Dietmar Grieser (09.01.2009)

Interview mit Dietmar Grieser

Literatopia: Guten Tag, Herr Grieser – stellen Sie sich doch bitte unseren Lesern vor. Wer sind Sie und was tun Sie?

Dietmar Grieser: Ich bin seit 1973 als Schriftsteller tätig, seit 1994 vollberuflich, vorher hatte ich einen journalistischen Brotberuf, seit 1994 lebe ich von den Büchern. Das sind inzwischen siebenunddreißig Stück, das achtunddreißigste ist in Arbeit. Ich gehöre der Sparte Sachbuch an und da wiederum der Gattung Literarische Reportage. Dazu habe ich in den sechsunddreißig Jahren, die ich auf dem Markt bin, eine große Reihe zum Teil weiter Recherchereisen durchgeführt. Seitdem ich nun ein bisschen älter bin, nämlich kurz vor dem 75. Geburtstag, mach ich's mir ein bisschen bequemer und wende mich überwiegend Österreichthemen zu, die ich natürlich hier im Lande recherchieren kann bzw. überhaupt in Wien, das für die Arbeit in den Büchereien, Archiven und Kunstsammlungen ein idealer Boden ist.

Literatopia: Sie leben seit über fünfzig Jahren in Wien. Wie ist es dazu gekommen? Was hat Sie dazu bewogen, zu bleiben? Vermissen Sie Deutschland?

Dietmar Grieser: Dass ich in Wien geblieben bin nach diesem einen Gastsemester im Herbst 1957, ist einfach "passiert". Ich fand die Stadt und vor allem ihr kulturelles Angebot so spannend, dass ich gefunden habe, das sollt' ich prolongieren – und aus diesem Prolongieren ist, wie bei so vielen Ausländern, die hier gelandet sind, ein Dauerzustand geworden, und eines Tages auch der Wechsel der Staatsbürgerschaft. Der Unilehrer in Münster, wo ich Publizistik und Sozialwissenschaft studiert habe, der mich für ein Semester nach Wien geschickt hat, hat mich offensichtlich richtig eingeschätzt. Er hat wohl gespürt, dass für mich diese Stadt das ideale Biotop ist, und so hab ich mich dann hier auch tatsächlich von allem Anfang an sehr wohl gefühlt. Es hat niemals jemand "Piefke" hinter mir her gerufen und es gab eigentlich zu keiner Zeit den ernsten Plan, nach Deutschland  zurück zu kehren. Aber natürlich unterhalte ich nach wie vor enge Beziehungen zu meinem Geburtsland, wenn auch nicht zu meiner Geburtsstadt Hannover, die mich als Autor niemals wahrgenommen hat, sondern eher zu meiner Kindheitsheimat Saarpfalz und natürlich zu den wichtigsten deutschen Kulturzentren, die mich immer wieder zu Lesungen einladen. Seit meinem jüngsten Buch, "Die guten Geister", haben sich meine Gefühle für Deutschland ganz plötzlich intensiviert, weil das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" diesem Buch eine hymnische Rezension gewidmet hat, die sofort einen Grieser-Boom in Deutschland ausgelöst hat, auf den mein österreichischer Verlag in keiner Weise vorbereitet war.

Literatopia: Ihre Bücher beleuchten Aspekte, an die man im ersten Moment gar nicht denken würde, rund um Autoren und andere große Persönlichkeiten – da kann es nicht immer leicht sein, an alle Informationen heran zu kommen.

