Verlag: Splitter; (Oktober 2010)
48 Seiten; Hardcover; 13,80 €
ISBN-13: 978-3868692006
Genre: Fantasy
Klappentext
„Ich denke an unsere Ahnen, Tifenn.
Dein Urgroßvater hat den Schnee auf den Bergen gesehen.
Er hat die Zeit erlebt, wo die Menschen in Frieden lebten.
Er herrschte über ein reiches Land.
Das war, bevor diese verfluchten Kreaturen erschienen!
In jener Zeit musste sich niemand wie
ein Hund hinter hohen Mauern verbergen.
Dieser ganze Wall war von Mais- und Weizenfeldern
umgeben, so weit das Auge reichte.“
„Heute ist alles nur noch Feuer und Finsternis“
Rezension
Ein Fuchs flieht vor zwei Kindern. Gerade als der eine einen Pfeil auf das Tier schießen will, beginnt es Feuer vom Himmel zu regnen. Ein wahres Bombardement von Feuerbällen prasselt auf die Erde nieder. In ihnen verborgen sind seltsame Wesen. Hundert Jahre später ist von dem einstigen Land praktisch nichts mehr geblieben außer eine Wüste aus Asche, Lava und Feuer. Es gibt zwar immer noch Dörfer und Städte, aber diese stehen unter der ständigen Bedrohung von den Wesen vernichtet zu werden. Nur eine große Festung ist den Menschen geblieben und in ihr sitzt König Kirgräd und wartet auf einen Retter. Einen prophezeiten, der sein Königreich, „Feuerland“ von der Gefahr endgültig befreien wird. Trotzdem gibt auch er sich kriegerisch, wenn er auch davor zurückschreckt in den Kampf gegen die Wesen zu ziehen. Noch hofft er auf die Hilfe eines anderen Königs, die aber ihr Ziel nicht erreicht. Die Situation für Kirgräd wird immer schwieriger.
Gleichzeitig wächst in einem Dorf außerhalb des Königreichs ein seltsamer Junge heran. Feuer scheint ihn nichts anhaben zu können und seine Fähigkeiten mit dem Wurfspeer sind einzigartig. So einzigartig, dass sich bei einem Turnier sein volles Talent offenbart.
Christophe Bec, unter anderem Autor von Prometheus, entwirft in Finsternis im Prinzip eine klassische Fantasygeschichte um Bestien, Könige, Helden und einer Prophezeiung. Aber nur fast. Er würzt seine Geschichte mit ein zwei Stolpersteinen, die nicht so recht in eine „normale“ Fantasywelt passen wollen. Unter anderem ist da die Herkunft der Wesen, die augenscheinlich Drachen sind. Woher kommen sie? Warum fielen sie vom Himmel? Und vor allem: Was bewachen sie eigentlich tief im Herzen ihres Gebietes?
Ebenso rätselhaft ist der titelgebende Jungen Ioen. Auch bei ihm stellt sich die Frage, woher er kommt? Vor allem im Hinblick darauf, was sein Vater in einer Hütte verbirgt und die Fähigkeit des Jungen einen Speer so außergewöhnlich weit und treffsicher zu schleudern.
Bec wirft hier also innerhalb einer Standardfantasygeschichte geschickt Fragen auf, die Finsternis aus dem Einheitsbrei herausheben und ein kleinwenig besonders machen. Die Charaktere an sich zeigen bisher wenig Abweichung vom Altbekannten. Gleichwohl sind sie interessant. Allen voran König Kirgräd. Man spürt sofort dieser Mann ist ein Kämpfer, der sich nicht wehrlos ergibt, auch wenn alles um ihn herum hoffnungslos erscheint. Gleichzeitig scheint er irgendwie in seinen Aktionen gelähmt. Hitzköpfig und überlegt, aber auch nahe dem Wahnsinn, so könnte man ihn am ehesten beschreiben. Ein Mann, der bereit ist alles für sein Reich zu opfern, selbst, wenn er seine Tochter einem seltsamen Fremden versprechen muss.
