Genre:Science-Fiction
Klappentext
Stell dir vor, du lebst in einer Welt, in der Realität und Internet nicht mehr voneinander trennbar sind. Eine Welt, in der jemand ein scheinbar perfektes Verbrechen verübt – und du steckst mittendrin! Dann gib acht, denn:
Dies ist kein Spiel…
Rezension
Wir schreiben das Jahr 2018 - die Welt hat einen beängstigenden Grad der „Digitalisierung“ erreicht. Mit Hilfe spezieller Brillen ist man ständig online; diese abzusetzen erscheint undenkbar - fühlt man sich so doch hilflos und nackt. Mit dieser automatisierten High-Tech-Welt gelingt Stross eine überzeugende und plausible Darstellung einer nahen Zukunft, deren Faszination er nicht dadurch verdirbt, dass er jede seiner Ideen ausführlich erklärt. Vielmehr lässt er den Leser selber erforschen und sich Gedanken machen. Seine durchdachten Ideen lässt er nebenbei in die Handlung einfließen.
Aus dieser überzeugenden Welt resultiert eine ganz eigene Atmosphäre, die Atmosphäre einer nahen Zukunft; fremdartig und doch nicht ganz unvertraut.
Mitten in diese Welt wirft nun Stross seinen Leser und entfaltet vor ihm ein scheinbar harmloses Verbrechen, das jedoch immer weitere Kreise zieht und schließlich zu solcher Komplexität anwächst, dass man schon mal den Überblick verlieren kann. Was als scheinbar harmloser Diebstahl von virtuellen Ausrüstungsgegenständen in einem Online-Rollenspiel beginnt, entwickelt sich zu einer ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit. Dieser Wandel vollzieht sich fließend – als Leser hat man seine liebe Mühe, jeden Schritt vollständig nachzuvollziehen. Von dem genialen Coup, den Stross sicherlich brillant durchdacht hat, kommt eben leider aufgrund von Verworrenheit nicht alles an.
Aus der Sicht von drei ganz unterschiedlichen Protagonisten ist man an der Aufklärung dieses Verbrechens beteiligt – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn auch bei der Erzählperspektive geht Stross eigene Wege: Die gesamte Handlung wird aus der „Du-Perspektive“ erzählt. Und so „schlüpft“ man abwechselnd in die Rollen eines kauzigen Programmierers, einer taffen Polizistin und einer Wirtschaftsberaterin, die ebenfalls Interesse an der Aufklärung des Falles hat.
Diese ungewöhnliche Erzählperspektive ist vor allem eine Geschmackssache, an die man sich jedoch recht schnell gewöhnt. Deren Stärke liegt natürlich in einer etwas stärkeren Bindung der Charaktere zum Leser; das funktioniert allerdings nur, wenn sich dieser mit dem jeweiligen Charakter und dessen Handlungen identifizieren kann. Dann macht die Erzählform Spaß und sorgt für das eine oder andere Schmunzeln, wenn man liest, dass „du“ dich im Buch exakt so verhältst, wie du das eben an der Stelle des jeweiligen Charakters tun würdest.
Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass dieses Erzählkonzept seine Schwächen dann hat, wenn der Charakter sich anders verhält. Was bei der normalen Erzählform völlig legitim ist, wirkt so etwas störend.
Diese Erzählform ist indes nicht die einzige Ungewöhnlichkeit von Stross‘ Schreibstil. Die ohnehin schon sehr umgangssprachliche Wortwahl ergibt mit jeder Menge Fachbegriffe aus IT- und Onlinespielewelt sowie einer kräftigen Prise Kraftausdrücken einen Stil, der zwar keinen Schönheitswettbewerb gewinnt, sich jedoch für das Thema als zweckmäßig erweist. Nicht selten beweist Stross hierbei auch einen derben Humor, der diesen Stil komplettiert.
Fazit
„Du bist tot“ dürfte eine nur eine recht kleine Zielgruppe von Computer- und Onlinespiele-affinen Lesern ansprechen. Zu sehr ist das Buch auf eine Zielgruppe zugeschnitten, für die mit Begriffen wie „MMORPG“ etwas anzufangen wissen. Alle anderen werden sich wahrscheinlich höchstens an dem gut ausgearbeiteten Zukunftsszenario erfreuen.
Pro & Kontra
+ spannendes Zukunftsszenario
+ entsprechende Atmosphäre
o eigenwilliger Erzählstil
o nur für Leser geeignet, die sich mit dem Thema Internet und Computer befassen, diese dürften dann aber auch an weiten Teilen und an den zahlreichen Anspielungen ihre Freude haben
o komplexe Handlung
- die Teils etwas zu verworren ist
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 4/5
Rezension zu "Kinder des Saturn"