Dietmar Grieser: Ja, richtig. Ich hab neulich für eine Stammleserin, die ihre Grieser-Sammlung vervollständigen wollte, eine Reihe meiner älteren Titel in die Hand bekommen und bin dabei aus dem Staunen nicht heraus gekommen, in wie vielen Ländern ich für diese Bücher recherchiert habe, wie viele Interviews mit zum Teil schwierigen Persönlichkeiten ich geführt habe – ich denke an Bücher wie "Glückliche Erben" oder "Musen leben länger", in denen ich die Nachlassverwalter bzw. Witwen weltberühmter Künstler portraitiert habe – und das könnte ich heute alles nicht mehr machen, dazu würde es an der nötigen Kraft fehlen. Aber ich bin froh, dass die meisten dieser Bücher, auch wenn sie zehn oder zwanzig Jahre alt sind, immer noch lieferbar bzw. über den Antiquariatshandel erhältlich sind und ich bin besonders froh, dass das gesamte Material dieser Bücher, also das, was man zu Lebzeiten eines Autors den "Vorlass" nennt, vom Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek erworben worden ist und dort wissenschaftlich betreut wird. Viele meiner Themen sind außerdem für Fernsehserien und Radioreihen, für Hörbücher und sogar für Reiseprogramme genutzt worden. Es ist also für Leute, die sich für meine Themen interessieren, alles hervorragend dokumentiert.

Literatopia: In Ihren Büchern betreiben Sie eine Art literarische Reportage – wie kommt man auf so was?

Dietmar Grieser: Also, Reporter war ich von allem Anfang an, ursprünglich im Zeitungsbetrieb und es muss wohl so gewesen sein, dass mir das mit den Jahren ungenügend vorgekommen ist. Außerdem war bei mir immer ein ganz, ganz starkes Interesse für die Literatur vorhanden und so habe ich neben der journalistischen Tagesarbeit damit begonnen, in vier Kontinenten jene Orte auszuforschen und aufzusuchen, an denen berühmte Bücher "spielen", also z.B. Thomas Manns "Der Zauberberg", Tennessee Williams' "Endstation Sehnsucht" oder Thornton Wilders "Die Brücke von San Luis Rey". Es hat mich interessiert, ob es diese Schauplätze nur in der Phantasie des betreffenden Autors gibt oder auch in der Wirklichkeit, und diese Frage nach dem "Rohstoff" der Literatur hat mich dann jahrelang beschäftigt. Da sind tolle Funde herausgekommen. Das Ganze hat übrigens auch im Kulturtourismus seinen Niederschlag gefunden. Später habe ich diese Arbeit unter anderen Aspekten fortgesetzt, also z.B. mit der Frage nach den Urbildern der literarischen Figuren. So entstand das Buch "Sie haben wirklich gelebt" – von Gretchen aus Goethes "Faust" bis zu James Bond, vom Milchmann Tewje aus dem Musical "Anatevka" bis zu den Kinderbuchfiguren Bambi, Biene Maja, Winnetou und und und.

Literatopia: Ihr neuestes Buch "Die guten Geister" ist Mitte letzten Jahres erschienen und gibt einen Einblick in das Leben von Dienern bürgerlicher, adeliger und klerikaler Herrschaften. Wie kommt man auf die Idee, so ein Buch zu schreiben? Gab es dabei besondere Schwierigkeiten? Welche Biographie war am schwierigsten zusammen zu bekommen?

Dietmar Grieser: Die Idee hatte ich schon lange. Als ich mich mit dem Thema Künstlerwitwen beschäftigte, fand ich, dass man sich doch auch einmal um die professionellen Helfer kümmern sollte, die den Künstlern – und nicht nur den Künstlern – bei ihrer Arbeit die Schwierigkeiten des Alltags aus dem Weg geräumt haben; also die Sekretärinnen und Haushälterinnen, die Diener und Köche, die Gesellschafter und Gouvernanten – lauter Menschen, die ja eigentlich im Schatten der Großen stehen, aber für diese Großen eben ganz, ganz wichtig waren. Überwiegend habe ich für dieses Thema aus der Literatur geschöpft. Einige dieser guten Geister habe ich noch persönlich erlebt und befragen können. Insgesamt war’s eine schwierige Arbeit, weil diese zumeist Namenlosen ja höchstens in den Fußnoten der Biographien vorkommen oder in Anekdoten. Ausnahme: Paula Fichtl, die jahrzehntelang der Familie Freud gedient hat, zuerst in Wien, dann auch im Londoner Exil, und die auf ihre alten Tage, als sie in ihre Salzburger Heimat zurückkehrte, einem deutschen Journalisten ihr Leben erzählt hat, woraus ein sehr fesselndes Buch entstanden ist. Also ein vorzügliches Beispiel für Oral History. Schwierigkeiten gab es mit den Illustrationen des Buches. Meine Leser erwarten, das, was ich schildere, auch im Bild nachzuvollziehen und das erwies sich beim Thema Personal als kompliziert. Von all den Promis gibt's kiloweise Fotos, nicht aber von den Domestiken. Es ist dann aber trotzdem in fast allen Fällen gelungen, ein Portrait aufzutreiben. Besonders einfach war’s bei Johann Strauß. Der hat nämlich in jungen Jahren bei einem Wiener Maler einen Kurs im Schnellzeichnen absolviert und so existieren von allen seinen Dienstleuten – Köchin, Diener, Kutscher usw. – Karikaturen, die er selber angefertigt hat. Dieser Schatz von ca. 100 Handzeichnungen befindet sich in der Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus und dort hat man mir dieses kostbare Material zur Verfügung gestellt.

