdings nicht überzeugt.

Jedem Autor bleiben für seine Geschichte in „Gothic – Darker Stories“ nur etwa zehn Seiten – wie schon beim Vorgänger reicht das den meisten auch vollkommen aus, um ihr düsteres Szenario zu entfalten. Wieder gibt es qualitative Schwankungen, allerdings nicht so stark wie bei den „Dark Stories“. „Darker“ sind die Geschichten in dieser Anthologie nicht, im Durchschnitt aber besser. Es gibt wieder jene, die den Leser gänzlich überzeugen und daneben einige, die dennoch ganz solide geschrieben sind. Hier und da ist der Plot etwas platt, was glücklicherweise eher die Ausnahme als die Regel ist. Dafür finden sich mehr kreative Ideen und verschiedenste Grundstimmungen. Von romantisch und melancholisch über gruselig bis hin zu (schwarzem) Humor ist alles dabei. Die Gestaltung ähnelt den anderen „Gothic“-Büchern, lediglich Farbe des Schriftzugs und die Tribalformen weichen ab. Leider bilden sich relativ schnell Knicke im Buchrücken. Das orange leuchtende Briefmarken-Verlagslogo stört zudem die Optik des Buches nach wie vor enorm – der Preis ist, wie beim Vorgänger, für die Menge an Inhalt allerdings sehr günstig.


Fazit

„Gothic – Darker Stories“ steht seinem Vorgänger in punkto Vielseitigkeit in nichts nach und übertrifft ihn sogar, was die Qualität der einzelnen Beiträge angeht. Inhaltlich bekommt man im Vergleich zur ersten Anthologie zudem viel Neues geboten, sodass sich die Anschaffung der „Darker Stories“ lohnt.


Pro & Contra

+ Vielseitigkeit der Beiträge
+ sowohl düster und schaurig, wie auch romantisch
+ leise Geschichten wie Rabea
+ teilweise überraschend

o thematisch auf Jugendliche zugeschnitten

- manche Plots sind etwas platt

Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 4/5


Rezension zu "Gothic - Dark Stories"

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Tags: Kurzgeschichten