Bernhard Riedl / Buchhändler (30.01.2009)

Interview mit Bernhard Riedl (Buchhändler)

 

Literatopia: Guten Tag, Herr Riedl. Stellen Sie sich doch bitte unseren Lesern vor.

Bernhard Riedl: Ja, also mein Name ist Bernhard Riedl, ich bin seit 20 Jahren Buchhändler und seit zehn Jahren in der Buchhandlung in der Alser Straße 39 in Wien. Es ist eine sehr kleine Buchhandlung aber eine, wie ich doch hoffe, ganz gute Auswahl; Schwerpunkt Literatur.

Literatopia: Sie führen die Buchhandlung nun seit fast ganz genau zehn Jahren. Was hat sich in dieser Zeit verändert, an Ihrer Einstellung, dem, was Sie verkaufen? Wie viele Personen beschäftigt dieses Projekt 'Buchhandlung' mittlerweile?

Bernhard Riedl: Im Moment gibt es nur eine Beschäftigte. Wir haben bis vor kurzem einen Lehrling gehabt und einen geringfügig Beschäftigten, den ich momentan nicht habe, das kann sich aber jederzeit wieder ändern. Was sich ein bisschen verändert hat, ist, dass wir im Laufe der Zeit sicher unsere Schwerpunkte mehr betont haben. Was sich so generell geändert hat, ist natürlich, dass Bücher anders recherchiert werden, schon von der Kundenseite. Das heißt, es kommen weit besser informierte Kunden und Kundinnen und da muss man natürlich auch einen Namen nennen, und der heißt eindeutig amazon. Aber teilweise hat das sogar den Effekt, dass die Leute besser informiert kommen, und dann trotzdem in der Buchhandlung kaufen und bestellen – natürlich nicht immer, leider Gottes, aber doch.

Literatopia: Was bringt einen auf die Idee, eine Buchhandlung zu übernehmen? Eine Liebe zum Lesen und zum Buch vielleicht? Was wollten Sie früher einmal werden?

Bernhard Riedl: Na ja, die Liebe zum Lesen oder die Faszination für die Literatur ist sicherlich ein ganz wichtiger Punkt, aber man sollte das nicht so romantisch sehen – es gibt schon einige andere Punkte, die man sich vorher überlegen sollte, bevor man eine Buchhandlung aufmacht. Nicht nur das finanzielle Risiko, sondern es ist eben nicht so, dass man zehn Stunden am Tag dasitzt und in feingeistigen Werken blättert, sondern es gibt auch sehr viel organisatorische Arbeit zu tun.

Literatopia: Wie ist das Leben als Buchhändler überhaupt so? Haben Sie es sich so vorgestellt? Lieben Sie die Bücher und das Lesen immer noch oder nerven Sie die Schinken von Zeit zu Zeit doch mal?

Bernhard Riedl: [lacht] Nein, also ich glaube die Faszination, die ist schon gleich geblieben. Was sich ändert, ist, dass Lesen manchmal wirklich Arbeit ist. Also, man informiert sich auch über Inhalte und man liest eben auch Texte an, die man sonst nicht lesen würde und das führt dann zum Beispiel dazu, dass man nicht jeden Titel fertig liest – auch Titel, die einem durchaus gefallen. Also, ich habe diese Angewohnheit schon, ich lese fünf, sechs Bücher gleichzeitig und hör halt dann auf Seite 100 auf.

Literatopia: Sie und Ihre Geschäftpartnerin rezensieren auch regelmäßig die verschiedenen Neuerscheinungen und stellen sie dann im Heft 'Vergnügungen', das kostenlos zu haben ist, zusammen. Investieren Sie also auch viel Freizeit in Ihren Beruf? Haben Sie überhaupt Freizeit?

Bernhard Riedl: Man investiert sicher viel Freizeit, ja. Aber am Wochenende, da haben wir natürlich schon auch Freizeit – die wird dann teilweise auch mit Lektüre verbracht, aber es gibt schon noch Platz für andere Sachen und Zeit für Anderes.