Literatopia: Können Sie uns schon etwas über Ihr nächstes Projekt verraten?

Dietmar Grieser: Ja. Es gab vor drei Jahren ein besonders erfolgreiches Buch von mir, das hieß "Die böhmische Großmutter – Reisen in ein fernes nahes Land", also eine Spurensuche nach all den vielen Berühmtheiten von Adalbert Stifter bis Sigmund Freud, von Gustav Mahler bis Matthias Sindelar, die Österreich dem alten Böhmen und Mähren verdankt und nach diesem Muster schreibe ich jetzt an einem Buch, das uns unser Nachbarland Slowakei in ähnlicher Weise nahe bringen soll. Ich erlebe immer wieder in Gesprächen, dass kaum jemand weiß, dass auch dieses nunmehrige EU- und Euroland Slowakei ein riesiges Reservoir großer Namen ist, die es draußen in der Welt zu Ruhm gebracht haben, zum Beispiel die Filmschauspieler Peter Lorre und Paul Newman oder der Komponist Franz Lehar. Österreichs erster Bundespräsident nach 1945, Theodor Körner, ist als Tornisterkind – so nannte man in der k. u. k. Monarchie die Sprösslinge von Militärangehörigen, die jeweils mit der Versetzung des Vaters ebenfalls den Wohnsitz wechseln mussten – in der altösterreichischen Festungsstadt Komorn zur Welt gekommen. Also, solchen Dingen bin ich in 30 Kapiteln nachgegangen, was angesichts meiner sehr geringen slawischen Sprachkenntnisse nicht ganz einfach war, aber man hat mir an all den Orten, wo ich recherchiert habe, nach Kräften geholfen. Der slowakische Botschafter in Wien, der mir viele Wege gebahnt hat bei den Recherchen, kann dieses Buch schon gar nicht mehr erwarten. Ich hoffe, ihn nicht zu enttäuschen, denn mein Thema sind natürlich die österreichischen Bezüge zum Nachbarland, nicht so sehr die Verhältnisse in der heutigen Slowakei, obwohl diese heutigen Verhältnisse selbstverständlich in meine Texte einfließen.

Literatopia: Wie und wann haben Sie mit dem Schreiben begonnen? Waren es Gedichte oder Kurzgeschichten? Waren Sie schon immer eher im Journalismus zuhause?

Dietmar Grieser: Natürlich habe ich wie alle Menschen meines Typs irgendwann mal schrecklich sentimentale Gedichte geschrieben, von denen zum Glück keine Zeile mehr existiert. "Richtige" Literatur war niemals mein Ziel, dazu fehlt's mir einfach am Talent. Meine Interessen gingen immer ins Dokumentierende, also im weitesten Sinne Journalistische, dies allerdings unter sorgfältiger Bedachtnahme auf eine nicht zu hastige, sondern eine gepflegte und ausgefeilte Sprache.

Literatopia: Wie war es, das erste Mal mit einem Buch erfolgreich zu sein? Welches Buch war Ihr bisher erfolgreichstes Projekt?

