Splitter (März 2009)
Hardcover, Seiten: 64
Preis 13,80€
ISBN: 978-3940864345
Genre: Fantasy
Klappentext
Auf der Suche nach seiner verlorenen Seele begibt sich Aschermittwoch auf eine Reise in wahrlich unwirtliche Gefilde: in die Welten seines eigenen Selbst. Dort erwarten ihn all die Geister seiner irdischen Leidenschaften.
Während Saint-Cécil. Die Stadt der Toten, im Chaos versinkt, wird Hieronymus, die älteste aller Seelen des Fegefeuers, aus der Strafanstalt Saint Luc befreit, um den großen Septuagesimae zu stürzen. Doch wer verbirgt sich hinter dessen rätselhafter Metallmaske?
Willkommen in dem wohl verrücktesten Abenteuer, das einem Verstorbenen in der jenseitigen Welt jemals widerfahren ist!
Rezension
„Das Land der Tränen“ ist der dritte Band von Éric Liberge und schließt direkt an den Vorgänger an. Hier wird im Gegensatz zu Band 2 leider keine Zusammenfassung des bereits Geschehenen geboten, was ärgerlich ist, weil inzwischen sehr viel passiert ist und dadurch auf die Möglichkeit verzichtet wird, das Verständnis der komplexen Story zu verbessern.
Mardi-Gras ist auf einem fliegenden Schiff, das führerlos durch eine Einöde treibt, in der es nichts zu geben scheint. Zumindest wenn man es durch die Augen von Mardi-Gras' Wegbegleiter betrachtet. Denn für Mardi-Gras selbst sieht es anders aus. Nach den Unmengen von Kaffee, die er getrunken hat, leidet er unter unkontrollierbaren Halluzinationen. Für ihn ist das Schiff alles andere als führerlos, viel mehr steuert es geradewegs durch die neun Höllenkreise zum Zentrum hin, wo er hin muss.
In der Zwischenzeit erreicht das Chaos in der Stadt Saint-Cécil den Gipfel. Der Orden des Salamanders verhaftet jeden potentiellen Anhänger der Bruderschaft des Abgrunds und lässt Exempel statuieren. Davon lässt sich die Bruderschaft jedoch nicht abschrecken, einzig der Sturz der Regierung ist wichtig. Und dazu ist ihnen jedes Mittel recht.
Ganz offensichtlich ist "Das Land der Tränen" nicht dafür gedacht, Fragen, welcher Art auch immer, zu klären. Wenn dann wird der Leser noch mehr verwirrt als bisher. Man kann zwar davon ausgehen, dass Mardi-Gras weiß, was er tut, und dass seine Reise wirklich durch die Höllenzirkel geht und er sie lediglich als Einziger sieht. Gleichzeitig besteht aber eben doch die Möglichkeit, dass seine Halluzinationen ein schlichtes Trugbild sind. All die Dämonen und eigenartigen Gestalten, die ihm begegnen und seinen Geist quälen, sind vielleicht nur Ausgeburten seiner Fantasie. Dennoch oder gerade weil dem Leser nichts geschenkt wird und weiterhin keine Chance besteht, alles zu verstehen, ist Teil 3 sehr spannend. Gekonnt wird der Leser bei der Stange gehalten und am Ende tischt der Autor eine Wendung auf, mit der wohl niemand gerechnet hat.
Erfreulicherweise wird Mardi-Gras mehr Platz in diesem Band freigemacht. Ging seine Figur im Vorgänger fast unter, ist er dieses Mal wieder stärker präsent. Insgesamt wurden die alten Charaktere beibehalten und neue offenbart, was einen immer wieder vor dasselbe Problem stellt, dass sich durch die ganze Reihe zieht: der mangelnde Überblick. Der Aufwand und die Kreativität Liberges, die Skelette unterschiedlich darzustellen, sind enorm. Jeder hat andere Prothesen, Kleidung, Accessoires sogar Gesichtsbehaarung. Dennoch ist man dazu gezwungen, mehrmals zurück zu blättern, weil die Szenenübergänge sehr flüssig sind und man gar nicht bemerkt, dass es plötzlich ein anderer ist, der etwas sagt. Verglichen zu den Ausmaßen der gelungenen Story, ist das aber ein nur kleines Manko. Außerdem verleitet der Comic ohnehin zum mehrfachen Lesen.
Eine Reise durch die Höllenkreise bietet eine unfassbar große Palette von Möglichkeiten, sich künstlerisch auszutoben. Das nutzt Liberge in jeder Zeichnung. So wechseln sich ungleich dem Vorgänger, der immer in der Stadt spielte, Gebäude von Saint-Cécile mit der Ödnis und Mardi-Gras' Gehirngespinsten ab. Es scheint, als hätte der Künstler erst jetzt sein ganzes Potential ausschöpfen können, denn oft sind die Zeichnung grandios und vor allem einzigartig. Das Spiel mit Licht und Schatten in Kombination mit den diversen Braun- und Gelbtönen der Kolorierung sind unverwechselbar.
Man darf nicht vergessen, den Comic als ein Ganzes zu betrachten. Für sich betrachtet ist "Das Land der Tränen" ein in gigantischen Bildern präsentiertes Verwirrspiel, was viel Konzentration und mehrfaches Lesen erfordert. Einige Fragen werden geklärt aber letztendlich werden viel mehr aufgeworfen. Als Reihe bekommt man aber eine komplexe Story geliefert, die vor individuellen Ideen und überraschenden Wendungen strotzt. Bleibt zu hoffen das Band 4 die Story zu einem entsprechend gelungenem Ende bringt.
Fazit
Éric Liberge schafft es erneut, den Leser auf eine ungewöhnliche Reise durch das Fegefeuer zu nehmen. Mit noch besseren und abwechslungsreicheren Bildern und einem Ende, das es in sich hat, ist "Das Land der Tränen" der bisher beste Band.
Pro und Kontra
+ bombastische Bilder
+ einige offene Fragen werden beantwortet
+ unerwartetes Ende
+ neue wichtige Figuren
+ imposante Kolorierung
+ spannend
+ tolles Cover
o mehrfaches Lesen ist für vollständiges Verständnis unabdingbar ...
- ... und auch dann wird das kaum gelingen
- Figuren schwer auseinander zu halten
Beurteilung:
Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5
Rezension zu Monsieur Mardi-Gras - Unter Knochen - Bd.1