Literatopia: Wie schwer ist es mittlerweile für kleine, 'private' Buchhandlungen, sich auf dem Markt zu behaupten? Was sehen Sie als Ihren größten Vorteil an?

Bernhard Riedl: Also zum ersten Punkt: Es ist sicherlich so, dass es schwieriger wird – das sieht man in Deutschland, sieht man in Österreich, wobei  der Trend vielleicht sogar eher ist, dass es für mittlere Größen schwierig wird. Um jetzt Ihre zwei Fragen zu verbinden: Den Vorteil, den wir bieten, ist, dass es relativ persönlich laufen kann, wenn es jemand wünscht. Man kann sich beraten lassen, im Idealfall kennt man sogar schon den Geschmack von den verschiedenen Leserinnen und Lesern und das geht in einem mittelgroßen Betrieb eben nicht. Also, für uns ist es gar nicht so schwierig, wir brauchen nur eine gewisse Anzahl von Kunden; wenn die dann brav einkaufen, dann zahlt sich das aus. Ich meine, es gibt schon eine große Konkurrenz, das ist klar. In Deutschland wird der Markt teilweise von drei Buchhandlungen beherrscht – da ist amazon noch gar nicht mitgerechnet – und die kaufen natürlich anders ein. Das ist auch auf Verlagsseite ein großer Druck, den diese großen Ketten da ausüben. Thalia ist als Konzern zum Beispiel weit größer als praktisch alle Verlage, die es gibt – das ist eine spannende Sache, die man als Konsument oft nicht weiß. Und die sagen dann, 'OK, wir wollen diese Einkaufsbedingungen oder wir listen das gar nicht mehr'. Die machen also beinharte Listungen, da wird wirklich nur rein nach ökonomischen Kriterien entschieden und dann geht es halt darum, ob die Verlage darauf einsteigen, dass die Großen eben einen relativ guten Einkaufspreis und einen Werbekostenzuschuss und so weiter bekommen – das ist ein Trend, den es eh schon immer gegeben hat und das nimmt auch zu. Je mächtiger man ist, umso mehr Druck kann man ausüben, das ist klar, und diesen Druck können wir nicht üben – ich meine, ob ich das Buch führe oder nicht, ist ökonomisch für einen Verlag klarerweise uninteressant.

Literatopia: Wie wählt ein Händler eigentlich die Bücher aus, die er führt? Sind da persönliche Vorlieben im Spiel? Tritt ein Buchhändler an die Verlage heran und nimmt ihre Bücher auf oder wenden sich auch die Verlage direkt an die Händler und versuchen, ihre Bücher unterzubringen?

Bernhard Riedl: Na, also im Regelfall ist es so, dass die wichtigsten Verlage so genannte Verlagsvertreter haben, die im Normalfall zweimal jährlich die Programme vorstellen. Zu den wichtigsten Verlagen hat man einfach diese regelmäßigen Kontakte und da gibt es eben Erfahrungswerte und man kriegt Vorabinformationen in Form von Katalogen oder in Form von Leseexemplaren, Leseproben, etc. Da spielen dann natürlich persönliche Vorlieben auch eine Rolle, aber nach dem allein kann man nicht gehen, das wäre wahrscheinlich insgesamt dann doch zu einseitig. Da hat man aber wieder den Vorteil, dass man, je kleiner man ist, das umso eher irgendwie in die eigene Richtung lenken kann.

Literatopia: Worauf achten Sie, wenn Sie das Sortiment ankaufen? Versuchen Sie eher, mit dem Mainstream zu gehen, also verkaufen Sie Bücher, die garantiert weggehen, oder wagen Sie auch mal Experimente mit ganz neuen, ungewöhnlichen Büchern? Haben Sie sich da schon einmal ordentlich verschätzt?

