Engpass (Gabriele Diechler)

Verlag Gmeiner, April 2010
Taschenbuch, 276 Seiten, € 9,90
ISBN: 978-3839210420

Genre: Regionalkrimi


Klappentext

Nachdem sie ihren Mann mit einer anderen erwischt hat, verlässt die Kriminalpsychologin Elsa Wegener Hals über Kopf Köln, um im bayerischen Unterwössen beruflich wie privat neu anzufangen. In dem idyllischen Dorf nahe des Chiemsees wird sie nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Und auch Anna, Elsas pubertierende Tochter, ist von ihrer neuen Heimat alles andere als begeistert. Doch Elsa bleibt kaum Zeit, über solche Probleme nachzudenken. Als die Leiche einer zwanzig Jahre lang vermissten Frau entdeckt wird, hat sie der Arbeitsalltag längst eingeholt…


Die Autorin

Gabriele Diechler wurde 1961 in Köln geboren und lebt heute als erfolgreiche Drehbuchautorin in Seewalchen am Attersee. Neben ihrer Arbeit für die ARD und ORF schreibt sie seit vielen Jahren Kinderbücher. Mit dem Krimi Engpass gibt sie ihr Debüt im Bereich Erwachsenenroman.


Rezension

Als sie ihren Mann mit einer anderen auf dem Küchentisch erwischt, ist für Elsa Wegener ein Neuanfang eine klare Sache. Um das Ganze auch räumlich zu verdeutlichen, verlegt sie kurzerhand ihren Wohnsitz von Köln nach Unterwössen, in die bayerische Einsamkeit. Ihre Tochter Anna ist überhaupt nicht begeistert davon, hatte sie doch gerade erst sich in Lars verliebt. Eine Wahl bleibt ihr allerdings nicht und Lars hat versprochen, sie in Bayern zu besuchen. Elsa hingegen fängt als Kommissarin in Traunstein an, ihr Kollege Karl Degenwald ist eigentlich studierter Jurist, den die Lebenswege zum Polizeiberuf getrieben haben. Kaum angekommen, wird eine Leiche im Moor gefunden. Es handelt sich um die seit zwanzig Jahren vermisste Silke Maihauser, die damals ein wahres Lotterleben geführt und ihrem Mann mehrfach Hörner aufgesetzt hat. Die Liste der Verdächtigen ist also lang, besonders, als ein weiterer Mord geschieht.

Stur, verbissen, hartnäckig und egoistisch – Elsa Wegener ist keine besonders sympathische Hauptfigur. Da ihr auch der Humor fehlt, benimmt sie sich oft sehr zickig dem anderen Geschlecht gegenüber, sie bezieht vieles sofort auf sich, obwohl es gar nicht so gemeint ist. Nur weil sie eine Frau ist, glaubt sie, ausgeschlossen zu werden und nicht den nötigen Respekt zu bekommen. Ihrer psychologische Ausbildung zum Trotz handelt sie oft regelkonform, vor allem schießt sie über das Ziel hinaus, in dem sie verbissen an ihre Schlussfolgerungen hängt und alles andere aus den Augen verliert. Hat sie sich erst einmal etwas zurechtgelegt, folgt sie der Spur mit allen Mitteln und vergisst völlig ihre Umwelt dabei. Ihre Probleme stehen an erster Stelle, sehr oft geht sie aus dem Raum oder legt beim Telefonieren einfach auf, wenn es nicht nach ihrer Richtung läuft. Gerne würde man ihr mal das Jugendamt ins Haus schicken, denn ihre Tochter vernachlässigt sie völlig. Anna ist zwar schon 15, aber das ist doch noch kein Alter, um nächtelang alleine zu Hause zu bleiben. Elsa verabredet sich abends, ohne einen Gedanken an ihre Tochter zu verschwenden. Sie vermisst Anna einmal sogar erst, als ein Kollege ihr beim Abschied Grüße an die Tochter ausrichtet. Wenig später fällt ihr auf, dass sie gar nicht zu Hause ist. Doch all das ist in Elsas Augen doch leicht zu verzeihen, denn sie hat wichtiges zu tun. Sie muss ja einen Mörder fangen. Verantwortungslos handelt sie auch bei einer und der Leser fragt sich, warum sie ihre Tochter überhaupt mitgenommen hat, wenn sie nur wenig von ihr sehen will? Anna ist aber auch nicht gerade ein Musterkind. Frech und überheblich wie sie ist sagt sie immer frei heraus, was sie denkt, auch wenn es nicht gerade freundlich ist. Über Wichtiges reden kann sie mit ihrer Mutter schon lange nicht mehr.

Abgesehen von diesem ganzen raumfüllenden sind die Ermittlungen eher unspektakulär. Nur langsam werden Details entdeckt. Elsa tritt in ihrer vorschnellen Art oft genug ins Fettnäpfchen, irgendwie gönnt man es ihr aber auch. Oft genug hintergeht sie die Kollegen und spannt sie für ihre Zwecke ein, will sie etwas erreichen, kennt sie keine Ruhe und Rast. Die anderen Charaktere verblassen neben ihr, von deren Privatleben erfährt man beinahe nichts. Bis auf Degenwald, der so manches Geheimnis vor ihr versteckt. Ihre Neugier zwingt sie zu unlauteren Maßnahmen.

Der Schreibstil von Gabriele Diechler ist grauenvoll. Kurze, knappe Sätze, oft nur aus drei Wörtern bestehend, ergeben einen holprigen Lesefluss. Der Stil erinnert an die Aufsätze von Drittklässlern, lediglich die Wortwahl ist gehobener. Dazu verfällt sie bei allen andern Charakteren in eine bayerischen Dialekt, die Gegensätze zwischen Elsa und den anderen werden dadurch nur noch mehr verdeutlicht. Die Vielfalt der Details und neue Spuren beherbergen ein gewisses Maß an Spannung, was aber oft durch die Unfreundlichkeit der Hauptcharaktere wieder vernichtet wird. Lediglich die Qualität des Buches durch den Gmeiner Verlag ist positiv zu bemerken, die Coverauswahl ist hervorragend und das Buch wieder einmal fest gebunden. Man kann es durchaus mehrmals lesen, ohne dass es unbedingt Gebrauchsspuren geben muss.


Fazit

Leider ist Engpass ein misslungenes Debüt einer deutschen Autorin. Durch den gewöhnungsbedürftigen Stil ist der Lesefluss nur holpernd, die Charaktere werden einfach nicht sympathisch. Die Handlung wird relativ emotionslos erzählt, der Krimiplot ist leider auch völlig unspektakulär. Alles schon einmal dagewesen, Täter und Motiv ergeben nichts Neues oder Interessantes.


Pro und Contra

+ stimmige Atmosphäre
+ schönes Cover

- unsympathische Hauptperson
- Täter und Motiv langweilig
- holpriger Erzählstil
- Handlungen oft unlogisch
- Vernachlässigung der Tochter

Wertung:

Charaktere 2/5
Handlung 2,5/5
Lesespaß 2/5
Preis/Leistung 2,5/5