Das Buch ohne Staben (Anonymus)

Bastei Lübbe (September 2010)
Paperback, 442 Seiten, 16,99 EUR
ISBN: 978-3-7857-6031-4

Genre: Horror / Splatter


Klappentext

Auch ein Massenmörder muss an seine Rente denken. Und so kommt es, dass der sensible Killer Bourbon-Kid seinen Job an den Nagel hängen will. Doch als ein Mönch namens Peto plötzlich die Jagd auf ihn eröffnet, steckt die ganze Stadt bald in einem Blutbad - zusammen mit diversen Vampir-Gangs, einem seltsamen Werwolf, einem aufdringlichen Barkeeper und dem Dunklen Lord höchstpersönlich. Rente hin oder her. Bourbon-Kid hat die Nase voll und erstellt seine eigene Abschussliste. Und diesmal verschont er niemanden ...


Rezension

Bis es zu dem versprochenen Blutbad kommt, vergehen viele, viele Seiten. „Das Buch ohne Staben“ beginnt mit der Wiederauferstehung einer uralten, ägyptischen Mumie, die eine Beethovenpuppe dazu benutzt, einen Museumsangestellten zu töten. Schon im zweiten Kapitel befinden wir uns weit in der Vergangenheit und erleben das grausame Schicksal zweiter Teenager – einer von ihnen ist der berüchtigte Bourbon Kid. Ein abgrundtief widerlicher Vampir schändet seine Mutter und macht sie zu einem Wesen der Nacht. Der junge JD ist gezwungen, den wichtigsten Menschen in seinem Leben zu töten – danach beginnt sein Rachefeldzug gegen alle Untoten. Zurück in der Gegenwart muss der Leser lange auf das Erscheinen des Bourbon Kids warten – seine Identität bleibt ein Mysterium, dessen Aufklärung regelrecht herbeigesehnt wird. Der im Klappentext erwähnte Mönch Peto lässt ebenfalls lange auf sich warten, überrascht dann aber mit seinem Auftreten. Er jagt den Bourbon Kid, doch nicht, um sich für das Massaker den Mönchen von Hubal zu rächen. Und dann gibt es da noch Dante Vittori, der als Undercover-Vampir Informationen über das Auge des Mondes und den Bourbon Kid beschaffen soll …

„Das Buch ohne Staben“ steckt voller Andeutungen und raffinierter Wendungen. Während dem Lesen entwickelt man viele Ideen, wie sich die ganzen Verwicklungen auflösen könnten, doch am Ende wird man immer wieder überrascht. Die Storyline ist sehr gut durchdacht und dabei sowohl innovativ wie auch blutig. Wer es realistisch mag oder mit viel Gewalt nicht zurechtkommt, sollte das Buch lieber niemals anfassen. Auch wenn es in seinem blauen Gewand recht harmlos aussieht, geht es doch oftmals heftig zur Sache. Da wird auch mal ein Kopf von einem Deckenventilator in Scheiben geschnitten. Oder jemandem wird eine abgesägte Schrotflinte zwischen die Pobacken geschoben – den Rest kann man sich ausmalen. Oder sich die ekelerregenden Beschreibungen zu Gemüte führten. Den Roman kann man stellenweise getrost als Splatter bezeichnen. Doch im Gegensatz zu Filmen, wo man jedes Detail deutlich sieht, ist hier die Phantasie des Lesers gefragt. Und die Bilder, die hier während dem Lesen entstehen, sind sehr präzise und nachhaltig. Durch das unrealistische Ausmaß der Brutalität wirken vielen Szenen jedoch auch einfach nur unheimlich komisch, sofern man einen gewissen schwarzen Humor hat.