Bernhard Riedl: [lacht] Ja, also zum letzten Punkt eindeutig ja. Natürlich verschätzt man sich oft, aber das ist das Spannende. Natürlich macht man auch Experimente und probiert junge Autoren aus; nur den Mainstream verkaufen, das ist fad, da bräuchte man wahrscheinlich auch keine kleinen Buchhandlungen. Und sicher verschätzt man sich. Das ist natürlich eine Sache, die Kapital bindet, aber im Regelfall kann man diese Bücher eventuell gegen andere austauschen. Und da ist niemand davor gefeit, auch Verlage nicht. Die haben schon grobe Fehleinschätzungen gemacht, auch routinierte Verlage; davor ist man nie sicher. Und da gibt es alle Variationen, also dass man irgendwas unterschätzt, dass man es überschätzt. Das ist für einen Buchhändler ein bisschen weniger Risiko als für einen Verlag: Wenn der in die Werbung viel hineingesteckt hat, wenn er viel für die Rechte bezahlt hat, und dann liegen da ein paar tausend, oder vielleicht sogar zehntausend Exemplare herum, das ist dann sehr bitter.

Literatopia: Was machen Sie mit Büchern, die sich so gar nicht verkaufen lassen?

Bernhard Riedl: Also wie gesagt, es gibt mit den Verlagen, mit denen wir zusammenarbeiten, meistens dieses Übereinkommen, dass wir die Bücher dann einfach beim nächsten Termin den Verlagsvertretern mitgeben und man bestellt dafür halt wieder was Neues und [lacht] hofft, dass das nicht mehr passiert.

Literatopia: Welche Art von Buch hätten Sie gern einmal veröffentlicht gesehen – und welche Art von Büchern können Sie überhaupt nicht mehr sehen?

Bernhard Riedl: Ja, nicht mehr sehen kann man viel. Aber das können wir mit der Buchhandlung eh vermeiden, indem wir sagen, das kaufen wir einfach nicht ein, außer es ist ein Bestseller. Aber wir versuchen sogar die dann irgendwie fast zu verstecken, weil wir auch nicht so großartig angewiesen sind auf die Bestseller. Also, ich will da jetzt keine Namen nennen, aber irgendwelche brasilianischen Autoren die irgendwelche pseudoesoterischen Sachen schreiben – ja, von diesen Büchern brauchen wir halt ein paar Exemplare, aber wir müssen sie ja nicht in die Auslage stellen.

Literatopia: Inwieweit können Sie Ihre Preise selber festlegen?

Bernhard Riedl: Die Preise? Überhaupt nicht. Es gibt ein Buchpreisbindungsgesetz in Österreich und in Deutschland, das theoretisch erlauben würde, nach oben zu gehen, aber das setzt einen Mindestpreis fest und den darf man nur um 5% unterschreiten. Im Regelfall ist es aber im österreichischen und im deutschen Buchhandel so, dass die Bücher überall gleich viel kosten. Das würde nicht gelten für englischsprachige oder andere fremdsprachige Titel und es gilt auch derzeit nicht in der Schweiz, aber bei uns schon. Das heißt, wir setzen die Preise nicht selbst fest, sondern wir halten uns an die Mindestpreise, die vorgegeben werden.

Literatopia: Gibt die der Verlag vor?

Bernhard Riedl: Die gibt im Wesentlichen der Verlag oder der Importeur oder der Zwischenhändler vor.

Literatopia: Und wie viel geht pro verkauftem Buch an Sie?

Bernhard Riedl: Also die durchschnittliche Handelsspanne liegt bei so 33-35%. Da ist es natürlich wieder so, dass diese Spanne bei großen Buchhandlungen größer ist. Das kommt wieder darauf an, wie hoch der Bestellanteil ist: Ein Buch, dass ich beim Vertreter einkaufe, ist für mich günstiger: Wenn ich also das Risiko eingehe und einen Stapel hernehme, kommt mir das Buch günstiger, als wenn ich es auf Wunsch einzeln für jemanden bestelle. Insgesamt sind das im Schnitt also für die kleineren Buchhandlungen so 35%, übers Jahr gerechnet, aber da muss man dann noch die ganzen Kosten abziehen, Zustellung und so weiter. Die Rendite ist natürlich etwas anderes, da schauen die Zahlen zum Teil haarsträubend aus im Buchhandelsschnitt. Da gibt es Berechnungen, wo die Durchschnittsrendite bei 1% vom Verkaufspreis liegt – also das ist nicht viel. Beim Thalia schaut das anders aus – obwohl die auch schlecht wirtschaften in manchen Filialen. Das hängt immer von ungemein vielen Faktoren ab.