Dieser Fremde ist dann auch neben Ioen und Kirgräd die interessanteste Figur. Obwohl er nur zwei Seiten spendiert bekommt, spürt der Leser sofort, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Er soll ein Retter sein, strahlt dafür aber zuviel Boshaftigkeit aus und fordert zu viel.
Neben den Charakteren und den vielen Rätseln tragen gerade die Zeichnungen viel zur Atmosphäre und dem Gelingen des Comics bei. Passend zum Titel sind die Zeichnungen, die die Geschehnisse im verfluchten Königreich schildern, dunkel gehalten und auf schwarzem Hintergrund. Schwarz, Rot und blasse ausgebleichte Blautöne bestimmen die Szenerie und verstärken den Eindruck eines Landes in dem die Hoffnungslosigkeit ein zuhause hat. Dekors und Gebäude sind nüchtern und martialisch. Auf jeder Seite spürt man, dass diese Menschen schon seit hundert Jahren nichts anderes kennen als den Kampf.
Ganz im Gegensatz dazu stehen die Szenen um Ioen. Hier nutzt Zeichner Iko helle Farben und die Zeichnungen sind von ihrer Schwere befreit. Sie wirken leicht und ein stückweit unbesorgt. Eben wie es Ioens Naturell anfangs entspricht. Aber auch hier finden sich schon Andeutungen auf düstere Ereignisse.
Insgesamt gesehen sind die Zeichnungen durchaus realistisch angelegt und detailreich. Am beeindruckendsten sind Iko die Angriffe der Drachen gelungen. Diese Wirken sehr dynamisch und bringen Tempo in die Geschichte. Generell scheint der Zeichner einen Faible für Tiere zu haben, die sehr natürlich wirken und die Szenen mit ihnen sind einfach wunderbar anzusehen.
Allerdings gibt es auch einen großen Kritikpunkt.
Iko hält sich fast sklavisch an seine Vorbilder, die man leicht erkennen kann. Die Festung des Königs sieht aus wie Minas Tirith und Minas Morgul aus den „Herr der Ringe“-Filmen, die Argonath sind auch vorhanden und das seltsame Ding in der Hütte und das, welches die Drachen bewachen, erinnert stark an Zeichnungen eines H.R.Gigers, dem Schöpfer des Aliens. Von John Howe und Alan Lee übernahm Iko die beeindruckenden Bauten und die Wuchtigkeit der Bilder und von Giger den Horror. Das hinterlässt einen faden Beigeschmack, den eigentlich hätte Iko so etwas vermutlich nicht nötig. Ein bisschen mehr Eigenständigkeit wäre wünschenswert gewesen. Nichts destotrotz sind die Zeichnungen auf einem sehr hohem Niveau.
Wie bei Splitter üblich, erhält man mit „Finsternis - Ioen“ ein gut verarbeitetes Hardcover , zwar ohne Extras, dafür aber zu einem fairen Preis, den der Comic auch allemal wert ist.
Fazit
Mit „Finsternis“ bekommt der Leser im Prinzip Standardfantasy, wären da nicht die vielen Rätsel und die interessanten Charaktere. Die Zeichnungen sind passend und schön anzusehen. Ein gelungener Auftakt zu einer Serie, die noch mehr verspricht.
Pro & Contra
+ Herkunft der Wesen/Drachen bleibt ungeklärt
+ Ioens Fähigkeiten und die Rätsel um seine Herkunft
+ Zeichnungen von Drachen und Bauten sind teilweise fantastisch anzusehen
0 etwas mehr Eigenständigkeit bei den Zeichnungen wäre schön gewesen
Bewertung:
Charaktere: 4/5
Handlung: 3,5
Zeichnungen: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5
Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Christophe Bec:
Rezension zu Prometheus Bd.1 - Atlantis
Rezension zu Prometheus Bd.2 - Blue Beam Project
Rezension zu Vergessene Welt Bd.1
Rezension zu Vergessene Welt Bd.2