Charaktere gibt es im „Buch ohne Staben“ reichlich, wobei sich nach und nach einige Protagonisten herauskristallisieren. Der anonyme Autor lässt es sich jedoch nicht nehmen, neue Charaktere kapitelweise einzuführen und ebenso schnell draufgehen zu lassen. Die meisten Personen sind männlich, viele davon nicht besonders intelligent und / oder extrem gewaltbereit. Einige sind auch ausgeprägt böse. Die wenigen weiblichen Charaktere leiden etwas unter klischeehaften Darstellungen, wobei es hier Ausnahmen gibt. Das eigentlich Seltsame an der Geschichte ist, dass man sich als Leser dabei ertappt, voll und ganz auf der Seite des scheinbar wahllos mordenden Bourbon Kids zu sein. Seine Vorgeschichte schürt Verständnis – und seine extrem coole Art macht ihn irgendwie auch sehr sympathisch. Er führt die Vampire von Santa Mondega gekonnt an der Nase herum und hat oftmals einen passenden Spruch auf den Lippen, wenn er seinen Opfern eine Kugel zwischen die Augen jagt. Auch der etwas einfältige Dante wächst dem Leser schnell ans Herz – er ist zwar ein Idiot, doch wenn es eng wird, kann man auf ihn zählen. Nahezu alle Charaktere besitzen Ecken und Kanten, die für häufige Zusammenstöße sorgen.

Wunderbar zu lesen sind außerdem die vielen Hinweise auf verschiedene Filme und Songs. Wer die Werke nicht kennt, kann zwar trotzdem gut mit dem Roman zurechtkommen, wird aber einige Lacher verpassen. Ein Vergleich mit Quentin Tarantino oder auch Frank Miller schickt sich tatsächlich an, insbesondere was die blutigen Szenen betrifft. Die Kerle in diesem Roman sind verdammt hart, scheißen sich aber in die Hose, sobald nur jemand den Bourbon Kid erwähnt. Dieser hat eine Stimme, als hätte er Schotter gefressen, trägt vorzugsweise einen dunklen Mantel mit Kapuze, in dem er ein unfassbares Waffenarsenal bunkert. Dazu wird jede Menge Blei verschossen, wobei der Killer seine Opfer auf verschiedenste Weisen niedermetzelt. Irgendwann erreicht die Geschichte einen Punkt, von dem an ein schräges Massaker das nächste jagt. Dumme – und auch intelligente – Sprüche gibt es von allen Seiten. Allein wegen der genialen Dialoge sollte man dieses Buch lesen. Kombiniert mit der relativ derben Sprache ergibt sich ein fast schon bedenklicher Spaß am Lesen.

Der anonyme Autor nimmt zudem sein eigenes Werk aufs Korn. So taucht „Das Buch ohne Namen“ hier des Öfteren auf, von dem es heißt, es sei ein Durcheinander verschiedener Geschichten, das keinen Sinn ergibt und obendrein seien Grammatik und Stil grauenhaft. „Das Buch ohne Staben“ ist dabei zwar ein toller, deutscher Titel, dennoch ist der englische Titel „The eye of the moon“ passender. Schließlich ist der kleine blaue Stein, das Auge des Mondes, der Faktor, der diese Story ins Rollen bringt. Einen tieferen Sinn wird man jedoch vergebens suchen, wobei man sich als Leser ungemein freut, wenn einer der vielen Dreckskerle ordentlich sein Fett weg kriegt. Die Story ist überzogen, punktet jedoch mit Kreativität. Es kommt auch gar nicht so sehr auf die Message an, sondern auf den unglaublichen Lesespaß, den dieses Buch einem beschert. Man möchte es gar nicht aus der Hand legen, denn mit wachsender Seitenzahl kommt die Gewissheit, dass der Autor noch einen draufsetzen kann. Unfassbar bescheuerte Einfälle (im positiven Sinne) gibt es hier zur Genüge.


Fazit

Spritzige Dialoge und eine herrlich abgedrehte Storyline machen „Das Buch ohne Staben“ zu einem wahnsinnigen Lesegenuss. Viele raffinierte Wendungen sorgen dafür, dass man dieses Buch nicht so schnell aus der Hand legt. Doch Vorsicht: Nichts für zartbesaitete Gemüter!


Pro & Contra

+ raffinierte Wendungen bis zum Ende
+ Dialoge mit reichlich Wortwitz
+ abgedrehte, spannende Storyline
+ passend derbe Sprache
+ Charaktere mit ordentlich Ecken und Kanten

o Story ohne tieferen Sinn
o nichts für zarte Gemüter

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5


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