Literatopia: Haben Sie Ihre Stammkunden? Wie machen Sie auf sich aufmerksam, über Mundpropaganda, spezielle Sonderverkäufe oder Zeitungsannoncen, etc.?

Bernhard Riedl: Wir haben enorm viele Stammkunden im Vergleich zu anderen Buchhandlungen und das ist auch, weil wir so eine, ja, 'Grätzelbuchhandlung' sind. Und so richtig teure Werbung oder so machen wir nicht. Das läuft sicher über Mundpropaganda, das läuft über die Auslage –

Literatopia: Über das Sackerl [Plastiktragetasche, Anm.].

Bernhard Riedl: Ja, eher über solche kleinen Sachen. Ich habe in den ersten Jahren ein paar Mal versucht, da spezielle Inserate zu schalten, und das ist sauteuer und bringt in der Größenordnung wirklich absolut nichts – womit sollte man als kleine Buchhandlung werben? Wenn ich von mir selbst sage, ich bin toll, dann... – mit Preisen geht es eben nicht, man darf mit den Preisen im Buchhandel nicht werben. Das steht auch in dem Buchpreisbindungsgesetz drin. Würde sowieso nicht gehen und keinen Sinn haben, weil die Bücher sowieso überall gleich viel kosten. Ja, es sind glaube ich eher die kleinen Sachen, aber man muss auch dazu sagen, da helfen auch genug Stammkunden mit, die sagen 'Ja, mir hat's dort gefallen' und dann kommen Leute – und man merkt ja, die sind von irgendwem empfohlen worden und das ist natürlich erfreulich.

Literatopia: Sie müssen mittlerweile tausende verschiedene Bücher in der Hand gehabt haben. Bemerken Sie dabei Dinge, die dem Normalleser nicht auffallen? Gibt es zum Beispiel Trends, was Bücher eines bestimmten Typs angeht?

Bernhard Riedl: Also, ein langjähriger Trend in Punkto Ausstattung ist, dass ein großer Teil der Produkte nicht mehr so sorgfältig hergestellt wird, wie vielleicht noch vor 20 Jahren, und die Anfragen sind auch seltener. Es gibt natürlich ein paar Reihen, die sind besonders schön, wie zum Beispiel die 'Andere Bibliothek', die es schon seit vielen Jahren gibt. Trends gibt es immer irrsinnig viele und sehr viele sind auch wirklich kurzfristig. Etwas, das im letzten Jahr zu bemerken war, ausgelöst durch 'Schotts Sammelsurium', waren Listen, die praktisch nicht geordnet waren. Eine Zeit lang hat man das Gefühl gehabt, jede Woche erscheinen zwei solcher Listen. Und so etwas ist dann eine zeitlang erfolgreich und ist dann wieder weg – die Listen sind jetzt schon wieder im Abflauen.

Literatopia: Also, solche Bücher wie '1000 Orte, die man sehen muss, bevor man stirbt' etc.?

Bernhard Riedl: Zum Beispiel, ja. Oder eben diese Trademarke 'Sammelsurium', das überhaupt nicht geordnet ist, zu einem Thema; wo man also wild herumblättert. Vielleicht ist das aber auch im Internetzeitalter so, wie halt Leute blättern und schauen. Und wie gesagt, das ist eine Sache, die ist jetzt eigentlich wieder aus.

Literatopia: Sie müssen über die Jahre auch tausende Kunden gehabt haben und dabei auch schon tausende Verkaufsgespräche geführt haben. Haben Sie dabei auch schon Leser- bzw. Kundentypen festgestellt? Aus welchem Umfeld stammt der Großteil Ihrer Kunden – sofern Sie das einschätzen können?