Dietmar Grieser: Mein erstes Buch, Jänner 1973, war ein Taschenbuch der billigsten Preiskategorie, das Fischer-Taschenbuch "Vom Schloß Gripsholm zum River Kwai – Literarische Lokaltermine", das auf Anhieb einschlug, weil diese Art von Reiseberichten damals neu war. Mein erfolgreichstes Buch war "Eine Liebe in Wien", das sich zu einem richtigen Longseller entwickelt hat, und sowohl in der gebundenen Form, wie auch als Taschenbuch immer wieder neu aufgelegt wird.

Literatopia: Welches Buch hat beim Schreiben den meisten Spaß gemacht? Welches war mit dem größten Rechercheaufwand verbunden?

Dietmar Grieser: Ja, also gequält habe ich mich nie. Es hat mir immer Spaß gemacht; ich hatte ja das Glück, meine Themen stets frei wählen zu können. Aber das Buch mit den meisten Aha-Erlebnissen, Überraschungen und auch menschlichen Momenten war "Die böhmische Großmutter". Vielleicht auch deshalb, weil ich mütterlicherseits selber in diesem faszinierenden Kulturraum verwurzelt bin. Hinzu kommt, dass ich in Wien bei Lesungen hunderte Male erlebt habe, wie Leser bei Signierstunden oder ähnlichen Anlässen mich förmlich bestürmt haben: "Mein Gott, was für eine wunderbare Sache, ich hab' sogar zwei böhmische Großmütter!". In Wien ist es doch so, dass, wenn man das Telefonbuch aufmacht, die Mayers und Müllers in der Unterzahl sind, da sind viel mehr tschechische Namen zu finden. Da hab ich wirklich eine Lücke geschlossen – und zwar bis zu Leserschichten, die normalerweise vor Buchhandlungen Halt machen. Das hat wirklich einen Nerv getroffen, dieses Thema. Das Buch mit dem größten Rechercheaufwand war gleich eines meiner ersten, nämlich "Schauplätze der Weltliteratur". Ich hätte dieses Projekt zum damaligen Zeitpunkt niemals realisieren können, wenn nicht namhafte und vor allem zahlungskräftige deutsche Rundfunksender, Zeitungsredaktionen und Fernsehstationen mitgemacht hätten. Die Reisekosten konnten zum Teil auch dadurch minimiert werden, dass mir damals die noch nicht notleidenden Fluglinien Gratisflüge in die diversen Erdteile gewährt haben.

Literatopia: Haben Sie schon einmal ein Buch begonnen und wieder verworfen?

Dietmar Grieser: Ich bin ein rationell denkender Mensch und so fange ich eine Sache nicht an, ohne mich vorher vergewissert zu haben, dass daraus was wird. Es ist in einigen Büchern das eine oder andere Kapitel nicht zustande gekommen, aber das jeweilige Projekt hab ich immer konsequent durchgezogen.

Literatopia: Welche der in Ihren Büchern dargestellten Persönlichkeiten hat Sie am meisten beeindruckt, interessiert oder sogar beeinflusst? Hat es jemanden gegeben, über den Sie nur ungern geschrieben haben? Wieso?

Dietmar Grieser: Unter den Dichtern, denen ich nachgeforscht habe, sind es ohne Zweifel Marcel Proust und die zwei Thomase (Mann und Bernhard), die mich besonders beeindruckt haben. Solche, die mir zuwider wären, hab ich mir von Haus aus fern gehalten. Es widerspräche meinem Naturell, über jemanden, den ich ablehne, herzuziehen. Ich nehme dafür gerne den Vorwurf in Kauf, allzu harmoniebedürftig, positiv oder gar affirmativ gestimmt zu sein – so bin ich eben.

Literatopia: Richten Sie sich in Ihren Büchern auch nach Leserwünschen?

Dietmar Grieser: Es kommt immer wieder vor, dass ich durch Leserzuschriften auf bestimmte Themen aufmerksam gemacht werde, und vereinzelte dieser Hinweise waren in der Tat so brauchbar, dass ich sie aufgegriffen habe.