Bernhard Riedl: Na ja, Umfeld. Ich meine, in einer Buchhandlung sind ja eher gebildete Leute unterwegs, was eigentlich für die Arbeitssituation angenehm ist. Ja, was soll man dazu jetzt sagen – ja, ich hab schon tausende Verkaufsgespräche geführt und ja, es gibt natürlich Typen. Aber das Schöne ist ja das Persönlichere, und dass man vom Anderen, wie vorher schon kurz erwähnt, bestimmte Sachen halt schon weiß, und dass sozusagen ein Gespräch mit einer bestimmten Person praktisch nur der Teil eines ganz langen Gesprächs ist, weil man eben weiß, man liegt da auf einer Linie beim literarischen Geschmack.

Literatopia: Wie würden Sie allgemein das Leseverhalten Ihrer Kunden einschätzen? Werden da mehr Bestseller und Neuerscheinungen gekauft, oder verkaufen sich die 'Klassiker' besser? Ist es eine Mischung?

Bernhard Riedl: Na, also wir verkaufen enorm viele Neuerscheinungen, Bestseller wie gesagt eher weniger. Gibt es natürlich schon, aber es läuft auch sehr viel auf Empfehlung und es kommt auch aus der Diskussion, wenn jemand kommt und sagt: 'Ich les gern diesen Autor, gibt's was Ähnliches?'

Literatopia: Was bringt einen Kunden dazu, sich für ein gewisses Buch zu entscheiden? Das Cover, der Klappentext, die Rezensionen?

Bernhard Riedl: Ja, da könnte man jetzt viel dazu sagen. Das ist aber glaub ich sehr buchhandelsabhängig. Das Cover ist auf jeden Fall ganz entscheidend. Bei uns ist es fast egal, weil wir sehr wenig Platz zur Verfügung haben und nur wenige Sachen frontal präsentieren können, aber in einer großflächigen Buchhandlung spielt das Cover eine enorme Rolle und der Klappentext auch, und manche Verlage machen das sehr gut, manche Verlage schätzen das falsch ein. Bei uns ist es nicht ganz so wichtig – man muss in manchen Fällen dann dafür mehr reden oder eben sagen 'Da steht im Klappentext was, wo ich glaube, dass es gar nicht stimmt.' Aber wie gesagt, bei Cover und Klappentext würde ich eher sagen, das spielt dann eine Rolle, wenn die Kunden selbst schauen und zu einem Regal hingehen. Bei einer persönlichen Empfehlung ist es dann egal, weil da kann ich ja dann sogar dazu sagen: 'Ich finde das Cover misslungen, ich finde den Klappentext misslungen, aber das Buch ist trotzdem toll.'

Literatopia: Also versuchen Sie auch wirklich, von den Büchern, die Sie anbieten, so viele wie möglich zumindest anzulesen, so dass Sie sie auch empfehlen können?

Bernhard Riedl: Ja, alles ist nicht schaffbar, aber eben so viel wie möglich. Und es gibt natürlich manche Sachen, wo man einfach nie hingreift; also wir haben auch ziemliche Lücken. Bei der Fantasy sind wir beide nicht so bewandert und das interessiert uns auch nicht und deshalb verkaufen wir das auch nicht so gut.

Literatopia: Kommen auch Leute zu Ihnen, die gar keine Ahnung haben, was sie wollen – Stichwort Weihnachten?

Bernhard Riedl: Ja, aber gerade das ist das Spannendste, weil man da im Idealfall durch Nachfragen herausfinden sollte, für wen das Geschenk gedacht ist. Es kommen auch manchmal ganz, ganz absurde und unmögliche Gespräche dabei heraus, zum Beispiel, wenn jemand eigentlich überhaupt Nichts preisgeben will oder sich überhaupt Nichts überlegt hat. Durch Nachfragen gelingt es einem dann – hoffentlich – in den meisten Fällen, aber wenn jemand praktisch überhaupt nicht sagen will, was er möchte, ist das dann meistens nicht zielführend. Wenn man Vorschläge macht und die Leute sagen nichts drauf, dann wird es schwierig. Wenn ich eine klare Antwort bekomme, wie zum Beispiel 'Das Thema kommt nicht in Frage' oder 'Das gefällt mir nicht aus dem und dem Grund' oder 'Da kommt Liebe vor und das soll für den zu Beschenkenden nicht vorkommen', dann hab ich es leichter, dann kann ich auf etwas reagieren. In den meisten Fällen gelingt es auch, selbst, wenn jemand keine Idee hat – wir haben so viele unterschiedliche Bücher hier, dass man immer etwas findet. Manchmal ist es eben schwierig und manchmal kommt man auch zu keinem Ergebnis, auch das kam schon vor.