Literatopia: Brauchen Sie eine spezielle Atmosphäre zum Schreiben, z.B. absolute Ruhe? Schreiben Sie zu einer bestimmten Tageszeit? Hat sich das über die Jahre sehr verändert?

Dietmar Grieser: Ich bin sehr abhängig von den Arbeitsbedingungen, dazu zählen die Morgenstunde, die mechanische Schreibmaschine, eine bestimmte, inzwischen nur mehr sehr schwer erhältliche Sorte holzhaltigen Papiers, Klaviermusik von Schubert, Kaffee und Nikotin. Geändert hat sich im Laufe der Jahre nur der Zeitrahmen; aus dem einstigen 7-14h ist in den letzten Jahren 9-12h geworden.

Literatopia: Was inspiriert Sie ganz allgemein? Was muss ein Thema an sich haben, um Ihr Interesse und Ihre Neugier zu wecken?

Dietmar Grieser: Dazu kann ich nur sagen: Wenn mir ein Thema einfällt oder auch vorgeschlagen wird, weiß ich sofort "Aha, das ist was für mich" oder "Finger weg". Dafür kann gibt es keine Formel, das ist eine Sache des Gespürs. Es kann auch sein, dass Themen erst reifen müssen. Was ich heute verwerfe, kann mich in 5 Jahren packen.

Literatopia: Hätten Sie auch einmal Lust, in eine gänzlich andere Richtung zu schreiben? Haben Sie vielleicht sogar einen fertigen Roman in einer Lade herumliegen?

Dietmar Grieser: Es gibt weder einen fertigen Roman, noch wird es je einen Roman von mir geben. Diese Gattung beherrsche ich nicht und selbst wenn ich sie beherrschen würde, wäre immer noch sehr zu überlegen, der entsprechenden Neigung nachzugeben, denn die Literaturkritik, auf die ein Autor natürlich angewiesen ist, hat es gar nicht gern, wenn man sein Metier wechselt. Es gibt berühmte Beispiele dafür, wie dieser "Fachwechsel" schief gegangen ist.

Literatopia: Bleibt neben der Arbeit und dem Recherchieren auch Zeit für private Lektüre? Wenn ja, was lesen Sie da?

Dietmar Grieser: Obwohl ich für meine eigenen Bücher wahrlich sehr viel lesen muss, halte ich mir die Abende, speziell die Zeit vorm Einschlafen, dafür frei, meine privaten Lesebedürfnisse zu befriedigen und da ich viele Kollegen zu Freunden habe, die ebenfalls Bücher schreiben, komme ich kaum nach, deren jeweils neueste Produkte zu lesen. Ich bin ein guter Buchhandelskunde – ich kaufe ordentlich.

Literatopia: Gibt es eine Interviewfrage, die Sie schon nicht mehr hören können?

Dietmar Grieser: Ja. Es gibt sie, und Sie haben sie natürlich auch gestellt.

Literatopia: Es ist die Frage, warum Sie in Wien geblieben sind, etc., richtig?

Dietmar Grieser: Ja. Nach jetzt 51 Jahren bin ich es eigentlich satt, auf meine deutsche Herkunft angesprochen zu werden. Ich habe mit meinen vielen Österreichbüchern doch wohl den Beweis erbracht, dazu zu gehören, auch, wenn ich meine Herkunft sprachlich nicht verbergen kann und will. Also, was anderen Ethnien, ich denke an den ex-ungarischen Kollegen Paul Lendvai, niemals vorgehalten würde, wird mir immer und ewig vorgehalten. Ich werde mir dennoch auf meine alten Tage keinen Wiener Vorstadtdialekt zulegen, was im Übrigen auch gar nicht möglich ist. Es würde immer unecht klingen, sogar meinen eigenen Ohr wehtun, und das soll der Welt erspart bleiben.

Literatopia: Vielen Dank, Herr Grieser, für Ihre Zeit und das Interview.


Dieses Interview wurde von Lucia Schwarz für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.