Literatopia: Wie wichtig ist im Literaturbetrieb die Werbung? Können Sie manchmal sofort einschätzen, ob ein Buch sich gut verkaufen wird?

Bernhard Riedl: Also, Werbung im klassischen Sinn ist sicher nicht wichtig. Wichtig ist, wie ein Buch besprochen wird, also ob es gute Rezensionen bekommt, ob es irgendwie ins Gespräch kommt. Klassische Werbung in Form von Anzeigen, das ist vielleicht für irgendwelche geplanten Bestseller wichtig, für einen Literaturtitel ist aber im Regelfall die Mundpropaganda entscheidender. Und es hat ja wirklich so Sachen gegeben, Überraschungserfolge wie 'Die Schatten des Windes', das dadurch dann weltweit erfolgreich war. Das war glaub ich wirklich so, dass Leute das gelesen und weitererzählt haben, und dadurch hat sich das jetzt so ausgebreitet, richtig. Aber das kann man auch sehr schwer einschätzen als Verlag und wieso das grad bei dem Thema oder bei dem Autor gelungen ist, ist schwer zu sagen.

Literatopia: Haben Sie vielleicht einen Geheimtipp für uns; ein Buch, das Sie großartig finden, das aber viel zu wenig Presse und Publicity bekommt, um richtig bemerkt zu werden?

Bernhard Riedl: Das ist schwierig. Ich bin jetzt gerade in so vielen Büchern drinnen, die noch gar nicht erschienen sind. Einen richtigen Geheimtipp.. ich meine, jetzt im Herbst waren natürlich ein paar Sachen, die haben sich aber zum Glück dann sowieso zu veritablen Sellern entwickelt, also zum Beispiel 'Die souveräne Leserin' von Bennett oder 'Wie ich mich einmal in alles verliebte' von Block, dieser tolle Alzheimerroman – aber das ist jetzt kein wirklicher Geheimtipp. Da müsste ich länger nachdenken.

Literatopia: Schreiben Sie selbst oder bleiben Sie ausschließlich unter den Lesern? Hätten Sie die Möglichkeit, welche Art von Buch würden Sie schreiben?

Bernhard Riedl: [lacht] Ich würde einen Bestseller schreiben, wenn ich wüsste, wie's geht, und irrsinnig viel Geld verdienen. Nein, ich schreibe nichts. Ich hab früher einmal geschrieben, vor vielen, vielen Jahren. Aber ich glaube, wenn man sieht, wie viel gute Literatur es gibt, muss man dem nicht noch irgendwas hinzufügen, was vielleicht nicht so gut ist.

Literatopia: Was sehen Sie für Ihre nächste Zukunft? Für wie wirtschaftlich anfällig schätzen Sie den Buchhandel ein?

Bernhard Riedl: Anfällig war der Buchhandel immer, aber ich finde, dass man das nicht so pessimistisch sehen muss. Gerade mit einer überschaubaren Größe kann man das schon schaffen. Also, leicht war es sowieso nie, egal, welche Größe, und die Eigenkapitalquote ist glaube ich auch nicht sehr hoch im gesamten Buchhandel. Aber es gibt auch immer wieder Beispiele, wie Leute erfolgreiche Neueröffnungen machen, also möglich ist es schon. Reich wird man aber auf keinen Fall. Und wir haben jetzt ein bisschen renoviert nach zehn Jahren und jetzt versuchen wir einfach, das weiter zu stärken, was gut gelaufen ist bis jetzt.

Literatopia: Vielen Dank für das Interview und alles Gute für die Zukunft.

 


Dieses Interview wurde von Lucia Schwarz für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.

 Anschrift, Öffnungszeiten und Emailadresse der Buchhandlung Bernhard Riedls sind unter http://www.riedlbuch.at/ zu finden.